Karl-Heinz „Charly“ Körbel ist Bundesliga-Rekordspieler von Eintracht Frankfurt mit 602 Spielen und steht für Werte, die es heute im Profi-Fußball kaum noch gibt. Leidenschaft, gepaart mit absoluter Treue, zeichnen den 68-Jährigen aus. Auch wenn ein Wechsel zu Werder Bremen zur Diskussion stand oder ihn der damalige Bayern-Spieler Uli Hoeneß umworben hat, ist er Frankfurt immer treu geblieben. Und das heute noch als Leiter der Fußball-Schule oder als Spieler der Traditionsmannschaft. Am Freitag kommt er und viele weitere ehemalige Eintracht-Stars nach Bad Kissingen und freut sich auf ein interessantes Match. Gewinnen will er immer noch jedes Spiel, aber nicht mehr so verbissen wie früher.
Herr Körbel, ist das ihr erster Besuch in Bad Kissingen ?
Karl-Heinz Körbel: Tatsächlich ja. Das Spiel sollte ja schon viel früher stattfinden und es war jetzt der einzige freie Termin, den wir noch hatten. Ich habe schon häufig von Bad Kissingen gehört und gelesen und freue mich sehr auf das Spiel, weil es schon etwas besonderes ist. Wir als Eintracht haben ja guten Kontakt zu Anton Schick und möchten gemeinsam einen schönen Abend verbringen.
Worauf können sich die Zuschauerinnen und Zuschauer in Bad Kissingen freuen ? 90 Minuten Eintracht-Power-Fußball oder doch eher ein paar lockere Kabinettstückchen?
Das kommt auch immer auf den Gegner an. Wir wollen natürlich nicht verlieren und den Zuschauern etwas bieten. Auf eine wilde Treterei hat keiner Lust, es muss einfach allen Spaß machen. Wir haben da als Traditionself schon ganz andere Spiele erlebt. Wichtig ist es, nicht zu ehrgeizig zu sein und von Verletzungen verschont zu bleiben.
Auf welche ehemaligen Eintracht-Stars kann man sich freuen ?
Auf jede Menge. Zu den bereits bekannten Spielern wie Uwe Bindewald , Rudi Bommer , Mo Idrissou, Slobodan Komljenovic oder Alexander Schur kommen noch Michael Thurk , Ervin Skela und Lothar Sippel dazu. Manfred Binz ist Trainer in unser Fußballschule und wird nach seiner Verletzung vielleicht auf ein paar Minuten spielen. Offensiv sind wir sehr gut besetzt. Ich bin selbst gespannt, wer im Sturm auflaufen wird.
Wie wird eine Traditionsmannschaft überhaupt organisiert? Gibt es da eine Whatsapp-Gruppe oder stellt der Trainer, wie bei einem Amateurclub, die Spieler auf, die am Treffpunkt da sind?
Nein, so ist es nicht. Unsere Traditionself ist in den letzten Jahren stets gewachsen mit entsprechenden Strukturen dahinter. Wir haben derzeit knapp 70 Spieler zur Verfügung. Wir haben mittlerweile so viele Spiele, das muss gut organisiert sein. Wir planen jetzt schon für das nächste Jahr. Es gibt dann eine Liste, in der sich die Spieler eintragen können. Da kann sich kurzfristig natürlich immer etwas ändern. Alex Meier ist ein Kicker , der sich gerne spontan entscheidet und muss, weil er U16-Cheftrainer ist und dort Verpflichtungen hat. Wir sind guten Mutes, dass auch Anthony Yeboah , Jay-Jay Okocha und Martin Hinteregger demnächst für uns auflaufen.
Woher kommt eigentlich der Spitzname Charly?
Das war damals die Idee Ihres Kollegen Hartmut Scherzer. Er hat ein Buch über mich geschrieben und mich gefragt, ob er diesen Titel wählen darf. Ich war damals im Nachgang gar nicht so zufrieden damit, doch heute kann ich sehr gut damit umgehen. Der Name ist eine Marke geworden.
Warum haben Sie nie für einen anderen Club außer der Eintracht gespielt?
Heute bin ich sehr froh darüber, mit der Eintracht Bundesliga-Rekordspieler geworden zu sein. Es standen früher aber auch Wechsel zur Diskussion. Mit meinem besten Freund Bruno Pezzey wollte ich damals zu Werder Bremen wechseln. Er hatte mit Otto Rehhagel telefoniert und es war eigentlich alles schon klar. Dann hat mich der damals neue Eintracht-Trainer Branko Zebec angesprochen und gesagt, er will eine neue Mannschaft mit mir aufbauen. Uli Hoeneß und Paul Breitner haben mich auch immer umworben, aber denen habe ich gesagt, ihr kriegt mich nie. Ich war in Frankfurt immer beliebt und ich bin froh, es genauso gemacht zu haben. Werte vertreten und dabei authentisch bleiben ist mir sehr wichtig. Als junger Kerl habe ich Fritz Walter und später Uwe Seeler kennengelernt. Beide haben mir Ratschläge gegeben, die ich nie vergessen habe. Treue und Leidenschaft sind Werte, die ich immer vertreten habe.
Andere denken mit 68 Jahren an ihre Zeit als Rentner? Sie sind Leiter der Eintracht-Fußballschule und spielen in der Traditionself. Was haben Sie noch so vor und wie halten Sie sich fit?
Ich habe einfach jede Menge zu tun. Ich habe nie geraucht und meine Frau achtet auf mich. Ich gehe jeden Tag laufen und halte mich so fit. Beim Pokal-Finale war ich als Eintracht-Botschafter drei Tage nur unterwegs und habe zwei Radler getrunken. Ich kann meinen Körper einschätzen und pflege ihn, so wie damals als Bundesligaspieler. Und ich habe den Glauben neu für mich entdeckt, der mir immer wieder Kraft gibt. Ich bin auch besonnener geworden.
Anderes Thema. Was läuft aus Ihrer Sicht in der Nationalmannschaft derzeit falsch? Was würde Charly Körbel besser machen?
Wir haben sicherlich gute Einzelspieler. Aber der Funke springt nicht über. Es gelingt einfach nicht, Vertrauen zu den Fans aufzubauen. Ich mache mir viele Gedanken dazu und habe auch schon mit Rudi Völler und Lothar Matthäus darüber gesprochen. Ich finde, es fehlen aktuell auch gewisse Persönlichkeiten. Helmut Schön und Berti Vogts haben immer gesagt, ihr müsst Stolz sein, Nationalmannschaft zu spielen. Natürlich hoffen wir alle auf eine erfolgreiche Mannschaft; aber den Erfolg muss man sich hart erarbeiten.