Tonali ist ein vielfach ausgezeichnetes Kulturprojekt. Es ist Nachwuchsförderung für klassische Musik, aber auch Lernanreiz, denn hier organisieren Schüler Konzerte mit herausragenden jungen Musikern an Schulen. Ist das nicht ein hochwillkommener Ansatz, junge Leute für Klassik zu interessieren und so für den Kissinger Sommer zu gewinnen?
Überwiegend junge Gesichter mit ansteckender Vorfreude zu erleben, wie hätte das dem italienischen Namensgeber des Saales gefallen. Zum ganz kleinen Preis - weniger als eine Kinokarte - Stars von Morgen live zu erleben, das füllt den Rossini Saal, das könnte nachhaltig wirken, wie Intendant Dr. Tilman Schlömp hofft, der das Projekt möglich gemacht hat denn er weiß: "Der Zugang zur Kultur gelingt am besten über ein solches Erlebnis".
Konzertmanager-Azubis
Schüler des Jack-Steinberger-Gymnasiums, der Anton-Kliegl-Mittelschule und der Berufsfachschule für Musik in Bad Königshofen hatten sich, unterstützt vom Kissinger Sommer Team, als Konzertmanager zu bewähren und jeweils ein Konzert an ihren Schulen veranstaltet. Das Abschlusskonzert dann als gemeinsamen Höhepunkt des Projekts. Marketing, Künstlerbetreuung, Saalbestuhlung, also alles was dazu gehört, war gefordert, wie Dr. Schlömp beim netten Dank -mit Urkunden, Rosen und Torte - an die Veranstaltungsteams der Schulen bestätigt. Bürgermeister Anton Schick jun. lobt das Kissinger Sommer Team und sieht den Mut des Intendanten als neuen Weg für den Kissinger Sommer.
Leidenschaftlich und virtuos
Drei erfrischend junge, sympathische Damen interpretieren zwei große romantische Klaviertrios und nehmen mit ihrem Können und ihrer Leidenschaft das Publikum schnell gefangen, geben sich unkompliziert, obwohl schon ziemlich weit oben auf der Karriereleiter. Mit Elisabeth Brauß aus Hannover kehrt die Siegerin des Kissinger Klavier Olymp 2016 an eine Stätte ihres Höhenfluges zurück. Tonali hat auch die Karriere von Anastasia Kobekina befördert. Die in Russland geborene Cellistin hat den 1. Preis beim Cellowettbewerb 2015 abgeräumt und darf seitdem mit einem klangschönen Cello von 1740 musizieren. Auch die 20-jährige Elene Meipariani aus Filderstadt darf - ebenso als Leihgabe - eine Weltklasse Violine spielen. Mit ihr gewann sie bei "Jugend musiziert", war beim Rheingau Festival und spielte Konzerte in England. Eine Besetzung von Format also und eine glückhafte Verbindung, wie sich herausstellen sollte.
Volkstanz und Trauermusik
Antonín Dvoráks "Dumky-Trio" lebt vom Gegensatz aus langsam-schwermütigen, dann wieder schnell-ausgelassenen Melodienfolgen. Die Dumka, das Wesen des melancholisch-heiteren slavischen Volkstanzes dreht und schwingt, trauert und sehnt in der Interpretation des jungen Trios. Das Cello der Anastasia Kobekina klagt wehmütig, um im nächsten Moment mit der Geige der Elena Meipariani ausgelassen auf den Saiten zu hüpfen. Anastasia ist mit dieser Musik aufgewachsen, mit wunderbar warmem Timbre weiß sie diese Stimmungen auszudrücken. Das Piano der Elisabeth Brauß bleibt meist im Hintergrund, weiß aber besonders zum schwingenden Tanz heiter-jauchzende Triller und übermütiges Arpeggio beizusteuern. Aufmunternder Blickkontakt steuert punktgenaue Einsätze der Musikerinnen, als hätten sie schon x-Mal zusammengespielt, bis mit einem gemeinsamen fulminanten Paukenschlag das Licht auf dem slavischen Tanzboden ausgeht.
Tschaikowskys Klaviertrio a-Moll Opus 50 gibt dem Flügel der Elisabeth Brauß dann aber reichlich Gelegenheit, den elegischen Charakter der Musik, die Tschaikowsky erschüttert vom plötzlichen Tod seines Pianistenfreundes Nikolaj Rubinstein komponierte, höchst differenziert zu unterstreichen.
Tröstliche Passagen sind selten. Da schluchzt das Cello und die Violine von Elene Meipariani ertrinkt in Trauer. Die schier endlos leiser und leiser verklingenden Töne des Schlusssatzes - eher gehaucht denn gespielt - bewegen geradezu. Das ist brillant gespielt. Ganz lange Zeit Stille, erst dann brausender Beifall.
Das bleibt in Erinnerung. Ein hochprofessionelles Konzert, ein überaus sympathisches Gesamterlebnis findet riesige Zustimmung unter dem ganz jungen Publikum. Rossini hätte es gefallen und er hofft, das eine oder andere Gesicht bei den Konzerten des Kissinger Sommer wieder zu sehen.