
Na, schon in Versuchung geraten? Alkohol, Süßigkeiten und Fleisch, das sind laut einer Umfrage im Auftrag der DAK-Gesundheit die drei beliebtesten Dinge, auf die während der Fastenzeit verzichtet wird.
Bedeutung der christlichen Fastenzeit
Die 40-tägige Fastenzeit orientiert sich am biblischen Vorbild Jesu , der nach seiner Taufe gemäß dem Neuen Testament (Matthäus 4,1-11) vierzig Tage und Nächte in der Wüste fastete und dabei Versuchungen widerstand.
"Dann wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt; dort sollte er vom Teufel versucht werden. Als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn."
Obwohl die Fastenzeit kalendarisch 46 Tage umfasst (vom 5. März bis 19. April 2025), werden die sechs Sonntage nicht als Fastentage gezählt. Somit ergibt sich die symbolträchtige Zahl von 40 Tagen.
Eine Mahlzeit pro Tag bis Digital Detox
Historisch begann das Fasten bereits im frühen Mittelalter mit strengen Regeln: nur eine Mahlzeit täglich, Verzicht auf Fleisch, tierische Produkte und Alkohol. Ab dem 16. Jahrhundert lockerten sich die Vorgaben – Fleischverzicht blieb erhalten, während Fisch und vegetarische Gerichte in den Vordergrund traten.
Heutzutage fasten nur noch wenige Christen im ursprünglichen Sinn. Neben Alkohol und Süßigkeiten nehmen sich auch immer mehr Menschen vor, ihre Handy- und Onlinezeit (Digital Detox) zu reduzieren.
„Christliches Fasten ist sehr individuell geworden. Es ist nicht festgeschrieben, worauf man verzichten muss“, sagt Dr. Yvonne Höfer, Chefärztin der Malteser Klinik von Weckbecker.
Die Klinik in Bad Brückenau bietet das Fasten nicht nur zur traditionellen christlichen Fastenzeit an, sondern ganzjährig als ärztlich begleitete Heilfastentherapie. „Ich merke schon, dass im Zeitraum der christlichen Fastenzeit mehr Gäste bei uns in der Klinik fasten“, merkt die Chefärztin an.
Sechs Wochen Alkoholverzicht: das sind die Folgen
Die gesundheitlichen Auswirkungen des Verzichts auf bestimmte Genussmittel hängen laut Höfer von der Dauer der Abstinenz und dem vorherigen Konsumniveau ab.
Beispiel: 46-tägiger Alkoholverzicht
- Nach zwei Wochen: Erste Effekte wie Gewichtsverlust, tieferer Schlaf, reduzierter Stress und ein gestärktes Immunsystem können auftreten.
- Nach vier Wochen: Sichtbare Verbesserungen des Hautbilds und gesunkener Blutdruck.
- Nach sechs Wochen: Deutliche Optimierung der Blutwerte sowie der körperlichen und psychischen Gesundheit.
Langfristiger Alkoholverzicht entlastet die Leber, senkt das Risiko für Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und steigert die Gedächtnisleistung. (Quelle: AOK)
Im Vergleich: Ramadan
Der islamische Fastenmonat Ramadan folgt strengen Regeln. Im Jahr 2025 begann die Fastenzeit am 28. Februar. Gläubige Muslime verzichten während der 30 Tage von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf Nahrung, Getränke und Genussmittel. Das tägliche Fastenbrechen (Iftar) erfolgt mit einem gemeinsamen Abendessen, oft im Familienkreis.
Von der Fastenpflicht befreit sind Personen, die körperlich nicht dazu in der Lage sind – darunter Schwangere, Kranke, Ältere und Kinder vor der Pubertät. Der Ramadan endet 2025 am 30. März mit dem Zuckerfest (Eid al-Fitr).
Fasten ist tief religiös. Laut der Deutschen Islam Konferenz (DIK) gilt Ramadan als Zeit der Hingabe zu Gott und der inneren Einkehr.
15 Stunden Fasten
In Deutschland betrug die durchschnittliche Fastenzeit während des Ramadans dieses Jahr 15 Stunden pro Tag. Höfer vergleicht das Fasten im Ramadan mit dem Intervallfasten , durch den ähnlichen Zeitraum.
„Während des Fastens stellt der Körper von Zucker auf Fettverbrennung um, was unter anderem Gewichtsverlust fördert“, erklärt die Chefärztin. Laut Höfer nutzt der Körper normalerweise Kohlenhydrate als schnellste Energiequelle. Erst, wenn diese aufgebraucht sind, greift er auf die Speicher in der Leber und dann erst auf Fettreserven zurück. Heutzutage essen wir oft kontinuierlich, was dazu führt, dass der Körper seltener Fett verbrennt.
Ein anderer Vorteil des Fastens ist die gesteigerte kognitive Leistung. „Oft fühlt man sich müde und träge nach dem Essen. Dagegen hat man einen klaren Geist und mehr Konzentration, wenn man fastet“, sagt Höfer.
Höfer weiter: „Bei Menschen, die auf die Einnahme von Medikamenten in Verbindung mit Nahrung oder Flüssigkeit angewiesen sind, muss man über eine Umstellung oder gegebenenfalls sogar über das Absetzen der Medikamente nachdenken.“
Seelische Benefits

Anne Hartmann, Leiterin des Bereichs Seelsorge und Psychologie in der Malteser Klinik von Weckbecker, teilt fünf Vorteile des Fastens:
- Selbstwirksamkeit: Ich habe mir was vorgenommen und ich erlebe, dass ich es schaffe. „Darunter versteht man eine Art Mutprobe an sich selbst“, sagt die Diplom-Theologin. Höfer ergänzt: „Oft rollen medizinische Therapien einfach so über die Patienten hinweg. Mit dem Fasten können Patienten selbst etwas bestimmen.“
- Horizonterweiterung: Ich kann auch ohne essen und trinken leben. „Viele denken, das geht ja gar nicht und sind dann umso überraschter, dass es eben doch funktionieren kann“, erklärt Hartmann.
- Selbstheilungskräfte des Körpers: Ich muss nicht alles selbst machen, Heilungsprozesse kommen in meinem Körper selbst in Gang. „Der Prozess nennt sich Autophagie. Das bezeichnet den natürlichen Prozess der Zellerneuerung und Regeneration“, ergänzt die Chefärztin.
- Krisenbeständigkeit: „Es gibt manchmal schlechte Tage. Aber wenn ich genau die überstehe, dann geht es mir besser“, sagt Hartmann.
- Gemeinsamkeit: Ich werde unterstützt, ich bin nicht alleine. „Vielen Patienten fällt es nicht leicht, nach Hilfe zu fragen und diese anzunehmen“, erklärt Hartmann.
Wikipedia-Entzug
„Spirituelles Fasten, das es in fast allen Weltreligionen seit Jahrtausenden gibt, hatte nie das Ziel, seiner Gesundheit und seinem Wohlbefinden etwas Gutes zu tun. Vielmehr wollte man die Verbindung zu Gott stärken“, sagt die Leiterin des Bereichs Seelsorge und Psychologie.
Oft wird heutzutage das Fasten auch als eine Möglichkeit genutzt, die eigenen Handlungsmöglichkeiten zu erweitern. Ein Beispiel: wird auf das tägliche Glas Wein oder das Feierabendbier verzichtet, steht schnell fest, so schlimm ist das gar nicht. Durch diese Umstellung ist die betroffene Person dazu gezwungen, Alternativen zu finden und sich neu zu orientieren. In unserem Beispiel wäre das das Entdecken und Ausprobieren von den vielen alkoholfreien Cocktails.
Hartmann verrät, auch Sie fastet dieses Jahr. Sie macht Wikipedia Entzug. „Ich hänge in meiner freien Zeit oft auf Wikipedia herum. Durch den Verzicht darauf habe ich viel mehr Zeit für mich und ich habe einen gewissen Freiraum in meinem Inneren durch den Entzug geschaffen.“
Tipps für sicheres fasten
Eine Sache sticht vor allem im Gespräch mit den zwei Frauen heraus. Vor allem das erste Mal sollte man nicht alleine fasten. „Wenn Sie von chronischen Krankheiten belastet sind und trotzdem fasten wollen, bietet es sich an, in eine Fastenklinik zu gehen oder zu einem Arzt, der sich auf das Fasten spezialisiert hat“, sagt Höfer. Mittlerweile bilden sich vermehrt Fastengruppen und es gibt gemeinsame Events wie das Fastenwandern.
Gesellschaft und ein Motto

Tilman Meckel, Pressesprecher der evangelischen Verlagsanstalt aus Leipzig, betont vor allem die zwischenmenschliche Dimension des Fastens. Die aktuelle Fastenaktion der evangelischen Kirche „7 Wochen ohne“ steht unter dem Motto „Luft holen! Sieben Wochen ohne Panik“.
„Wir schlagen jede Woche ein Thema vor, darüber kann man dann bei einem wöchentlichen Treffen ins Gespräch kommen. Der Austausch über gesellschaftliche und persönliche Themen schweißt zusammen“, sagt Meckel.
Mehr Informationen zum Thema Heilfasten finden Sie auf der Website der Malteser Klinik von Weckbecker.
