Inge Bulheller aus Münnerstadt hatte Glück. "Ich hatte Super-Wetter, Ibiza ist wunderschön", schwärmt die 56-Jährige von ihrem Urlaub mit der deutschen Thomas-Cook-Tochter Bucher-Reisen. Am Dienstag vergangener Woche flog sie für eine Woche nach Ibiza, nach sechs unbeschwerten Tagen kam am Montag von ihrer Familie die Nachricht von der Thomas Cook-Pleite. "Das ist der absolute Hammer, erst Air-Berlin , dann Germania und jetzt sogar Thomas Cook", war die gelernte Touristik-Kauffrau ganz überrascht.
Rückflug klappte reibungslos
Die Münnerstädterin nahm die Nachricht von der Insolvenz jedoch entspannt auf: "Ich hatte keinen Druck, ich wäre auch noch länger geblieben." Weil sie nur noch einen Tag hatte, habe auch das Hotel keine Probleme gemacht: "Ich habe noch ein Abendessen bekommen, nur die Handtücher wurden nicht mehr gewechselt." Allerdings gab es keinerlei Infos, wie es wieder heim geht: Keine Transferzeit zum Flughafen angeschrieben, kein Reiseleiter mehr im Hotel und keine Nachricht von Neckermann oder Bucher-Reisen. Auf gut Glück stellte sie sich am Morgen vors Hotel und wurde vom Bus eines anderen Reise-Veranstalters mitgenommen. Der Rückflug mit Condor habe reibungslos geklappt.
Andere hatten weniger Glück: Kunden des Burkardrother Reisebüros "Frischat" flogen in der Nacht auf Montag bis 2.30 Uhr zwar noch aus Deutschland ab, wurden in der Türkei auch abgeholt und zum Hotel gebracht, aber dann gab es die schlechte Nachricht: "Das Hotel verlangte, dass sie ihr Hotel selbst zahlen", berichtet Karola Frischat. Ein Paar sei dort geblieben und habe das Geld vorgestreckt, das andere Paar sei am nächsten Tag zurück gereist. "Wir haben von hier aus den Rückflug gebucht", berichtet Frischat. Auch eine junge Frau aus dem Raum Zeitlofs brach ihren Urlaub ab, weil das Hotel Geld verlangte.
Plätze im Flugzeug blieben leer
Wer sich erst am Montagmorgen auf den Weg nach Frankfurt machte, wurde gar nicht mehr mit in den Urlaub genommen. Gleich mehrere Familien aus dem Landkreis berichten, dass sie am Montag am Check-In anstanden, aber dann informiert wurden, dass das Flugzeug ohne sie startet. Am Dienstag hatten viele Kunden von Thomas Cook, Air Marin, Neckermann, Öger Tours und Bucher-Reisen bereits die Nachricht, dass sie sich den Weg zum Flughafen gleich ganz sparen können.
"Gott sei Dank ist die Sommer-Saison zu Ende, sonst wäre es viel schlimmer", sagt Klaus Schneider , Inhaber des Bad Brückenauer Reisebüros Schneider. Auch ihn habe die Thomas Cook-Insolvenz sehr überrascht: "Das ist einer der größten Reiseveranstalter der Welt mit viel Tradition." Vor einigen Wochen habe es noch ein Rundschreiben gegeben, dass das Unternehmen durch einen Investor aus China gerettet sei.
"Jetzt haben wir ziemlich Stress"
"Jetzt haben wir ziemlich Stress", fasst Klaus Schneider die vergangenen Tage zusammen. Allerdings reagierten die Kunden zum Glück entspannt. Weil in Bayern aktuell Schule ist, seien aktuell zumindest keine Familien mit schulpflichtigen Kindern im Ausland. Schlimmer sei es in Hessen und Thüringen, wo die Herbstferien vor der Tür stehen. Bei seinen Kunden im Ausland handle es sich überwiegend um Senioren . Und Schneider ist zuversichtlich, dass alle pünktlich heim kommen: "In Deutschland haben ja alle Reise-Veranstalter eine Insolvenz-Versicherung."
Ob die allerdings auch ausreicht, damit alle Urlauber ihre Vorauszahlungen zurückbekommen, ist fraglich: Die Versicherungssumme ist auf 110 Millionen Euro gedeckelt, laut Medienberichten wurden aber mehr als 750 000 Reisen bei den Thomas-Cook-Töchtern gebucht. Fraglich ist auch, ob Kosten für ein Hotel erstattet werden. Die Urlauber befinden sich zwar in einer Zwangslage, müssen aber trotzdem nachweisen, dass sie unter Druck gesetzt wurden. Laut der Deutschen Presseagentur wurden Thomas Cook-Touristen zum Beispiel in Thailand so lange aus ihren Zimmern ausgesperrt, bis sie die Hotel-Rechnung zahlten.
Beide Reisebüros , Schneider und Frischat, führen alle deutschen Reiseveranstalter . "Wir können unseren Kunden andere Reisen anbieten", berichtet Klaus Schneider . Allerdings wollten viele jetzt erst einmal abwarten, ob sie ihr Geld zurück bekommen. Wie lange das dauern kann, weiß Karola Frischat: Air Berlin meldete im August 2017 Insolvenz an. "Da gingen jetzt erst die letzten Zahlungen ein", berichtet Frischat.
Sorge um die Hotel-Branche
Während in der öffentlichen Diskussion der Fokus auf die Urlauber gerichtet ist, weist Hans Markwalder, Direktor des Bad Kissinger Hotels "Sonnenhügel", auf die Misere der Hotels hin: "Die Reiseveranstalter nehmen 100 Prozent Vorauszahlung vom Kunden und bezahlen die Hotels circa 60 Tage nach Abreise der Gäste", berichtet er aus der Branche. Gerade jetzt nach dem Ende der Sommersaison bedeute das für viele Destinationen "existenzielle Probleme". Tourismus und Hotellerie hätten leider nicht die Lobby der Autoindustrie. Markwalder fordert deshalb, dass seine Branche ihren Anteil der Zahlung ebenfalls vor der Leistungserbringung erhalte: "So geht das nicht weiter", sagt er kämpferisch.