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Wildflecken
Theaterstück bringt Wildfleckens Geschichte zum Leben
Rodungssiedler legten einst den Grundstein für den Markt Wildflecken. In einem Theaterstück von Gerwin Kellermann wurden zum 500-jährigen Jubiläum des Marktes längst vergangene Tage lebendig.
In einem Wechselspiel aus historischen Fakten und dramatischer Fiktion beleuchtet Gerwin Kellermanns Theaterstück , wie Wildflecken sich zu dem entwickelte, was es heute ist.       -  In einem Wechselspiel aus historischen Fakten und dramatischer Fiktion beleuchtet Gerwin Kellermanns Theaterstück , wie Wildflecken sich zu dem entwickelte, was es heute ist.
Foto: Sebastian Schmitt | In einem Wechselspiel aus historischen Fakten und dramatischer Fiktion beleuchtet Gerwin Kellermanns Theaterstück , wie Wildflecken sich zu dem entwickelte, was es heute ist.
Sebastian Schmitt
 |  aktualisiert: 29.08.2024 02:45 Uhr

Eine lebendige Zeitreise in die Anfänge des Ortes Wildflecken bot an Mariä Himmelfahrt die Aufführung eines historisch geprägten Theaterstücks in „Dölles Scheuer“. Das Bühnenstück, geschrieben und inszeniert von Ehrenbürger Gerwin Kellermann, führte das Publikum durch die turbulente Gründungszeit des Ortes, dessen Name aus einer „wilden Ansiedlung von Häusern“ im frühen 16. Jahrhundert hervorgegangen ist. In einem Wechselspiel aus historischen Fakten und dramatischer Fiktion beleuchtet Kellermann, wie Wildflecken allen anfänglichen Widerständen zum Trotz Bestand hatte und sich zu dem entwickelte, was es heute ist.

Die Geschichte Wildfleckens 1524, als eine Gruppe von Rodungssiedlern sich im Salzforst niederließ, einem dicht bewaldeten Gebiet in der südlichen Rhön. Diese, darunter Köhler und Jäger, erhielten die Erlaubnis des Forstmeisters Dietz von Rotenkolben, das Land zu roden und ihre Häuser zu bauen. Im Stück wird diese Phase als ein mutiger, aber auch riskanter Anfang dargestellt, der die Grundlage für den späteren Markt legte.

Ansiedlung sorgt für langen Streit

Doch die illegale Ansiedlung blieb nicht lange unbemerkt. Schon bald forderte der Fürstbischof den sofortigen Stopp der Rodungen und den Abriss der inzwischen gewachsenen Siedlung. Dieser Befehl markierte den Beginn eines viele Jahre andauernden Streits zwischen den Siedlern und der Obrigkeit, der das Schicksal des jungen Wildflecken auf eine harte Probe stellte. In Kellermanns Bühnenstück steht dieser Konflikt im Zentrum der Handlung.

Kevin Morin verkörpert den Fürstbischof , dessen Entscheidung, die Siedlung aufzulösen, zunächst unumstößlich erscheint. Doch Kellermann fügt dem historischen Faktum eine dramatische Wendung hinzu: Der Bischof träumt von der Zukunft der Siedlung, in der er die moralische und wirtschaftliche Entwicklung des Ortes vorausahnt. In seinem Traum sieht er Wildflecken als eine blühende Gemeinschaft guter Christen, die zur Stütze des katholischen Glaubens werden.

Diese Vision bewegt den Bischof dazu, seinen ursprünglichen Plan aufzugeben und den Siedlern die offizielle Erlaubnis zu geben, zu bleiben. Diese Schlüsselszene verdeutlicht nicht nur die Kehrtwende des Bischofs, sondern auch den tiefen Glauben der damaligen Zeit an göttliche Zeichen und Vorsehung. Morins Darstellung des hin- und hergerissenen Kirchenfürsten fand großen Anklang beim Publikum, das die emotionale Tiefe der Figur und die komplexe Entscheidung nachvollziehen konnte.

Theaterstück von Gerwin Kellermann       -  Theaterstück von Gerwin Kellermann
Foto: Sebastian Schmitt | Theaterstück von Gerwin Kellermann

Erklärung des Wappens

Ein weiterer historischer Anknüpfungspunkt zur Abrundung des Stücks war die Entstehung des Wildfleckener Wappens. Dessen Symbolik – ein silberner Jäger mit goldenem Hifthorn und einem Rodungsbeil, flankiert von zwei gekreuzten roten Streitkolben – spielt rückblickend eine zentrale Rolle in der Geschichte. Das Wappen, das 1962 offiziell verliehen wurde, vereint die Geschichte der Gemeinde als Rodungssiedlung und die Rolle der Forstmeister von Lebenhan, die diese Ansiedlung ermöglichten.

Kellermann erläuterte die Bedeutung dieser Symbole und wie sie die Identität des Ortes prägten. Das Wappen erzählt auch die Geschichte der frühen Siedler, die gegen alle Widerstände die Grundlagen für den Markt Wildflecken legten. Die Streitkolben verweisen auf die schützende und leitende Rolle der Forstmeister, während der Jäger und das Rodungsbeil die Tätigkeit der ersten Bewohner und deren Verbindung zur Natur symbolisieren.

Die Wahl von „Dölles Scheuer“ als Aufführungsort unterstreicht die Verbindung zwischen Geschichte und Gegenwart. Die historische Scheune, die selbst Teil der ländlichen Architektur von Wildflecken ist, bot eine authentische Kulisse, die direkt in das 16. Jahrhundert versetzte. Die heimatverbundene, familiäre Atmosphäre des Raumes verstärkte die Wirkung des Stücks und ließ die dramatischen Ereignisse der Gründungszeit hautnah miterleben.

Gerwin Kellermann erläuterte Kellermann die Bedeutung der Symbole des Wappens.       -  Gerwin Kellermann erläuterte Kellermann die Bedeutung der Symbole des Wappens.
Foto: Sebastian Schmitt | Gerwin Kellermann erläuterte Kellermann die Bedeutung der Symbole des Wappens.

Das Publikum war von der Dichte und Intensität der Inszenierung angetan. Neben Kellermann, der eine zentrale Rolle im Traum des Fürstbischofs spielte, überzeugten auch die weiteren Darsteller durch ihr Engagement. Axel und Walter Vorndran, Lea Neisser, Kevin Morin und Tim Weikard trugen dazu bei, die historischen Figuren zum Leben zu erwecken. Die Darsteller vermittelten nicht nur die historischen Begebenheiten, sondern auch die Emotionen und Konflikte der damaligen Zeit. Das Ensemble arbeitete harmonisch zusammen und schuf eine Atmosphäre, die in die Zeit der wilden Ansiedlung entführte.

Heute ist Wildflecken eine lebendige Marktgemeinde in unmittelbarer Nähe zum Naturschutzgebiet Schwarze Berge, am Fuße unter anderem von Arnsberg und Kreuzberg sowie an der Grenze zwischen bayerischer und hessischer Rhön, was den Ort zu einem Anziehungspunkt für Naturfreunde macht.

Doch die Geschichte des Ortes, wie sie in Kellermanns Stück dargestellt wird, zeigt, dass Wildflecken mehr als nur ein idyllischer Ort ist – es ist ein Platz, der aus dem Mut und dem großen Widerstandswillen seiner ersten Bewohner entstand. Der Name „ Wildflecken “, abgeleitet von den mittelhochdeutschen Wörtern „wilt“ für „wild“ oder „entfernt“ und „vlëcke“ für „Platz“ oder „Stelle“, spiegelt die Ursprünge des Ortes als „Ort in der Wildnis“ wider. Diese Bedeutung zieht sich wie ein roter Faden durch das Theaterstück, das die Herausforderungen und Triumphe der Siedler nachzeichnet.

Kulturelles Erbe im Mittelpunkt

Die Aufführung hat nicht nur das 500. Jubiläum des Markts Wildflecken gefeiert, sondern auch das kulturelle Erbe des Ortes in den Mittelpunkt gestellt. Gerwin Kellermann ist es gelungen, die ganz frühe Geschichte Wildfleckens auf eindrucksvolle Weise zu erzählen und dem Publikum die Bedeutung dieses historischen Erbes nahe zu bringen.

Die Resonanz auf das Stück war ausgesprochen positiv, und es bleibt zu hoffen, dass diese Aufführung nicht die letzte dieser Art war. Denn das historische Bühnenstück schuf eine lebendige Erinnerung an die Ursprünge des Ortes und ist auf diese Weise ein wichtiger Beitrag zur Bewahrung der lokalen Geschichte.

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Foto: Sebastian Schmitt | Theaterstück von Gerwin Kellermann
 
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