- Vor zehn Wochen kam die tegut-Handelskette ungewollt in die Schlagzeilen: Computer-Hacker hatten das zentrale Logistik-System lahmgelegt, auf das alle 283 Vollsortimenter in Deutschland angewiesen sind. Ab kommendem Montag bleibt die Bad Kissinger tegut-Filiale am Riedgraben in Garitz fast zehn Wochen lang geschlossen. Doch diesmal sind keine Hacker daran schuld: Die Handelskette lässt diesen inzwischen 20 Jahre alten Markt bis zum 9. September umbauen und macht ihn mit zusätzlichen Neuerungen fit für die Zukunft.
"Der seit 2001 bestehende Markt muss technisch einiges nachholen", begründet Matthias Pusch, Leiter der tegut-Unternehmenskommunikation, den notwendigen Umbau. "Der Markt bekommt frische Farben, neue Technik und neues Design." Die alten Kühlmöbel werden durch umweltfreundlichere abgelöst. Eine LED-Beleuchtung wird im Markt künftig eine neue Atmosphäre schaffen. Nach umfassender Renovierung werden auch einige Bereiche des Marktes völlig neu in Szene gesetzt: So rückt die größere Auswahl an Regionalprodukten stärker ins Blickfeld. Mit einem Unverpackt-Regal kommt die Handelskette außerdem dem Wunsch vieler Kunden nach, beliebte Bio-Produkte verpackungsfrei einkaufen zu können. Nach Wiederöffnung des Marktes ab 9. September können sich die Kunden an der neuen Kaffeestation während des Einkaufs eine kurze Auszeit nehmen und bei einer Tasse frisch gebrühten Bio-Kaffees das veränderte Ambiente des Supermarktes auf sich wirken lassen. "Wir wissen, dass es anstrengende zehn Wochen werden. Aber umso mehr freue ich mich gemeinsam mit meinem Team darauf, unsere Kunden im renovierten Markt bald wieder empfangen zu können", schaut Filialleiter Johannes Hüfner dem Umbau positiv entgegen.
Nachdem der Markt ausgeräumt ist, werden zunächst alle Mitarbeiter ihren Jahresurlaub nehmen und Überstunden abbummeln. Danach werden sie zur Unterstützung in benachbarten Filialen eingesetzt. Doch mindestens zwei Wochen vor der Wiederöffnung muss das etwa 50-köpfige Team (sechs Vollzeitkräfte sowie über 40 Teilzeitkräfte und Aushilfen ) schon wieder im eigenen Markt mit dem Einräumen der Ware beginnen. Hüfner: "Bei 23 000 Produkten ist die Zeit knapp bemessen."
Nicht nur die Phase des Umbaus bedeutet für Hüfner und sein Team eine ungewohnte Belastung. Schon der bundesweite Hacker-Angriff am 24. April hatte drei Wochen lang für Ärger, zusätzliche Arbeit und nicht zuletzt für finanziellen Verlust gesorgt. Allerdings galt dies nicht nur für die Bad Kissinger Filiale , sondern für die Handelskette insgesamt. Denn der plötzliche Ausfall des computergesteuerten Logistik-Systems wirkte sich auf alle 283 Filialen in Deutschland gleichermaßen aus. Natürlich bekam auch die Kundschaft gelegentlich die Folgen zu spüren, wenn manche Regale plötzlich Lücken aufwiesen.
"Aus Sicherheitsgründen mussten wir das komplette IT-System runterfahren", erklärt Firmensprecher Matthias Pusch den Grund. Wo sonst der Computer automatisch den Nachschub veranlasste, mussten nun die Filialleiter die fehlende Ware manuell nachbestellen. "Damals haben wir erst richtig gemerkt, wie viel Arbeit uns das IT-System abnimmt", erinnert sich Filialleiter Hüfner an diese Wochen. Da auch die Streckenplanung der Lieferfahrzeuge per Hand erstellt werden musste, brauchten die Vorgänge viel mehr Zeit als sonst. "Die Grundnahrungsmittel waren zwar immer vorrätig", ergänzt Stellvertreter Schreiner. "Aber manchmal fehlte uns bestimmte Ware, während andere geliefert wurde, die wir im Moment gar nicht brauchten." Nur schrittweise konnte das IT-System im Mai wieder hochfahren. Pusch: "Nach drei Wochen lief endlich wieder alles normal." Zwar kann der finanzielle Gesamtschaden nicht genau beziffert werden. Doch die dreiwöchige Umsatzminderung wegen fehlender Ware und die Kosten zum Wiederaufbau des Systems dürften zu einer beträchtlichen Summe geführt haben.