Es geht um einen blutigen Ritualmord, sechs tote und gekreuzigte Ordenspriester in Ruderbooten sowie um eine abgetrennte Hand und einen edlen Ring mit einem Blutstropfen Jesu Christi . Denn um 19 Uhr wird Pfarrer Felix Leibrock dort auf Einladung der Buchhandlung „seitenweise“ einige Passagen aus seinem neuen Krimi „Mord auf dem Königsee“ lesen, in dem er auch von den Salzburger Hexenprozessen um 1678 ebenso wie von Exzessen der Ordensbrüder in heutiger Zeit erzählen wird. In seinem Vortrag wird Leibrock aber auch erklären, „warum die Kirche Krimis braucht“. Der Erlös der Veranstaltung wird für den Bau des neuen Lichtforums an der Erlöserkirche gespendet.
Krimischriftsteller und evangelischer Pfarrer
Der 64-jährige Kriminalschriftsteller kann als evangelischer Pfarrer eine erstaunliche Berufslaufbahn als Seelsorger vorweisen: Leibrock war Pfarrer in Weimar und Apolda, viele Jahre Sprecher kirchlicher Sendungen beim Mitteldeutschen Rundfunk , gehört heute der evangelischen Redaktion von Antenne Bayern an, ist Geschäftsführer des Evangelischen Bildungswerks München und Seelsorger bei der bayerischen Bereitschaftspolizei .
Als Geistlicher weiß er, dass ein Gotteshaus wie die Bad Kissinger Erlöserkirche und jedes andere nicht nur ein Ort zur Besinnung ist, sondern „auch ein Ort, wo wir über das Böse nachdenken und nach Wegen suchen, es einzudämmen“. Dies sei aber nur möglich, wenn der Mensch sich mit den Abgründen in seinem Inneren auseinandersetzt.
„Die Welt ist leider nicht heil“
„Die Welt ist leider nicht heil“, weiß der Seelsorger , „aber sie heiler zu machen, ist ein ebenso wichtiger Auftrag der Kirche wie der, ein meditativer Ort zu sein.“ Die Kirche gilt heute vielen als langweilig. „Nicht zu Unrecht“, meint der erfahrene Pfarrer im Interview mit dieser Zeitung.
Will sie nicht weltfremd sein, muss sich die Kirche eben deshalb auch mit Themen wie Mord und Totschlag beschäftigen. „An meinem Abend in Bad Kissingen werde ich von Mordfällen berichten, bei denen ich ungewollt indirekter Zeuge war und die in unmittelbarem Bezug zur Kirche stehen“, verrät Leibrock.
Was Krimi und Kirche verbindet
Im Falle eines Mordes werden alle anerlernten sozialen Schranken überschritten, die uns Menschen vor dem in uns steckenden archaischen Verhalten schützen sollen. Wie kann so etwas geschehen, was geht im Mörder vor? Ein Krimi macht es nach Meinung des Autors möglich, „dieses Verhalten zu hinterfragen und zu bespiegeln“.
Im besten Fall führt dies dazu, die schützende Schranke höher zu setzen. „Genau dies verbindet Krimi und Kirche“, meint Leibrock, „der Glaube an das Gute im Menschen, das sich am Ende durchsetzen wird. Krimi und Kirche haben beide den Anspruch, die Welt ein bisschen besser zu machen.“
Ist denn nicht schon die Bibel, die mit Lüge, Brudermord, Egoismus, Arglist und Betrug beginnt, „eine Ansammlung von Kurzkrimis“? Deshalb hat er für seinen Vortrag am 20. September auch die Überschrift „Warum die Kirche Krimis braucht“ gewählt.
Die Kirche braucht Spannung
Für den Krimis schreibenden Pfarrer gibt es aber noch einen weiteren Grund, warum die Kirche Krimis braucht: „Die Gattung Krimi ist die erfolgreichste im deutschen Buchhandel und Fernsehen. Die Menschen lieben Spannung,“ weiß Leibrock aus seiner literarischen Arbeit. Daraus sollten seiner Meinung nach alle Kirchenverantwortlichen lernen. „Auch unsere Veranstaltungen müssen so spannend sein, dass es die Leute kaum bis zum nächsten Gottesdienst aushalten.“
Ein guter Ort für weltliche Veranstaltungen
Die Bad Kissinger Pfarrerin Jacqueline Barraud-Volk denkt ebenso und öffnet deshalb die Türen der Erlöserkirche für die Krimi-Lesung. Auch für sie ist das Gotteshaus ein guter Ort für weltliche Veranstaltungen.
„Schon Luther hat dem Kirchengebäude an sich keine besondere Heiligkeit zugemessen, sondern dies ausdrücklich verneint“, erklärt die evangelische Theologin und zitiert den Reformator aus der Weimarer Gesamtausgabe seiner Werke: „Nicht, dass man daraus eine besondere Kirche mache, als wäre sie besser als andere Häuser, da man Gottes Wort predigt.“
Dies bedeutet im Umkehrschluss, „dass die Heiligkeit des Raumes nur dann gegeben ist, wenn dort Gottes Wort verkündigt wird.“ Die Zeit, dass Kirchen nur für kirchliche Veranstaltungen genutzt und sonst geschlossen sind, ist längst vorbei.
Der Erlös kommt dem Bau des „LichtForums“ zugute
„Kirchengebäude werden zunehmend auch als Raum für Kultur und Bildung neu entdeckt.“ Deshalb passt auch eine Krimi-Lesung in die Erlöserkirche, zumal Leibrocks Vortrag sogar kirchlichen Bezug hat. „Natürlich könnte diese Veranstaltung auch in einem Gemeindehaus stattfinden“, meint Barraud-Volk.
Da das neue „LichtForum“ der evangelischen Kirchengemeinde aber erst im nächsten Sommer bezugsfertig sein wird, „bietet die Erlöserkirche einen schönen Rahmen und genug Raum für diese Veranstaltung“. Da der Erlös aus dieser Veranstaltung dem Bau des „LichtForums“ zugutekommen soll, wünscht sie sich ebenso wie die veranstaltende Buchandlung „seitenweise“ viele Zuhörer.
Veranstaltungshinweis: „Warum die Kirche Krimis braucht, Vortrag von Felix Leibrock, Freitag 20. September, 19 Uhr, Erlöserkirche, Prinzregentenstraße, Bad Kissingen; Tickets: 15 Euro, Buchhandlung „seitenweise“, Telefon: (0971) 46 46, E-mail: seitenweise.diebuchhandlungbk@t-online.de
Informationen zum Buch: Felix Leibrock: „Mord auf dem Königsee“, Servus Verlag, broschiert, 368 Seiten, Preis: 16 Euro, ISBN 978-3710403583
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