
In dem kleinen Lokal am Marktplatz hatte in den vergangenen Jahren die Kontinuität gefehlt: Bis 2018 als "Fisch- und Fein" Fischrestaurant geführt, wurde es danach unter wechselnden Betreibern zum "Stadtcafé" und schon im Herbst 2019 zum "Lieblingsplatz" mit Showküche. Aber auch als Lieblingsplatz war es nicht lange für seine Gäste da. Inzwischen wird innen erneut umgebaut und renoviert: Mit Olena Kais hat sich eine neue Betreiberin für die Immobilie gefunden. Die 50-Jährige wird es Anfang November als spanisches Restaurant und Tapas Bar "La Bodega" neu eröffnen.
"Die spanische Küche schmeckt erdig und sonnig. Spanien schmeckt nach Urlaub", sagt sie. Dieses Gefühl will sie auf die Teller bringen. Kais stammt gebürtig von der Krim-Halbinsel, kam in der Mitte der 1990er Jahre nach den Jugoslawienkriegen mit 24 Jahren allein nach Bad Kissingen . "Ich war fasziniert, wie normal und nett die Leute in Deutschland sind", erinnert sie sich. Sie lernte als junge Frau die deutsche Sprache, fing an, in der Gastronomie in Bad Kissingen und Schweinfurt zu arbeiten und eröffnete schließlich in Sennfeld ihr erstes eigenes Restaurant: eine Weinstube mit deutscher Küche.
Vor gut 15 Jahren wechselte sie den Beruf und den Wohnort: Zehn Jahre lang arbeitete sie in der Schweiz als Butlerin bei reichen Unternehmern und Geschäftsleuten, kümmerte sich um deren Wohlbefinden, flog im Privatjet um die Welt, bekochte ihre Arbeitgeber und arbeitete mit Sterneköchen zusammen. "Ich habe in dieser Zeit viele Erfahrungen gesammelt", sagt sie. Wieder zurück in Deutschland kaufte und führte sie zuletzt das La Bodega am Golfplatz in Fahrenbach nahe Wunsiedel im Fichtelgebirge. Aus privaten Gründen kommt Kais nun nach Bad Kissingen zurück und eröffnet das La Bodega am Marktplatz. Das Restaurant in Fahrenbach schließt sie zum Jahresende.
Kochen als Hobby seit der Kindheit
Krim-Bewohner sind typische Südländer, erklärt Kais. Von klein auf habe sie den Bezug zu südländischer Küche gehabt, zu Fisch, mediterranem Gemüse, Gewürzen und Weinen. Schon im Alter von acht Jahren habe sie für die ganze Familie gekocht und in der Küche experimentiert. Im La Bodega setze sie auf authentische spanische Küche, von Paninis mit Trüffelbutter über Paella bis zu Tapas. Wichtig sind der Gastronomin vor allem frische Fischgerichte. Deshalb plant sie eine Eistheke im Gastraum, in der die Kunden sich frischen Fisch, Garnelen oder Muscheln aussuchen können. Kais bereitet das Gewählte anschließend zu. Ebenso will sie ein Aquarium aufstellen, in denen sie lebende Störe hält. Der grätenarme Raubfisch ist ein Spanien eine beliebte Delikatesse. "Das ist eine Erlebnisgastronomie, in der sich die Menschen von Frische überzeugen können", verspricht sie. Zwar werde sie Störe wie andere Fische auch von ihrem Lieferanten bereits geschlachtet beziehen, wird bei Bedarf aber auch lebende Fische aus dem Aquarium fangen, schlachten und zubereiten.
Stör aus Aquarium auf den Teller
Tagsüber will sie einen Thekenverkauf mit schnellen, einfachen Gerichten für Laufkundschaft anbieten. Abends im Restaurant gibt es gehobene Küche a la minute. Trüffel, in regelmäßigen Abständen auch Hummergerichte, vom Fleisch das Filet, das Gemüse in bio, dazu spanische Weine und Liköre sowie Champagner werden als Spezialitäten unter anderem auf der Karte zu finden sein. "Das Lokal und die Küche ist klein, ich habe nur etwa 20 Plätze", erklärt Kais. Die Gäste sollen mit Reservierung kommen und in mehreren Gängen essen. Einen Tisch wolle sie nur einmal am Abend vergeben. Dass die Gäste sich Zeit beim Essen lassen, miteinander reden, nicht dauernd aufs Handy schauen, sich wie im Urlaub zurücklehnen und genießen. Das ist ihre Vorstellung von Gastronomie. "Wir müssen beim Essen zu mehr Gemütlichkeit kommen", findet sie.
Den Fachkräftemangel in der Branche bekommt Kais voll zu spüren. Wenn das La Bodega Anfang November öffnet, startet sie mit drei Angestellten als Küchen- und Spülhelfern sowie im Service. Insbesondere für den Gästeservice suche sie noch dringend Personal. Um als Arbeitgeber attraktiv zu sein, will sie als Gratifikation eine Einzimmerwohnung in Bad Kissingen zur Verfügung stellen.
Dass am Marktplatz ein spanisches Restaurant öffnet und das Angebot in Bad Kissingen verbreitert, sieht Ralf Ludewig, Vorsitzender des Stadtmarketingvereins Pro Bad Kissingen , gern. Er verweist beispielsweise auf das indische Restaurant Taj Curry Haus und das kroatische Restaurant Bonaca, die ebenfalls in dieser Saison neu in der Stadt eröffnet haben. "Aber nicht nur in der Gastronomie, auch im Einzelhandel tut sich einiges", weiß er. Einige Leerstände sind zuletzt verschwunden wie etwa im Modehaus Grom, an anderer Stelle wie im früheren Reformhaus in der Ludwigstraße gibt es Interessenten. "Die Wirtschaft erholt sich allmählich von der Corona-Delle", sagt er.
Innenstadt erholt sich von Corona
Ludewig sieht die Kissinger Innenstadt als Gastronomie- und Einzelhandelsstandort auf einem guten Weg. "Der Welterbetitel hat neuen Schwung und Frequenz gebracht", sagt er. Aber es gebe noch weitere Faktoren. Stadt und Staatsbad Bad Kissingen schaffen aus seiner Sicht gute Rahmenbedingungen und bringen beispielsweise mit eine breiten Veranstaltungsprogramm Gäste ins Zentrum. Auch die jetzt laufenden Modernisierungsarbeiten - etwa die Innenstadtverschönerung - wirken sich aus. "Man merkt, dass die Stadt nach vorne geht", lobt er.