„Ich bin motiviert für Arbeit“, sagt Tadesse Asfaw Melkamu. Er arbeitet gern, ist in Münnerstadt inzwischen bestens bekannt. „Er ist einer der Fleißigsten und Besten, den wir je hatten“, sagt Lisa Seger, kaufmännische Leiterin bei der Firma Seger-Transporte. Dort arbeitete Melkamu bis Dezember 2019 als Müllwerker mit Festanstellung. Doch dann wurde ihm die Arbeitserlaubnis entzogen. Hat er sich bis dahin selbst versorgt, so ist er nun auf Sozialhilfe angewiesen. Und dabei möchte er arbeiten, aber das lässt der Gesetzgeber nicht zu.
Melkamu kam im Mai 2014 aus Äthiopien, wo er politisch verfolgt wurde, nach Münnerstadt und stellte einen Asylantrag. Im Juni 2015 nahm er einen Minijob bei der Firma Seger an, drei Tage die Woche besuchte er einen Intensivkurs, um Deutsch zu lernen. „Den hat er selbst bezahlt, hat sich das Geld vom Munde abgespart“, sagt Barbara Gassauer, die Melkamu unterstützt. Sie hat ihn in der Stadtbücherei kennengelernt, deren Leiterin sie ist. Melkamu hatte sich angemeldet, um besser Deutsch zu lernen.
Integration heißt das Zauberwort, und Melkamu hat sich integriert. Der Minijob wurde zum Vollzeitjob, nach einiger Zeit bekam er einen unbefristeten Arbeitsvertrag bei der Firma Seger. Als Müllwerker war er mit den Fahrzeugen unterwegs, hat die vollen Mülltonnen geleert. Auch seine Kollegen schätzen ihn sehr, sagt Lisa Seger. Doch dann kam der 18. Dezember. „Ich finde es unmöglich“, schimpft die kaufmännische Leiterin. Da bekam die Firma den Bescheid, dass Melkamus Arbeitserlaubnis abgelaufen ist. „Wir mussten ihn von einer Tour runter holen, er hat da noch gar nichts gewusst – und das sechs Tage vor Weihnachten.“ Sofort wurde ein neuer Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis gestellt. Negativ. Bis heute.
Die Firma Seger reserviert ihm seinen Arbeitsplatz, sagt Jutta Ort von der Flüchtlings- und Integrationsberatung der Caritas. Das bestätigt Lisa Seger. „Sobald wieder eine Arbeitserlaubnis vorliegt, bekommt er einen unbefristeten Arbeitsvertrag.“ Genau darin liegt aber das Problem.
Melkamus Asylantrag ist abgelehnt worden. So ist es in jüngster Zeit vielen Äthiopiern ergangen. Regierungschef Abiy Ahmed Ali hat im letzten Jahr den Friedensnobelpreis erhalten – für die Politik gegenüber dem Nachbarland Eritrea. Dafür brodelt es aber innerhalb des Landes. Melkamu vergleicht das mit einem Bürgerkrieg. Dort drohe ihm Verfolgung. „Ich kann nicht dahin zurück.“
Das Leben, das er sich in Münnerstadt geschaffen hat, ist gerade dabei, den Bach runter zu gehen. Der Job ist weg, nun muss er von Sozialhilfe leben. Und gerade wird geprüft, ob er seine kleine Wohnung in Münnerstadt behalten kann. Eigentlich soll er zurück in die Gemeinschaftsunterkunft auf dem Schindberg. Und die Krankenversicherung ist auch hinfällig. Jetzt bekommt er nur noch das Allernötigste. Und das alles, weil er nicht arbeiten darf.
Eine Möglichkeit gibt es doch, sagt Jutta Ort. Offiziell ist Melkamu als abgelehnter Asylbewerber ausreisepflichtig. Bei ungeklärter Identität – Melkamu hat keinen Pass – ist er verpflichtet, einen zu besorgen. Mit diesem Pass, so wird ihm in Aussicht gestellt, bekommt er auch wieder eine Arbeitserlaubnis. Aber die Medaille hat auch eine andere Seite: Ist er im Besitz eines solchen Dokuments, kann er sofort abgeschoben werden.
Aber Melkamu will arbeiten, will einen Pass, weshalb er auch schon bei der äthiopischen Botschaft war. Zunächst braucht er eine Art Geburtsurkunde. Nur leider laufe wegen der Corona-Krise derzeit diesbezüglich gar nichts. Zeit, die ungenutzt verstreicht, Zeit, in der er nicht arbeiten darf. Die ganze Situation stellt eine extreme psychische Belastung für Melkamu dar.
Jutta Ort beobachtet in den letzten Jahren eine Verschärfung im Umgang mit Asylbewerbern. So seien Äthiopier vor zwei Jahren vor dem Würzburger Gericht noch als Flüchtlinge anerkannt worden. „Es ändert sich ständig etwas“, sagt sie. Allerdings nicht zu Gunsten der Flüchtlinge. Die Einziehung der Arbeitserlaubnis bei ausreisepflichtigen Menschen ohne Pass sei mittlerweile normal und entspreche den Vorgaben. Und da hat sie Recht. „Bei ungeklärter Identität sind Arbeitserlaubnisse für ausreisepflichtige Asylbewerber (nach bestandskräftiger/rechtskräftiger Ablehnung des Asylantrages) bereits kraft Gesetzes ausgeschlossen“, so Johannes Hardenacke, Pressesprecher der Regierung von Unterfranken. „Es gibt da kein Ermessen.“ Bei einer Duldung wegen ungeklärter Identität sei eine Erwerbstätigkeit aus Rechtsgründen nicht möglich, so seine Auskunft mit Verweis auf die entsprechenden Paragrafen. Seit Ende März 2020 seien von 25 Anträgen geduldeter Asylbewerber auf Beschäftigungserlaubnisse in der Landwirtschaft insgesamt 20 Anträge bewilligt worden. Fünf Anträge seien wegen des gesetzlichen Erwerbsverbotes abgelehnt worden.
Rechtlich ist die Sache klar, auch wenn Melkamu das nicht verstehen kann. Er will ja seinen Pass, kommt derzeit nur nicht voran. Inzwischen haben seine Unterstützer, zu denen auch der neue Stadtrat der Grünen Johannes Wolf gehört, bei Eisen-Krais und im Naturkostladen Unterschriftenlisten ausgelegt. Melkamu ist ein Münnerstädter – und er will es auch bleiben.
Also es geht erst mal nicht gegen Sie persönlich. Trotzdem: Jemand hat also in den Mann „investiert“. Dazu fällt mir ein, dass mal in einheimische Arbeitskräfte „investiert“ werden sollte. Zum Beispiel indem man ordentliche Löhne zahlt (z. B. Gastgewerbe). Dann braucht man in keine „Billiglöhner“ aus dem Ausland zu investieren, weil man genügend Einheimische findet. Das ist meine Meinung und die Meinung meines Stiefsohns (gelernter Koch). Der hat „die Schnauze voll“ und macht demnächst die Abschlussprüfung zum Lebensmitteltechniker, weil er dann für ordentliche Arbeit einen ordentlichen Lohn erwarten kann. Leider nimmt der Staat seine Aufgabe nicht wahr für „ordentliche“ Löhne zu sorgen.
Natürlich ist es gut, wenn er hier nicht negativ auffällt, fleißig ist und Steuern zahlt. Aber mit dem gleichen Argument könnte man den meisten der 5 Milliarden armen Menschen, die es weltweit gibt die Einreise nach Deutschland gestatten. Ich wette die überwiegende Mehrheit sind anständige Leute, die nur ein besseres Leben möchten. Verständlich, das möchte doch jeder. Trotzdem können wir sie nicht alle aufnehmen. Wie muss es ein abgelehnter Asylbewerber auffassen, der trotz eines rechtkräftigen, langwierigen und teuren Gerichtsprozesses trotzdem weiter in Deutschland bleiben darf. Er muss doch denken, dass die Gesetze in Deutschland egal sind und er würde es als Aufforderung des deutschen Systems auffassen seine Familie nachzuholen, sobald er etwas Geld gespart hätte. Die Familien der Asylbewerber sind sowieso bestens informiert über die Lage in Deutschland über die sozialen Medien (siehe Berichte der Main-Post)
Jahrelang in den ordentlichen Mann investiert und dann abschieben...? Gehts noch?
Vielleicht sollte Sie von einem Asylbewerber mal Ihre Kommentare vorher durchlesen lassen. Ich bin überzeugt, dass die besser "deutsch" können als Sie.
Ein blöder Fehler im System. Schnellstens zu korrigieren. Wie war das früher mit den Gastarbeitern?