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Maria Bildhausen
Szymanowski Quartett brannte ein Feuerwerk ab
Nachmittagskonzert im Festsaal des Klosters Maria Bildhausen.
Das Szymanowski Quartett mit Michail Lifits       -  Das Szymanowski Quartett mit Michail Lifits
Foto: Gerhild Ahnert | Das Szymanowski Quartett mit Michail Lifits
Thomas Ahnert
 |  aktualisiert: 29.08.2022 18:57 Uhr

Zum Nachmittagskonzert im Festsaal des Klosters Maria Bildhausen waren tatsächlich alle eingeladenen und angekündigten Musiker angereist: das Karol-Szymanowski-Quartett mit Agata Szymczewska (1. Violine), Robert Kowalski (2. Violine), Volodia Mykytka (Viola) und Karel Marianowski (Violoncello) sowie, für den Betrieb des Klaviers, Michail Lifits . Mitgebracht hatten sie ein klassisch-romantisches Programm mit Werken von Joseph Haydn , Ernst von Dohnányi und Antonin Dvorák.

Michail Lifits konnte sich zu Beginn noch schonen. Haydns Streichquartett B-dur op. 76/4 Hob.III:78 mit dem Beinamen "Der Sonnenaufgang" ist eines seiner späten Streichquartette. Es entstand sechs Jahre nach Mozarts Tod, stand also nicht mehr unter dem Konkurrenzdruck der beiden Kollegen. Haydn musste nicht kämpferisch werden. Er musste keine Konflikte widerstreitender Themen komponieren, sondern konnte durch das Variieren einzelner Themen ein bisschen Spannung aufbauen.

Die Methode ist bewährt und praktisch, aber nicht ganz ungefährlich, wenn das Werk auf die Notenpulte des Karol-Szymanowski-Quartetts gerät. Denn das ist ein Streichquartett, das schon von den Instrumenten her einen wunderbaren Gesamtklang hat, der mit größter Präzision gepflegt wird. Der Einstieg in den ersten Satz, der dem Quartett seinen Beinamen gab, war außerordentlich sensibel und schlüssig musiziert. Aber bei diesem absichtsvollen Wohlklang blieb es dann auch quer durch die Sätze, trotz aller Tempounterschiede. Das war alles klinisch sauber musiziert und damit halt auch ein bisschen steril. Möglicherweise hätte man etwas mehr Diskursives, Konfrontatives ins Spiel bringen können, ohne gleich Lärm zu machen. Aber so verstärkte sich immer mehr das Bild von "Papa Haydn ", das eigentlich schon vor vielen Jahren von der Wand abgehängt wurde und durch ein animierteres Bild ersetzt wurde.

Das änderte sich, als Michail Lifits dazukam bei Ernst von Dohnányis Klavierquintett c-moll op. 1/1. Denn der provozierte. Und plötzlich entdeckten die Szymanowskis die Streitlust, ohne ihren schönen Ton aufzugeben.

Eine große Spannung

Da entstand eine große Spannung, die einer ebenso großen Musizierlust geschuldet war. Dass sie am Ende etwas nachließ, lag nicht an den Musikern, sondern am Werk. Das Quintett ist der Erstling eines 17-jährigen Musikstudenten, der offenbar nichts falsch machen wollte. Er wusste, dass er fünf Musiker hatte, die er beschäftigen musste. Und er beschäftigte sie: das Klavier etwa 100 Prozent der Spieldauer, die Streicher etwa 80 bis 85 Prozent. Oder anders gesagt: Er traute sich offenbar noch nicht, immer mal loszulassen und die Chancen der Verschlankung zu nutzen, um die Musik so differenzierbarer und auch konsumierbarer zu machen. Erstaunlich, dass das dem ollen Brahms 1894 so gefallen hat, dass er den jungen Mann protegierte - vermutlich, weil er den deutlichen Brahms 'schen Einfluss deutlich merkte. Und formal ist das Quintett ja auch sehr gut gelungen. Aber dadurch, dass die Szymanowskis jeden Ton ernst nahmen, hörte man umso deutlicher die vielen Wiederholungen und Ähnlichkeiten. Und wenig Stimmungswechsel. Es ist eine Musik, bei der man spürte, dass etwas Neues kommen musste.

Den Eindruck hatte man bei Antonin Dvoráks Klavierquintett Nr. 2 A-dur op. 81, das sieben Jahre früher entstanden war, nicht einen Augenblick. Das ist eine Musik, bei der die Funken sprühen, bei der es keinen wirklich langsamen Satz gibt, bei der sich die verzwicktesten Rhythmen jagen, bei der sich Emotionen gestalten lassen und bei der man immer kämpfen muss. Und die fünf Musizierenden schenkten sich nichts.

Der Wohlklang des Quartetts stand nicht mehr im Mittelpunkt oder erklang nur, wenn es stilistisch nötig war. Dazu kam, dass alle fünf Instrumente immer wieder die Möglichkeit hatten, in den Vordergrund zu treten und spezifische Akzente zu setzen, und dass die Tempi immer an einer sinnvollen, aber mitreißenden Obergrenze gesetzt waren. Da brannte wirklich ein Feuerwerk ab.

 
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