
Nein, Robert Habeck (Grüne) war letzten Dienstag nicht beim „Erörterungstermin Bundesfachplanung Höchstspannungsleitung" im Regentenbau Bad Kissingen. Gegner des Ausbaus des überregionalen Stromnetzes hatten ihn in ihren Gruppen angekündigt - verbunden mit dem Aufruf, zahlreich gegen den Bundeswirtschaftsminister zu protestieren.
Aber warum hätte Habeck aus Berlin anreisen sollen? Bei der nichtöffentlichen Konferenz ging es um eine der vielen Stromtrassen, die bald Deutschland zusätzlich durchschneiden sollen. Um P43 im Abschnitt B zwischen Dipperz bei Fulda und Bergrheinfeld-West bei Schweinfurt, auch Fulda-Main-Leitung genannt.

Diese würde im westlichen Landkreis neben gemeindefreiem Gebiet vor allem die Gemarkungen von Zeitlofs und Wartmannsroth betreffen. Die 380-Kilovolt-Leitung ist oberirdisch auf Masten geplant (mit noch nicht feststehenden kleinen Erdkabel-Abschnitten).
Gemeinden, Ämter, Bürgerinitiativen, Verbände konnten ihre früheren Einwendungen und Stellungnahmen zur P43 noch einmal vorbringen. Adressat war Übertragungsnetzbetreiber Tennet TSO, der im Auftrag des Bundes die Stromleitung plant und später bauen soll. Seine Mitarbeiter nahmen zu den Anliegen Stellung, beantworteten mehr oder weniger zufriedenstellend Fragen.
Vertreter der Bundesnetzagentur hören sich Argumente an
Alles das geschah unter den Augen von Vertretern der Bundesnetzagentur. Die Bonner Behörde muss alle Argumente abwägen - und letztlich über die P43 entscheiden. Doch weder gab es in Bad Kissingen konkret Neues zum Vorzugskorridor, in dem die Leitung durch den Landkreis verlaufen soll, noch über den genauen Verlauf selbst.
Die Bundesnetzagentur schreibt dazu auf Nachfrage, dass ihre Entscheidung in der Bundesfachplanung für einen Korridor im Abschnitt B „voraussichtlich für den Spätsommer/Herbst" fällt. „Der konkrete Verlauf der Trasse innerhalb eines Trassenkorridors wird erst im nachfolgendem Verfahren, der Planfeststellung, beantragt und behandelt."
Hildegard Beyfuß: Veranstaltung war eine Farce
Bekanntlich bevorzugt Tennet aktuell einen westlichen Verlauf durch Zeitlofser und Wartmannsrother Gemarkung. Ursprünglich wollte man die Stromtrasse lieber entlang der A7 bauen. Doch das Römershager Wasserschutzgebiet (WSG) erwies sich als vermeintlich unüberwindbares Hindernis.
Hildegard Beyfuß, Vorsitzende der „Bürgerinitiative A7 Stromtrasse Nein" aus Wasserlosen, erlebte die Veranstaltung als Farce. Tennet habe keine klaren Antworten gegeben, stattdessen immer wieder den Verweis, dass Genaueres in der Planfeststellung gesagt werden könne.
Bürgerinitiative hält P43 für unnötig
Beyfuß machte beim Termin den Standpunkt ihrer BI klar, die die P43 für wirtschaftlich und finanziell untragbar hält. Die durchschnittliche Auslastung liege laut Netzentwicklungsplan 2030 bei 15 Prozent und damit viel zu niedrig für ein überdimensioniertes Milliardenprojekt.
Die angedachte überregionale Erweiterung des Übertragungsnetzes sieht die BI generell kritisch. Sie setzt auf Wertschöpfung vor Ort durch Windkraft und Solaranlagen, mit Beteiligung der Bürger. Der Ausbau des lokalen Verteilnetzes sei zudem billiger. Ähnlich habe die BI Pro Sinntal argumentiert.
Letztlich hält Beyfuß jetzt schon „alles für entscheiden" und die P43 „nicht mehr zu verhindern". Woher das Gerücht um Robert Habeck kam, wisse sie nicht.
Atzmüller: Bundesnetzagentur nicht immer Meinung von Tennet
Für Wartmannsroths Bürgermeister Florian Atzmüller (CSU) bot der Termin „eine gute Gelegenheit, sich nochmal mit der Planung von Tennet auseinanderzusetzen". Die Bundesnetzagentur habe sehr viele Anregungen für eine neutrale Bewertung des P43-Korridor und schließlich den genauen Trassenverlauf mitbekommen. „Die Behörde ist nicht automatisch einer Meinung mit Tennet. Das wurde immer wieder betont."
Wie sein Zeitlofser Amtskollege Matthias Hauke bestätigt Atzmüller, dass das Römershager WSG und seine Auswirkungen auf den Vorzugskorridor in Bad Kissingen schwer diskutiert wurden.
Erhebliche Folgen für Tourismus und Ortsentwicklung
Die beiden Bürgermeister wiesen dort erneut auf die Folgen für den Tourismus und die Entwicklung ihrer Gemeinden hin. Vor allem der Abstand zu Siedlungen sei problematisch. Hauke sieht es als schwierig an, Interessenten für Neubaugebiete in Sichtweite von Strommasten zu finden.
Auch viele betroffene Waldbesitzer waren laut den Kommunalpolitikern anwesend. Sie wiesen auf Besonderheiten in ihren Forsten, auf problematisch-steile Stellen, vor allem im Schondratal hin. Der Eindruck sei entstanden, dass Tennet nicht alle Gegebenheiten vor Ort kennt.
Konflikte mit anderen Stromtrassen befürchtet
Obwohl sie nicht direkt Thema des Termins waren, schwebten die geplanten Gleichstromtrassen Nordwestlink und Südwestlink (DC 41 und 42) mit im Saal. Teilweise überschneidet sich ihr vorgeschlagener unterirdischer Verlauf mit dem der Freileitung P43.
Matthias Hauke appellierte an Tennet und die Netzagentur, „den Ausbau des Stromnetzes ganzheitlich zu sehen". Es mache keinen Sinn, erst das Verfahren für eine Leitung abzuschließen, um dann das nächste für ähnlich verlaufende zu starten.
Auch solle Tennet selbst Vorschläge für Erdverkabelung in kritischen Abschnitten machen und nicht abwarten, so der Zeitlofser. „Die wollen ja auch schnell bauen."