Die geplante Starkstromleitung P43 – sie betrifft Michael Freiherr von Truchseß doppelt: als Bewohner von Waizenbach, wo die Fulda-Main-Leitung direkt vorbeiführen soll. Und als Waldverwalter des Adeligen Damenstiftes. Während andere Betroffene am Vorzugskorridor vor allem die zu große Nähe zu Bebauung kritisieren, sieht der Freiherr ein ganz anderes Problem.
Die P43 kommt – nimmt man den auf emuapps.gis.arcadis.com/ADE_PROD/A140/Map eingezeichneten Vorzugskorridor – an mehreren Stellen im westlichen Landkreis Bad Kissingen an Wohnbebauung heran. Das beginnt bei Zeitlofs, wo zwei Aussiedlerhöfe direkt im ein Kilometer breiten Streifen liegen.
Nachdem der Korridor die Marktgemeinde südwestlich streift, führt er entlang der Gasleitung Sannerz-Rimpar auf die Höhen bei Roßbach. Nördlich davon überflügelt er den Windbühel-Berg, an den die Ortsbebauung fast heranreicht.
Im weiteren Verlauf tangiert der Korridor das Weißenbacher Neubaugebiet und führt südlich an Detter vorbei. Der landwirtschaftliche Hof von Matthias Lanz liegt mitten im Trassenbereich.
Nadelöhr bei Waizenbach und Dittlofroda
Nach einem Südschwenk in den Forst Detter Süd passiert der P43-Streifen das Schondratal fast mittig zwischen Heiligkreuz und Heckmühle, um Völkersleier rechts liegenzulassen. Die größte Engstelle kommt zweifelsohne zwischen Dittlofsroda und Waizenbach, ehe der Trassenkorridor den Landkreis verlässt.
Obwohl der Freiherr von Truchseß vom Waizenbacher Schloss aus direkt auf die circa 60 Meter hohen Strommasten schauen müsste, stört ihn das weniger. „Als Anwohner findet man das nicht schön; aber irgendwo muss der Strom geleitet werden.“ Das sei mehr ein ästhetisches Problem. „Die Leitung muss 400 Meter von Wohnbebauung weg sein und das wird sie wohl einhalten“, ergänzt er.
Wertvolle Naturschutzgebiete und Habitate
Was den Waizenbacher viel mehr stört, ist die „skandalöse vorsätzliche Vernichtung von Waldflächen“ im Forst Detter Süd. Dort gebe es wertvolle Naturschutzgebiete und Flora-Fauna-Habitate; das Schondratal sei ein „landschaftliches Kleinod“. Dies werde „mit einem Federstrich weggewischt.“
Unter einem Mast, der auf einem Feld stehe, könne man weiter Landwirtschaft betreiben. Wald , der vernichtet werde, komme nicht wieder, so der Freiherr . Er glaubt auch, dass die durch die Gasleitung entstandene Waldschneise mit der Stromtrasse wesentlich breiter wird. Die mühsame Aufforstung der letzten zehn Jahre – dahin. Die Naturzerstörung habe auch negative Folgen für Tourismus und Vermarktung als „Frankens Saalestück“.
Freiherr von Truchseß wünscht sich „Erdverkabelung überall dort, wo Wald im großen Stil vernichtet würde und wo es ökologisches und touristisches Anliegen ist, die Landschaft zu bewahren“. Das gelte für Forst und Schondratal.
Kritik auch vom Wartmannsrother Bürgermeister
Auch Wartmannsroths Bürgermeister Florian Atzmüller sieht „die Bündelungsoption Freileitung und Gastrasse kritisch“. Der Dittlofsrodaer hält den „Siedlungsabstand“ der P43 zu seinem Ort und Waizenbach für „sehr knapp“. Als Gemeindeoberhaupt will auch er die Erdverkabelung einfordern.
Bei Heiligkreuz muss die Stromtrasse aus Atzmüllers Sicht östlich von der Gasleitung abweichen. Letztere liege weniger als 400 Meter vom Ort entfernt. Das Abweichen erweitere die bestehende Waldschneise leider deutlich.
Wie nah ans Gemeindegebiet?
Wie nah darf die Fulda-Main-Leitung (P43) an die betroffenen Orte im Markt Zeitlofs und im Wartmannsrother Gemeindegebiet heranrücken? Das war – neben dem Wasserschutzgebiet Römershag als Verhinderungsgrund einer Trasse an der A7 – die zentrale Frage beim Tennet-Infomarkt in der Zeitlofser Schulturnhalle.
Tennet-Vertreter Thomas Wagner verweist auf Regelungen im Bundesbedarfsplan für dort aufgeführte Freileitungsprojekte mit einer Spannung ab 220 Kilovolt (P43 hat 380 Kilovolt). Demnach gelten Mindestabstände von 400 Metern zu Wohnhäusern in Ortschaften und 200 Metern zu Wohnbebauung im Außenbereich.
Abstände nicht unumstößlich
Allerdings können diese Abstände in Bayern unterschritten werden. Aus dem Münchner Wirtschaftsministerium heißt es dazu: „Die Abstandswerte sind ein Grundsatz der Raumordnung, weswegen sie nicht strikt einzuhalten, sondern in Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen sind. Eine Unterschreitung ist möglich, wenn es gewichtige Sachgründe gibt.“
Es ist also nicht von vornherein ausgeschlossen, dass eine große Freileitung für Strom näher als 400 Meter an eine Siedlung und weniger als 200 Meter an Aussiedlerhöfe heranführt. Nur überspannt werden dürfen sie per Gesetz definitiv nicht.
Wirtschaftliche Höfe liegen mittendrin
Bei Zeitlofs, Roßbach sowie Weißenbach und insbesondere zwischen Dittlofsroda und Waizenbach kommt der ein Kilometer breite Vorzugskorridor Wohnbebauung gefährlich nahe. Einige landwirtschaftliche Höfe liegen mittendrin.
Wagner sieht die Abstände dennoch eingehalten – auch bei Dittlofsroda. Sein Kollege Axel Puttkammer sagte in Zeitlofs, man könne die Höfe innerhalb des Korridors umgehen.
Zum elektromagnetischen Feld, von dem ein Besucher gesundheitliche Risiken und Folgen befürchtet, sagte er: „Die Grenzwerte unter der Leitung werden eingehalten.“ Schon 200 Meter entfernt unterscheide sich das elektrische Feld der Leitung nicht mehr vom natürlichen. Laut Wagner soll die genaue Trassenführung dort geplant werden, „wo sie am wenigsten Schaden anrichtet“.
Stellungnahme geplant
Zeitlofs Bürgermeister Matthais Hauke will in einer Stellungnahme an die Bundesnetzagentur „genau benennen, wo die Probleme sind“. Dabei gehe es – wenn auch nicht ausschließlich – um Siedlungsabstände.
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