Kidro e. V. – das ist schon längst nicht mehr nur die Kissinger Drogenhilfe, sondern ein Verein, der darüber hinaus mit Wärmestube, KIP (Kissinger Integrationsprojekt), Sofa (Möbellager) und Sportangebot aus der sozialen Arbeit der Stadt nicht mehr wegzudenken ist. Dahinter stehen fast 30 aktive Menschen, die zusammen um die 370 Stunden pro Woche investieren und – so Vorsitzender Christian Fenn in der Jahreshauptversammlung – sich zum Beispiel durch die Zunahme bei der Obdachlosigkeit oder einem veränderten Verhalten Jugendlicher beim Drogenkonsum immer neuen Herausforderungen stellen müssen.
„Die Finanzen des Vereins bleiben zwar spannend, aber heute liegt der Schwerpunkt auf der sozialen Arbeit“, so Fenn bei der Begrüßung in der Wärmestube. Als Streetworker erleben er und Laura Kramer als studentische Hilfe eine Veränderung bei den Jugendlichen, die gerade im Rahmen von Präventionsarbeit an Schulen wahrnehmbar sind.
Verhalten hat sich verändert
Laura Kramer berichtete von „sehr guten Kenntnissen zu den Drogen, egal ob sie in der Szene aktiv sind oder nicht“. Beschaffungswege oder berauschende Bestandteile von Medikamenten seien Thema in „Pausengesprächen“ oder aus den sozialen Medien bekannt und auch das Handlungsmuster habe sich verändert, denn Erpressung, Gewalt und Waffen haben sich im Umfeld verbreitet.
Von daher, so die Überzeugung beider, sei eine Drogen- bzw. Suchtberatungsstelle für Jugendliche nicht nur sinnvoll, sondern zwingend erforderlich. Diese soll eng mit der Caritas des Landkreises aufgebaut werden. In Vorgesprächen wurde ausgelotet, ob ein gemeinsames Auftreten mit zwei unterschiedlichen Schwerpunkten möglich und sinnvoll ist.
Einerseits könne das Thema „Jugendsucht“ von der Caritas übernommen werden, die mit ihrer „Komm-Struktur“ eine übergreifende Beratung zu Suchtproblemen wie z. B. Alkohol-, Medikamenten- oder Internetsucht bei Jugendlichen anbietet. Andererseits könne Kidro das Thema „Jugenddrogen“ mit seiner „aufsuchenden Streetworker-Arbeit“ übernehmen und durch Prävention an Schule ergänzen. Dabei würden die „illegalen Drogen“ und deren Konsum bei Zwölf- bis 18-Jährigen im Mittelpunkt stehen, wobei Kidro über eine zusätzliche Personalstelle diesen gefährlichen Tendenzen entgegenwirken möchte.
Neue Gesichter auf der Straße
Als weitere Folge stellten sie eine Zunahme der Obdachlosigkeit fest, wobei „geschützte Übernachtungsplätze“ wie Baustellen-Toiletten oder Parkhäuser aufgesucht werden. Es sind „neue Gesichter“, so Fenn, im Alter zwischen 25 und 50 Jahren und diese meiden oft die Obdachlosenunterkünfte beziehungsweise halten sich vermehrt an öffentlichen Plätzen auf. „Wir versuchen, über das direkte Ansprechen die Hemmschwelle zu senken.“
Wärmestube: Länger offen, keine Schließungen
Dies spüre auch die Wärmestube als „Ort für den kleinen Geldbeutel“. Hier hatte man krankheitsbedingte Personalprobleme und erhielt durch die erforderliche Vertretungssituation einen neuen Blick auf die aktuelle Situation. Das Ergebnis: Die Besucher verweilen länger und es gibt einen Versorgungsbedarf zwischen den Jahren. Mit einem neuen 2-Personen-Team in der Wärmestube gab es die Lösung: Längere Öffnungszeiten und keine Schließung wegen Urlaubs- oder Brückentagen und damit seit März 2023 erheblich höhere Besucherzahlen. Die Finanzierung der zusätzlichen Öffnungszeiten trage der Verein.
KIP: Personalle Veränderungen
Bei KIP arbeite man mit Langzeitarbeitslosen oder mit Menschen mit Bildungsdefiziten oder Migrationshintergrund zusammen. Als „Üben von Arbeiten“ wird dabei die Verrichtung von Aufgaben für den Servicebetrieb, bei der Holzvermarktung oder für den Kreisjugendring verstanden und dank „stabiler Teilnehmerzahlen und den guten Zuwendungen des Job-Centers haben wir eine gute Finanzbasis“, so Fenn. Auch hier kam es zu personellen Veränderungen aufgrund des vorübergehenden Ausfalls von Albert Köpplin , die aber durch Versetzungen und Neueinstellung aufgefangen werden konnten und personelle Möglichkeiten für die Zukunft eröffnen. Der Dank galt all denen, die sich in dieser Situation über das normale Maß hinaus eingebracht haben.
Möbellager mit kreativem Internetauftritt
Das Möbellager „Sofa“ feierte 2022 sein zehnjähriges Bestehen und erwirtschafte aus dem Verkauf der überlassenen Möbel nach roten Zahlen in Corona-Zeiten aktuell die Gelder, die es zur Existenz benötige. „6100 Euro pro Monat bzw. 47 Euro pro Stunde Öffnungszeit“, nannte Fenn als Vorgabe für das Team rund um Peter Ventur und lobte die kreative Internetpräsenz auf moebellager-sofa.de . Gut genutzt werde auch das offene Sportangebot in der Turnhalle in der ehemaligen Kaserne. Regelmäßig nehmen um die 50 Sportler das Angebot mit Krafttraining oder Tischtennis oder professionelles Sambo-Training wahr.
KIP finanziert die soziale Arbeit
Bei KIP erwirtschafte man gute Überschüsse „und KIP finanziert dadurch die soziale Arbeit von Kidro“, so Fenn. KIP lebe nicht nur von den Zuschüssen von Stadt und Landkreis und den Zuwendungen des Job-Centers, sondern auch von externen Auftraggebern. Bei der Drogenhilfe finanzieren Stadt und Landkreis die Personal- und Fahrtkosten sowie Mieten, wobei sich Zuschüsse nur wenig bewegen, obwohl andere Ausgaben steigen oder steigen müssten. Die Mitglieder waren sich einig, dass es hier Nachholbedarf gibt und Anträge gestellt werden sollten. Auch die finanzielle Lage bei der Wärmestube sei eher defizitär. Ähnlich sieht es beim Verein aus, dessen Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden, Zuschüssen und Strafgeldern bestehen.
Im Rückblick ergab sich aus allen Sparten ein Überschuss im mittleren fünfstelligen Bereich, der die Rücklagen erhöhte und damit wirtschaftliche Stabilität suggeriere. Im Ausblick ergeben sich aber negative Tendenzen durch höhere Aufwendungen z. B. im Personalbereich oder für erweiterte Aufgaben und die Christian Fenn so bewertet: „Die Rücklagen werden sich reduzieren, obwohl wir heute sehr gut dastehen.“
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