Die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland hat Strafanzeige gegen den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Eduard Lintner (CSU) erstattet. Der Verein wirft ihm Bestechung vor, gleichzeitig ging eine Anzeige wegen Bestechlichkeit gegen Bundestagsabgeordnete Karin Strenz (CDU) an die Generalstaatswaltschaft Berlin.
Dort wurde am Freitagnachmittag lediglich der Eingang des Schreibens bestätigt, Aussagen zum weiteren Vorgehen gab es keine. Lintner selbst erfuhr gestern durch die Nachfrage der Redaktion von der Anzeige: "Bei mir hat sich bisher noch nie ein Staatsanwalt gemeldet", kommentierte er die weit zurück reichenden Vorwürfe rund um die "Gesellschaft zur Förderung der deutsch-aserbaidschanischen Beziehungen GmbH" (GeFdaB).
"Wir haben ein ganz reines Gewissen"
Transparency Deutschland reagiert mit der Strafanzeige auf die Nachricht, dass das Präsidium des Bundestages ein Ordnungsgeld gegen Strenz verhängt hat: Mehr als 19 000 Euro muss sie zahlen, weil sie Nebeneinkünfte nicht richtig angegeben hatte. "Frau Strenz hat den Vertrag mit uns nur zu spät angemeldet", kommentierte Lintner die Strafe. Er sehe der Anzeige ganz gelassen entgegen: "Wir haben ein ganz reines Gewissen", sagt der Parlemantarische Staatssekretär a.D. aus Münnerstadt. Transparency dagegen spricht von einer Aserbaidschan-Affäre. "
Aus unserer Sicht muss die Staatsanwaltschaft prüfen, ob hinreichende Anhaltspunkte für einen Anfangsverdacht der Abgeordnetenbestechung bestehen, der strafrechtlich aufgearbeitet werden muss", fordert Edda Müller, Vorsitzende von Transparency.
Korruption und Bestechlichkeit?
Lintner war durch eine Untersuchung der Parlamentarische Versammlung des Europarates in die Kritik geraten. Darin ging es um Korruptionsvorwürfe rund um einen Bestechungsfonds des aserbaidschanischen Staatspräsidenten, der laut Medienberichten mehrere Milliarden Euro umfasste. Im April 2018 wurde Lintner vorgeworfen, dass er durch seine Lobbyarbeit zugunsten der aserbaidschanischen Regierung gegen den Verhaltenskodex für Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung verstoßen habe. Strenz wurde damals ein "anhaltender Interessenkonflikt" nachgesagt.
Beide n wurde deshalb im Juni 2018 das Recht auf Zugang zum Europarat und der Parlamentarischen Versammlung lebenslang entzogen. Die nationalen Behörden - darunter Deutschland - wurden laut Transparency aufgefordert, die Korruptionsvorwürfe weiterzuverfolgen. Am 18. Januar teilte der Bundestag mit, dass Strenz die Verhaltensregeln für Mitglieder des Bundestages verletzt habe. "Da Eduard Lintner nicht mehr Mitglied des Deutschen Bundestages ist, hat sich die Institution anscheinend nicht mit den Vorwürfen gegen seine Person beschäftigt", vermutet Transparency Deutschland.
Lintner als "Schlüssel-Lobbyist"
Lintner war 2018 in der "Tagesschau" als Aserbaidschans "Schlüssel-Lobbyist" bezeichnet worden , insgesamt erhielt er zwischen 2012 und 2014 rund 819 500 Euro aus Baku. Lintner verteidigte die Zahlung, die unter anderem für ein Büro in Berlin und Personal genutzt wurden. Gegründet worden sei die GeFdaB kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Bundestag 2009, aber: "Die Haupttätigkeit begann aber erst später."
"Wir haben entsprechend der aserbaidschanischen Wünsche politische und wirtschaftliche Kontakte geknüpft", fasst er seine Tätigkeit zusammen. Karin Strenz sei dabei die einzige Bundestagsabgeordnete gewesen. "Es gab die Idee, abgelegene Orte autonom mit Strom zu versorgen", sagt Lintner zur Berater-Tätigkeit. Im Wahlkreis von Strenz habe sich eine Delegation über Biogas und Windkraft informiert. "Da ist aber nie was draus geworden."
Eine andere Tätigkeit sei die Zusammenstellung von Delegationen zur Wahlbeobachtung in Aserbaidschan gewesen: Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben hätten sich vor Ort informiert: "Wir waren nur am Wahltag selbst dort und haben keine Unregelmäßigkeiten festgestellt", berichtet Lintner. Die Berichte hätten sich zwar an Formularen des Europarates orientiert, aber es seien keine offiziellen Missionen gewesen.
Das Engagement für Aserbaidschan hat Lintner längst beendet: "Ich war vor drei oder vier Jahren zuletzt dort." Die gegründeten Gesellschaften befänden sich in der Liquidation. Und warum hat er sich gegen den Ausschluss aus dem Europarat nicht gewehrt? "Ich bin sowieso nicht mehr dort. Das ist Unsinn, aber ich hätte deshalb extra zu Anhörungen nach Straßburg fahren müssen", sagt Lintner.
Irgendwann holt es jeden ein, der Krug geht solange zum Brunnen bis er bricht.
Ich gönne es ihm von ganzem Herzen.