Oberbach
Stoff für Film über Wildflecken
Bei der ersten Ideenwerkstatt in Oberbach wurden zahlreiche Anregungen für die Erstellung eines Kurzfilmes über Wildflecken gesammelt (mit Kommentar).
Julia Hasenstab von Frankonzept aus Würzburg präsentierte das vorliegende Grob-Konzept. "Im ersten Teil des Filmes soll es um Wildflecken als ganz normale Rhöngemeinde gehen, wir wollen weit in die Vergangenheit zurückblenden. Noch vor die militärischen Nutzung." Es gehe darum zu zeigen, dass die Gemeinde bereits vor der Errichtung des weltweit bekannten Truppenübungsplatzes bestand und sich über ganz andere Faktoren definierte.
Eingebettet in die charakteristische Landschaft der südlichen Rhön, im oberen Sinngrund, im Grenzgebiet zwischen Bayern und Hessen gelegen, punktet Wildflecken nach wie vor mit einem eindrucksvollen Naturraum. Filmische Sequenzen mit Landschaftsaufnahmen und Luftaufnahmen aus der direkten Umgebung Wildfleckens sollen diesen Pluspunkt verdeutlichen.
Entstanden ist Wildflecken wohl in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, vermutlich im Jahr 1524 im Rahmen von Rodungen im damals fürstbischöflichen Salzforst. Wie bei vielen andere Siedlungen auch, fehlte es zunächst an der offiziellen Legitimation durch den Fürstbischof, die erst 1546 nachgeholt wurde.
Wenn man so will, war Wildflecken von Beginn an eine wilde Siedlung. Im Dreißigjährigen Krieg bekam die Region unverhofft eine ganz besondere militärstrategische Bedeutung, weil das schwedische Heer ab 1634 eine günstige Ausgangsposition für das weitere Vorrücken im süddeutschen Raum sah.
Schwedenschanze, Schwedenstern und das Schwedenkreuz in Wildflecken zeugen bis heute von dieser Zeit. Doch anhand des weithin bekannten Schwedensterns wurde beim Workshop deutlich, wie schwer eine thematische Eingrenzung fällt, weil viele historisch bedeutsame Punkte gar nicht mehr direkt auf dem heutigen Gemarkungsgebiet Wildfleckens liegen.
Eine Besonderheit soll aber auf jeden Fall Bestandteil des rund zehnminütigen Kurzfilmes werden: Der Schwerspatabbau am kleinen Auersberg, der noch heute anhand des Schaustollens "Grube Marie" nachvollziehbar ist. Zu diesem Thema soll es auch Interviews mit Zeitzeugen geben.
Auch die verwaiste Bahnlinie von Jossa nach Wildflecken wird in dem Kurzfilm thematisiert. Mit der Erweiterung der Stecke bis nach Wildflecken zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahm auch der Rhöntourismus deutlich zu. Am Dammersfeld entwickelte sich ein Skitourismus von bis dato unbekannten Ausmaßen, an den sich die älteren Einheimischen bis heute gut erinnern können.
"Das Militär kommt - und prägt eine Region", lautet der Arbeitstitel des zweiten Teils innerhalb des Kurzfilms. "Es soll thematisiert werden, welche Bedeutung die Errichtung und unterschiedliche Nutzung des militärischen Geländes für die Gemeinde hatte und in ihrer Selbst- und Fremdwahrnehmung bis heute hat", erläuterte Hasenstab. "Abschließend sollen die in der Regel wirtschaftlich begründeten Befürchtungen aufgegriffen werden, die mit dem Abzug von Soldaten einhergingen. Es soll kein Film werden, in dem nur schöngefärbt wird", so Hasenstab weiter.
Nicht ganz zufällig fiel die Standortwahl der Wehrmacht für einen neuen Truppenübungsplatz auf das Dammers-feld
bei Wildflecken. Die militärische Ausbildung konnte so abseits der Ballungsräume stattfinden, in einem Gelände, das bis heute ideale Voraussetzungen für großflächige Manöverübungen bietet. Doch die Umwandlung von rund 7000 Hektar von größtenteils landwirtschaftlich genutzter Fläche in militärisches Sperrgebiet hatte Folgen: rund 2500 Rhöner verloren ihr Zuhause und wurden umgesiedelt.
Bis heute spielt diese Tatsache in den Köpfen von Nachfahren eine Rolle, wie die Gedenkveranstaltungen beweisen. Doch das Truppenlager entwickelte sich zum Wirtschaftsfaktor für die Region. Am Fuße des Kreuzbergs entstand eine Heeresmunitionsanstalt, die bis heute nicht vergessen ist. Das jetzige Oberwildflecken wird bei den Einheimischen nach wie vor nur "die Muna" genannt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg fallen Truppenübungsplatz und -lager in die Hände der US-Army. Weil in den dortigen Auffanglagern für Vertriebene bis zu 20 000 Polen eingepfercht unter menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen, wird die Durchgangsstation zu einem dunklen Kapitel Wildfleckener Geschichte.
544 Lagerbewohner sterben, darunter 428 Kinder polnischer Herkunft. Von den teilweise katastrophalen Zuständen im Auffanglager zeugt bis heute die Gedenkstätte "Polenfriedhof". Das US-Militär nutzte zunächst nur den Truppenübungsplatz, nach der Auflösung des Flüchtlingslagers aber auch alle anderen militärischen Gebäude und baute den Standort weiter aus. Bis 1994 war die Wildfleckener Gastronomie und Geschäftswelt voll auf die kaufkräftigen US-Amerikaner eingestellt. Wann sich Wildflecken von dem Abzug der "Amis" wirtschaftlich vollständig erholen wird, ist eine offene Frage, auf die noch keine Antwort gefunden wurde.
Zwar übernahm die Bundeswehr zügig die ehemalige US-Kaserne samt Truppenübungsplatz, doch im gleichen Atemzug wurde die Oberwildfleckener Kaserne komplett dichtgemacht. Im dritten Abschnitt des Kurzfilms soll es um Gegenwart und Zukunft der Gemeinde Wildflecken gehen.
"Zunächst wird untersucht, welche Folgen der Abzug des US-amerikanischen Militärs für den Ort und seine Einwohner abseits von Ängsten und Befürchtungen konkret hatte", so Hasenstab. Doch es soll auch um Zukunftsvisionen und neue Ideen gehen, die sich noch gar nicht in der Umsetzung befinden. Auch die Arbeit von Vereinen, Freizeitangebote, Feste und Feiern wie der "Wilde Sommer" sollen illustriert werden.
"Das Image Wildfleckens ist nach außen hin nicht immer das Beste. Daran müssen wir arbeiten", sagte Bürgermeister Gerd Kleinhenz (PWW), der den Blick in die Zukunft auch in dem Kurzfilm nicht vergessen möchte. Zusammen mit dem Konversionsmanagement des Landkreises Bad Kissingen, gefördert durch das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, soll der Film möglichst bis Ende des Jahres zur Veröffentlichung freigegeben werden und damit neue Impulse für Gewerbe, Tourismus und den Militärstandort geben.
"Dieser Dreiklang macht Wildflecken eben aus", ist Kleinhenz überzeugt.
Ruderer kommen rückwärts blickend zügig an ihr Ziel. Klar. Auch in der Marktgemeinde Wildflecken ist der Blick zurück wahrlich nichts Ungewöhnliches, durchaus spannend und aufschlussreich. Und doch darf man nicht verdrängen, dass es gilt, die Zukunft zu gestalten. Denn unbarmherzig ist der Lauf der Dinge. Heute ist morgen schon gestern. Die große Herausforderung Wildfleckens ist, den Ort attraktiv zu machen, besonders für Kinder, Jugendliche, Familien und junge Erwachsene. Andernfalls droht eine Fluchtbewegung in die Ballungsräume. Eine überalterte Struktur bliebe zurück. Nur wer sich wirklich wohl fühlt, bleibt.
Ein gut gemachter Kurzfilm über Wildfleckens wilde Zeiten kann durchaus zum Wohlfühlklima beitragen. Aber nur dann, wenn er keine wehmütige Rückschau wird, sondern ein Signal für die Zukunft. Denn nur für die kommenden Jahre kann Wildflecken noch selbst am Drehbuch schreiben.
Eingebettet in die charakteristische Landschaft der südlichen Rhön, im oberen Sinngrund, im Grenzgebiet zwischen Bayern und Hessen gelegen, punktet Wildflecken nach wie vor mit einem eindrucksvollen Naturraum. Filmische Sequenzen mit Landschaftsaufnahmen und Luftaufnahmen aus der direkten Umgebung Wildfleckens sollen diesen Pluspunkt verdeutlichen.
Entstanden ist Wildflecken wohl in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, vermutlich im Jahr 1524 im Rahmen von Rodungen im damals fürstbischöflichen Salzforst. Wie bei vielen andere Siedlungen auch, fehlte es zunächst an der offiziellen Legitimation durch den Fürstbischof, die erst 1546 nachgeholt wurde.
Einst eine wilde Siedlung
Wenn man so will, war Wildflecken von Beginn an eine wilde Siedlung. Im Dreißigjährigen Krieg bekam die Region unverhofft eine ganz besondere militärstrategische Bedeutung, weil das schwedische Heer ab 1634 eine günstige Ausgangsposition für das weitere Vorrücken im süddeutschen Raum sah.Schwedenschanze, Schwedenstern und das Schwedenkreuz in Wildflecken zeugen bis heute von dieser Zeit. Doch anhand des weithin bekannten Schwedensterns wurde beim Workshop deutlich, wie schwer eine thematische Eingrenzung fällt, weil viele historisch bedeutsame Punkte gar nicht mehr direkt auf dem heutigen Gemarkungsgebiet Wildfleckens liegen.
Eine Besonderheit soll aber auf jeden Fall Bestandteil des rund zehnminütigen Kurzfilmes werden: Der Schwerspatabbau am kleinen Auersberg, der noch heute anhand des Schaustollens "Grube Marie" nachvollziehbar ist. Zu diesem Thema soll es auch Interviews mit Zeitzeugen geben.
Auch die verwaiste Bahnlinie von Jossa nach Wildflecken wird in dem Kurzfilm thematisiert. Mit der Erweiterung der Stecke bis nach Wildflecken zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahm auch der Rhöntourismus deutlich zu. Am Dammersfeld entwickelte sich ein Skitourismus von bis dato unbekannten Ausmaßen, an den sich die älteren Einheimischen bis heute gut erinnern können.
"Das Militär kommt - und prägt eine Region", lautet der Arbeitstitel des zweiten Teils innerhalb des Kurzfilms. "Es soll thematisiert werden, welche Bedeutung die Errichtung und unterschiedliche Nutzung des militärischen Geländes für die Gemeinde hatte und in ihrer Selbst- und Fremdwahrnehmung bis heute hat", erläuterte Hasenstab. "Abschließend sollen die in der Regel wirtschaftlich begründeten Befürchtungen aufgegriffen werden, die mit dem Abzug von Soldaten einhergingen. Es soll kein Film werden, in dem nur schöngefärbt wird", so Hasenstab weiter.
Fernab der Ballungsräume
Nicht ganz zufällig fiel die Standortwahl der Wehrmacht für einen neuen Truppenübungsplatz auf das Dammers-feld
bei Wildflecken. Die militärische Ausbildung konnte so abseits der Ballungsräume stattfinden, in einem Gelände, das bis heute ideale Voraussetzungen für großflächige Manöverübungen bietet. Doch die Umwandlung von rund 7000 Hektar von größtenteils landwirtschaftlich genutzter Fläche in militärisches Sperrgebiet hatte Folgen: rund 2500 Rhöner verloren ihr Zuhause und wurden umgesiedelt.Bis heute spielt diese Tatsache in den Köpfen von Nachfahren eine Rolle, wie die Gedenkveranstaltungen beweisen. Doch das Truppenlager entwickelte sich zum Wirtschaftsfaktor für die Region. Am Fuße des Kreuzbergs entstand eine Heeresmunitionsanstalt, die bis heute nicht vergessen ist. Das jetzige Oberwildflecken wird bei den Einheimischen nach wie vor nur "die Muna" genannt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg fallen Truppenübungsplatz und -lager in die Hände der US-Army. Weil in den dortigen Auffanglagern für Vertriebene bis zu 20 000 Polen eingepfercht unter menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen, wird die Durchgangsstation zu einem dunklen Kapitel Wildfleckener Geschichte.
544 Lagerbewohner sterben, darunter 428 Kinder polnischer Herkunft. Von den teilweise katastrophalen Zuständen im Auffanglager zeugt bis heute die Gedenkstätte "Polenfriedhof". Das US-Militär nutzte zunächst nur den Truppenübungsplatz, nach der Auflösung des Flüchtlingslagers aber auch alle anderen militärischen Gebäude und baute den Standort weiter aus. Bis 1994 war die Wildfleckener Gastronomie und Geschäftswelt voll auf die kaufkräftigen US-Amerikaner eingestellt. Wann sich Wildflecken von dem Abzug der "Amis" wirtschaftlich vollständig erholen wird, ist eine offene Frage, auf die noch keine Antwort gefunden wurde.
Zwar übernahm die Bundeswehr zügig die ehemalige US-Kaserne samt Truppenübungsplatz, doch im gleichen Atemzug wurde die Oberwildfleckener Kaserne komplett dichtgemacht. Im dritten Abschnitt des Kurzfilms soll es um Gegenwart und Zukunft der Gemeinde Wildflecken gehen.
"Zunächst wird untersucht, welche Folgen der Abzug des US-amerikanischen Militärs für den Ort und seine Einwohner abseits von Ängsten und Befürchtungen konkret hatte", so Hasenstab. Doch es soll auch um Zukunftsvisionen und neue Ideen gehen, die sich noch gar nicht in der Umsetzung befinden. Auch die Arbeit von Vereinen, Freizeitangebote, Feste und Feiern wie der "Wilde Sommer" sollen illustriert werden.
Blick in die Zukunft
"Das Image Wildfleckens ist nach außen hin nicht immer das Beste. Daran müssen wir arbeiten", sagte Bürgermeister Gerd Kleinhenz (PWW), der den Blick in die Zukunft auch in dem Kurzfilm nicht vergessen möchte. Zusammen mit dem Konversionsmanagement des Landkreises Bad Kissingen, gefördert durch das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, soll der Film möglichst bis Ende des Jahres zur Veröffentlichung freigegeben werden und damit neue Impulse für Gewerbe, Tourismus und den Militärstandort geben.
"Dieser Dreiklang macht Wildflecken eben aus", ist Kleinhenz überzeugt.
Kommentar von Sebastian Schmitt-Mathea:
Ruderer kommen rückwärts blickend zügig an ihr Ziel. Klar. Auch in der Marktgemeinde Wildflecken ist der Blick zurück wahrlich nichts Ungewöhnliches, durchaus spannend und aufschlussreich. Und doch darf man nicht verdrängen, dass es gilt, die Zukunft zu gestalten. Denn unbarmherzig ist der Lauf der Dinge. Heute ist morgen schon gestern. Die große Herausforderung Wildfleckens ist, den Ort attraktiv zu machen, besonders für Kinder, Jugendliche, Familien und junge Erwachsene. Andernfalls droht eine Fluchtbewegung in die Ballungsräume. Eine überalterte Struktur bliebe zurück. Nur wer sich wirklich wohl fühlt, bleibt. Ein gut gemachter Kurzfilm über Wildfleckens wilde Zeiten kann durchaus zum Wohlfühlklima beitragen. Aber nur dann, wenn er keine wehmütige Rückschau wird, sondern ein Signal für die Zukunft. Denn nur für die kommenden Jahre kann Wildflecken noch selbst am Drehbuch schreiben.
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