Bad Brückenau
Stilbruch - und das mit Erfolg
LaBrassBandas musikalische Grenzüberschreitung zündet auch im Schlosspark des Staatsbades Brückenau auf Anhieb.
Barfuß und in Lederhosen . LaBrassBanda haben längst die ganz großen Festivalbühnen dieser Welt im Sturm erobert. Und das alles mit Trompete , Tuba, Posaune , E-Bass und Schlagzeug. Der internationale Erfolg kommt freilich nicht von Ungefähr: Leadsänger und Trompeter Stefan Dettl hat in seiner aktuellen Besetzung hauptsächlich studierte Musiker am Start, die er schon aus Jugendtagen kennt. Mehrere tausend Auftritte haben LaBrassBanda bereits absolviert. "Uns haben schon über eine Million Menschen live auf der Bühne gesehen", sagt der 37-jährige Frontmann strahlend vor rund 4000 Zuschauern - etliche davon allerdings Zaungäste - im Staatsbad Brückenau. "Es ist ein Privileg, dass wir als Musiker die ganze Welt bereisen dürfen. Diese Chance hat natürlich nicht jeder", schiebt der gebürtige Traunsteiner demütig hinterher. Stefan Dettl hat seiner genialen Musikalität und seinem Einfallsreichtum alles zu verdanken.
Seine Eltern waren Handwerker: Vater Josef arbeitete als Maurer, Mutter Maria als Weberin. Die Kindheit verbrachte Dettl im Dorf Grassau, das sich am Alpenrand in der Nähe des Chiemsees befindet. Trotz der dezentralen Lage gab es dort eine Musikschule, die überregional für ihre Qualität bekannt war. Dettl nahm dort ab dem elften Lebensjahr Trompetenunterricht, weil dieses Instrument aufgrund der Familientradition im Haus vorhanden war.
Doch auch wenn die Besetzung von LaBrassBanda einer klassischen Bläsercombo entspricht, ist die Formation musikalisch meilenweit davon entfernt. Journalisten auf der ganzen Welt tun sich sehr schwer damit, LaBrassBanda in eine Schublade zu stecken. Das liegt vor allem daran, dass die Bläserformation aus dem oberbayerischen Chiemgau Elemente aus unterschiedlichen Stilrichtungen clever verschmelzen lässt. Aus Imitation wird Modifikation. Aus Modifikation wird Innovation. Die Übergänge sind fließend. Mit den kuriosen rhythmischen Pattern kommt auch das staunende Publikum im Staatsbad nicht immer klar. Die Bläsertexturen wirken bisweilen urkomisch, geradezu grotesk. Besonders dann, wenn altbekannte Schlagzeugfiguren auf die Blasinstrumente einfach übertragen werden. Mühelos schaffen die Profimusiker improvisierte Tempomodifikationen und steigern sich innerhalb eines einzigen Songs locker von 100 auf 150 Schläge pro Minute.
Der Sprechgesang von Stefan Dettl im tiefsten oberbayerischen Dialekt bleibt stets prägnant, wirkt aber im stilistischen Kontext der Stücke manchmal ungewöhnlich und mit zunehmender Dauer des Konzerts angestrengt. Es ist eben kein plumper "Alpen-Rap", den der Frontsänger da zelebriert, sondern ein melodiöser Sprechgesang mit temporeicher Textdeklamation. Immer wieder werden bei LaBrassBanda Parallelen zum Ska gefunden. Aber Stefan Dettls Sprechgesang ist längst ein ganz eigenes, charakteristisches Merkmal geworden. "Versteht ihr überhaupt, was ich da sage", fragt der Leadsänger vorsichtig im Publikum nach. Selbst bei den improvisierten Geschichten zwischen den Songs tun sich die Rhöner schwer, aber sie hängen dem Frontmann an den Lippen, so dass die Message stets rüberkommt. "Wir treffen weltweit auf so viele nette Menschen. Das ist eigentlich schon komisch. Wir brauchen einfacher mehr Kultur und viel weniger Hass", fordert Dettl. "Obwohl wir so komisch ausschauen, wurden wir auf der ganzen Welt immer wohlwollend und freundlich empfangen."
Eine musikalische Zuordnung der oberbayerischen Weltenbummler von LaBrassBanda mit ihrem wahnwitzigen, zweistündigen Bühnenprogramm muss per se auch weiterhin scheitern. Assoziationen schießen dem Publikum freilich ständig durch den Kopf: Techno, Elektro, Disko, Pop, Funk, Ska , Jazz, Rock, Polka, Balkan, Volksmusik. Elemente für eine Stilkategorisierungen finden sich reichlich. Aber LaBrassBanda fühlen sich nicht durch stilübliche Regeln und Konventionen gebunden.
Obwohl die Band immer wieder klar erkennbare musikalische Bezüge herstellt, klingt der Bläsersatz von LaBrassBanda sehr speziell. Er ist im Vergleich zu anderen Blasmusik-Gruppen deutlich höher angesiedelt und hebt sich daher schon allein tonal betrachtet ab. Für den charakteristischen scharfen Klang sorgt zum Beispiel eine hohe Trompete in deutscher Bauweise, die Verwendung eines Horns für Mittelstimmen und eines Tenorhorns mit Kesselmundstück für den Bassbereich. Diese Instrumente zeichnen sich durch eine schnelle Ansprache aus und ermöglichen ein prägnantes Staccatospiel, das zumindest einen Teil der LaBrassBanda-Stücke charakterisiert. Der hohe Bläsersatz wird durch die Verwendung eines E-Basses als Fundament live unterstützt. Doch auch bei leisen Passagen wird die Virtuosität der Profis deutlich. Nur ganz selten hört man so zarte und fein akzentuierte Klänge auf einer Posaune wie bei LaBrassBanda.
Die musikalische Grenzüberschreitung ist die eigentliche Innovation der Band. Die ungewohnte Kombination bestimmter Einflüsse führt letztlich dazu, dass das Publikum zwar nicht immer genau weiß, wie es sich bewegen soll, es aber intuitiv doch tut. Und das funktioniert. Denn LaBrassBandas Musik stur und verharrend im Stehen anzuhören, wäre nur halb so witzig. Blasmusik aus den Bierzelten auf die Festival-Bühnen und in die Klubs holen, das war eines der vielen musikalischen Ziele von LaBrassBanda. "Ich war in New York und habe da die Youngblood Brass Band gesehen", sagt Bandgründer Stefan Dettl . "Die spielten mit Trompeten und Posaunen in einem Klub und 250 junge Leute tanzten da vogelwild dazu - und ich auch." Spätestens jetzt wurde dem studierten Musiker Dettl klar, dass auch er etwas anderes machen möchte, nicht mehr Orchester, keine Klassik, keine starre Struktur. Mithüpfen war von Anfang an Pflicht bei den Fans. Das ist auch im Staatsbad nicht anders. "Ein großer Dank an die Kurgäste in Bad Brückenau für so viel Verständnis", sagt der Frontmann. "Ich habe ja selbst auch mal in einer Kurkapelle gespielt."
Bei LaBrassBanda sind die bayerischen Wurzeln nicht nur im Sprechgesang hörbar. Die Formation steht grundsätzlich mit Lederhosen auf der Bühne. "Die tragen wir, weil es keine bequemere und pflegeleichtere Alternative gibt", lautet die einfache Begründung. Die Suche nach dem Pflegeleichten gilt auch für das Equipment. LaBrassBanda spielen ausschließlich auf Instrumenten, die weniger als 100 Euro gekostet haben und dafür aber mindestens 100 Jahre alt sind.
Größere Bekanntheit erreichte die Band durch ihre Tour von ihrer Heimat zum Endspiel der Fußball-Europameisterschaft 2008 in Wien. Diese absolvierten sie mit Mopeds und einem uralten Traktor mit Anhänger, auf dem sie Platzkonzerte spielten. Später sorgte die Band in einem umgebauten Feuerwehrauto als Tourbus für Furore. Immer noch unvergessen: LaBrassBanda erreichten bei der deutschen Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest im Jahr 2013 mit dem Titel "Nackert" den zweiten Platz hinter Cascada. Sie siegten dabei beim einwöchigen Radiohörer-Voting, belegten Platz zwei beim Fernsehzuschauer-Voting, erhielten aber von der Jury nur einen einzigen Punkt.
Seine Eltern waren Handwerker: Vater Josef arbeitete als Maurer, Mutter Maria als Weberin. Die Kindheit verbrachte Dettl im Dorf Grassau, das sich am Alpenrand in der Nähe des Chiemsees befindet. Trotz der dezentralen Lage gab es dort eine Musikschule, die überregional für ihre Qualität bekannt war. Dettl nahm dort ab dem elften Lebensjahr Trompetenunterricht, weil dieses Instrument aufgrund der Familientradition im Haus vorhanden war.
Doch auch wenn die Besetzung von LaBrassBanda einer klassischen Bläsercombo entspricht, ist die Formation musikalisch meilenweit davon entfernt. Journalisten auf der ganzen Welt tun sich sehr schwer damit, LaBrassBanda in eine Schublade zu stecken. Das liegt vor allem daran, dass die Bläserformation aus dem oberbayerischen Chiemgau Elemente aus unterschiedlichen Stilrichtungen clever verschmelzen lässt. Aus Imitation wird Modifikation. Aus Modifikation wird Innovation. Die Übergänge sind fließend. Mit den kuriosen rhythmischen Pattern kommt auch das staunende Publikum im Staatsbad nicht immer klar. Die Bläsertexturen wirken bisweilen urkomisch, geradezu grotesk. Besonders dann, wenn altbekannte Schlagzeugfiguren auf die Blasinstrumente einfach übertragen werden. Mühelos schaffen die Profimusiker improvisierte Tempomodifikationen und steigern sich innerhalb eines einzigen Songs locker von 100 auf 150 Schläge pro Minute.
Der Sprechgesang von Stefan Dettl im tiefsten oberbayerischen Dialekt bleibt stets prägnant, wirkt aber im stilistischen Kontext der Stücke manchmal ungewöhnlich und mit zunehmender Dauer des Konzerts angestrengt. Es ist eben kein plumper "Alpen-Rap", den der Frontsänger da zelebriert, sondern ein melodiöser Sprechgesang mit temporeicher Textdeklamation. Immer wieder werden bei LaBrassBanda Parallelen zum Ska gefunden. Aber Stefan Dettls Sprechgesang ist längst ein ganz eigenes, charakteristisches Merkmal geworden. "Versteht ihr überhaupt, was ich da sage", fragt der Leadsänger vorsichtig im Publikum nach. Selbst bei den improvisierten Geschichten zwischen den Songs tun sich die Rhöner schwer, aber sie hängen dem Frontmann an den Lippen, so dass die Message stets rüberkommt. "Wir treffen weltweit auf so viele nette Menschen. Das ist eigentlich schon komisch. Wir brauchen einfacher mehr Kultur und viel weniger Hass", fordert Dettl. "Obwohl wir so komisch ausschauen, wurden wir auf der ganzen Welt immer wohlwollend und freundlich empfangen."
Eine musikalische Zuordnung der oberbayerischen Weltenbummler von LaBrassBanda mit ihrem wahnwitzigen, zweistündigen Bühnenprogramm muss per se auch weiterhin scheitern. Assoziationen schießen dem Publikum freilich ständig durch den Kopf: Techno, Elektro, Disko, Pop, Funk, Ska , Jazz, Rock, Polka, Balkan, Volksmusik. Elemente für eine Stilkategorisierungen finden sich reichlich. Aber LaBrassBanda fühlen sich nicht durch stilübliche Regeln und Konventionen gebunden.
Obwohl die Band immer wieder klar erkennbare musikalische Bezüge herstellt, klingt der Bläsersatz von LaBrassBanda sehr speziell. Er ist im Vergleich zu anderen Blasmusik-Gruppen deutlich höher angesiedelt und hebt sich daher schon allein tonal betrachtet ab. Für den charakteristischen scharfen Klang sorgt zum Beispiel eine hohe Trompete in deutscher Bauweise, die Verwendung eines Horns für Mittelstimmen und eines Tenorhorns mit Kesselmundstück für den Bassbereich. Diese Instrumente zeichnen sich durch eine schnelle Ansprache aus und ermöglichen ein prägnantes Staccatospiel, das zumindest einen Teil der LaBrassBanda-Stücke charakterisiert. Der hohe Bläsersatz wird durch die Verwendung eines E-Basses als Fundament live unterstützt. Doch auch bei leisen Passagen wird die Virtuosität der Profis deutlich. Nur ganz selten hört man so zarte und fein akzentuierte Klänge auf einer Posaune wie bei LaBrassBanda.
Die musikalische Grenzüberschreitung ist die eigentliche Innovation der Band. Die ungewohnte Kombination bestimmter Einflüsse führt letztlich dazu, dass das Publikum zwar nicht immer genau weiß, wie es sich bewegen soll, es aber intuitiv doch tut. Und das funktioniert. Denn LaBrassBandas Musik stur und verharrend im Stehen anzuhören, wäre nur halb so witzig. Blasmusik aus den Bierzelten auf die Festival-Bühnen und in die Klubs holen, das war eines der vielen musikalischen Ziele von LaBrassBanda. "Ich war in New York und habe da die Youngblood Brass Band gesehen", sagt Bandgründer Stefan Dettl . "Die spielten mit Trompeten und Posaunen in einem Klub und 250 junge Leute tanzten da vogelwild dazu - und ich auch." Spätestens jetzt wurde dem studierten Musiker Dettl klar, dass auch er etwas anderes machen möchte, nicht mehr Orchester, keine Klassik, keine starre Struktur. Mithüpfen war von Anfang an Pflicht bei den Fans. Das ist auch im Staatsbad nicht anders. "Ein großer Dank an die Kurgäste in Bad Brückenau für so viel Verständnis", sagt der Frontmann. "Ich habe ja selbst auch mal in einer Kurkapelle gespielt."
Bei LaBrassBanda sind die bayerischen Wurzeln nicht nur im Sprechgesang hörbar. Die Formation steht grundsätzlich mit Lederhosen auf der Bühne. "Die tragen wir, weil es keine bequemere und pflegeleichtere Alternative gibt", lautet die einfache Begründung. Die Suche nach dem Pflegeleichten gilt auch für das Equipment. LaBrassBanda spielen ausschließlich auf Instrumenten, die weniger als 100 Euro gekostet haben und dafür aber mindestens 100 Jahre alt sind.
Größere Bekanntheit erreichte die Band durch ihre Tour von ihrer Heimat zum Endspiel der Fußball-Europameisterschaft 2008 in Wien. Diese absolvierten sie mit Mopeds und einem uralten Traktor mit Anhänger, auf dem sie Platzkonzerte spielten. Später sorgte die Band in einem umgebauten Feuerwehrauto als Tourbus für Furore. Immer noch unvergessen: LaBrassBanda erreichten bei der deutschen Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest im Jahr 2013 mit dem Titel "Nackert" den zweiten Platz hinter Cascada. Sie siegten dabei beim einwöchigen Radiohörer-Voting, belegten Platz zwei beim Fernsehzuschauer-Voting, erhielten aber von der Jury nur einen einzigen Punkt.
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