Zum ersten Mal hat Sabine Frank in einer der letzten Nächte "Corona Borealis" entdeckt. Die "Nördliche Krone" - ein Sternbild, das man von uns aus nur im Frühjahr am Nachthimmel erkennen kann. Und das momentan besonders gut, sagt die Chefin des Sternenpark Rhön. Klarer Himmel, keine Wolken, nirgends Kondenzstreifen von Flugzeugen - "clear skies", wie die Sternengucker sagen. Zwar darf wegen der Corona-Krise weder sie noch ein anderer Sternenführer im Moment auf Tour gehen. Dafür kann "der gemeinsame Blick in den Himmel" gerade jetzt in diesen schwierigen Zeiten Menschen miteinander verbinden.
"Wir wollen die Leute animieren, raus auf den Balkon zu gehen - oder in ihren Garten - und von da aus unseren schönen Sternenhimmel zu beobachten", sagt Sabine Frank. Seit Jahren ist sie unermüdlich im Einsatz - für den Schutz der Nacht. Im letzten Jahr hat der Sternenpark Rhön Fünfjähriges gefeiert. Im Frühjahr 2019 ist das Team endlich gewachsen: Eine Arbeitsgruppe wurde einberufen - länderübergreifend. Im bayerischen Teil des Biosphärenreservats Rhön kümmert sich seither Julia Rösch von Oberelsbach aus mit um den Sternenpark Rhön und darum, dass die Nacht wieder richtig dunkel wird.
Jeder kann die Nacht schützen
"Der Erlebnischarakter war der erste Schritt", sagt Julia Rösch. Die 38-Jährige meint damit in erster Linie die nächtlichen Sternenpark-Führungen. "Die Nacht kommt immer mehr ins Bewusstsein. Das ist wichtig: Man schützt nur das, was man kennt." Das Biosphärenreservat kennen inzwischen zahlreiche Menschen: Im vergangenen Jahr waren alle der öffentlichen Sternen-Führungen ausgebucht, erzählt Sabine Frank.
Potenzielle neue Sternenpark-Führer stehen schon in den Startlöchern. Deren Ausbildung liegt allerdings gerade auf Eis. Wann die nächsten Führungen im Sternenpark stattfinden können, steht derzeit im wahrsten Sinne in den Sternen. Umso wichtiger für die beiden Damen zu betonen, dass sich der Blick gen Himmel besonders jetzt lohnt, wo sich alles um einen herum zu überschlagen scheint.
"Der Himmel ist eine Konstante", sagt Sabine Frank. Kollegin Julia Rösch meint: "Mit dem Blick in den Himmel können wir uns miteinander verbinden. Wir können aneinander denken, wenn wir gemeinsam in den Sternenhimmel schauen." Auch wenn sich die Menschen gerade nicht persönlich treffen können: "Der Sternenhimmel verbindet über Grenzen hinweg", sagt Sabine Frank.
Alle Veranstaltungen rund um den Astronomietag am Samstag, 28. März, sind abgesagt. In den nächsten Tagen wollen sich die Koordinatoren aber etwas einfallen lassen, das den Menschen eine willkommene Ablenkung bieten kann: zum Beispiel Sterne im Sternbild zählen oder Sternenbild-Yoga.
Auf der Website des Biosphärenreservats soll es demnächst Infos geben. Das Ziel: Die Sternbilder bewusst angucken. Zumindest da, wo es etwas zu sehen gibt - und der natürliche Nachthimmel nicht von künstlichem Licht erleuchtet wird. Ein Trend, den Sabine Frank seit Jahren mit aller Macht bekämpft.
"Ich bin groß geworden mit unserem gigantischen Sternenhimmel", sagt die erklärte Retterin der Nacht. Dass der von immer mehr Beleuchtung quasi verschluckt wird, kann sie nicht ertragen. "Wir wollen die Leute eher dazu bringen, in den Nachthimmel zu gucken, statt alles anzuleuchten."
Auf ihre Initiative hin haben sich Kommunen länderübergreifend dazu verpflichtet, mit gutem Beispiel voranzugehen: Licht-Konzepte, die richtigen Straßen-Leuchten, passende Beleuchtung von Kirchen. "Die Gemeinden machen das gut", sagt Sabine Frank. Mit der Verbindung in die Landratsämter wollen die Sternenpark-Beauftragten nun auch mehr Privatleute erreichen. "Es wird ganz oft ohne Sinn beleuchtet. Wir müssen alle sorgsamer mit Licht umgehen", meint die Sternenpark-Leiterin - vor allem, wenn die Menschen mehr wollen als "Teilzeitnaturschutz".
Keine Sonnenbrillen für Tiere
"Wir sprechen nicht nur über nachtaktive Tiere, sondern auch über die, die ihre Nachtruhe brauchen", sagt Sabine Frank. "Die Nacht ist insgesamt ein Habitat. Nur mit dem Schutz der Nacht kann Insektenschutz funktionieren." Julia Rösch ergänzt: "Igel haben keine Sonnenbrille oder Rollos, mit denen sie sich vor Licht schützen wie wir."
Die Geographin meint, ein Großteil dieser Beleuchtung in privaten Gärten passiere "aus Unwissenheit heraus". Mit einer Info-Offensive wollen die Damen das Bewusstsein weiter schärfen. "Ich hoffe, dass es immer weitere Kreise zieht", sagt Julia Rösch.