Magdalena Koch aus Poppenroth bereiste zwei Jahre Lateinamerika , um über ihren beruflichen Werdegang zu entscheiden: "Ich bin gelernte Köchin und habe in München meinen Master abgeschlossen. Ich stand am Scheideweg, an dem ich überlegt habe, ob ich lieber koche oder als Berufsschullehrer mein Wissen weitergebe."
Couchsurfend durch Lateinamerika
Am Ende ihrer 25 Monaten langen Reise im Mai 2018 stand für sie fest, dass ihr Arbeitsplatz nicht hinter dem Lehrerpult, sondern hinter dem Herd ist. Allerdings verbrachte die 30-Jährige nicht nur Zeit in Küchen. "Es ist ein unglaublicher Kontinent mit riesigen und vielseitigen Ländern, klar, dass ich da auch was von der Natur erleben wollte." Den Auftakt ihrer Reise bildete die argentinische Hauptstadt Buenos Aires. "Argentinien war neben Chile eines der am meisten europäisch angehauchten Länder: Man traf dort immer wieder auf Deutsche." Ihre Nachtunterkünfte fand die 30-Jährige stets über Couchsurfing. "Das ist ein großer Vorteil, da man bei Einheimischen übernachtet, die kennen natürlich die urigen Ecken, die nicht von Touristen überlaufen sind", informiert sie. Gut 700 Nächte verbrachte sie auf diese Art für umsonst in Lateinamerika - lediglich 56 Übernachtungen musste die Rhönerin bezahlen. "Ich war fast drei Monate in jedem Land - es sei denn, es war wegen des Visums nicht möglich."
Risiko kalkulieren
Sparsam den Kontinent zu bereisen stand bei Magdalena Koch stets im Fokus: "Ich wollte ja möglichst viel erleben und nicht meine Ersparnisse auf einmal verschleudern." Von 70.220 Kilometern Gesamtstrecke legte sie 38.948 ohne Flugzeug zurück und trampte davon 11.443 Kilometer. In Chile fuhr sie häufig bei Lkws mit. "Das ist tatsächlich nicht so gefährlich. Man muss wissen, welches Risiko man eingeht, und auch mal für eine Notlüge bereit sein. Es hilft zu sagen, dass der Freund in der Stadt wartet", blickt sie zurück. Eine Strategie, um Sorgen in Poppenroth zu vermeiden, hatte die 30-Jährige auch: "Meine Familie hat Post und meine Handynummer bekommen, der Rest konnte über den Blog mit mir in Kontakt bleiben."
Ausgetretene Pfade verlassen
Auf ihren beiden Reiseblogs teilte sie den Daheimgebliebenen nicht nur ihre kulinarischen, sondern auch kulturellen Erlebnisse mit. Ein Highlight für Koch waren alte Inkaruinen in Südperu. "Auf meiner zweijährigen Reise war ich nicht in Macchu Picchu - das habe ich schon einmal gesehen, es war fürchterlich überlaufen." Über einen Insidertip erfuhr sie von Choquequirao, einer Siedlung ähnlichen Ausmaßes wie der Touristenmagnet in den Anden. "Die Ruinen sind noch nicht wirklich touristisch erschlossen. Aktuell werden dort noch immer Gebäude freigelegt. Die Stadt ist etwa genauso groß und schön wie Macchu Picchu." Ein Grund für das Schattendasein der Ruinenstadt mag sicherlich die beschwerliche Anreise sein: "Ich bin zwei Tage dort hin gewandert", blickt sie zurück.
Schock in den Bergen
Einen Schockmoment erfuhr sie in Ecuador. "Ich hatte zwei Möglichkeiten: Fahre ich auf die Galapagos-Inseln oder besteige ich einen 6000er Gipfel". Die abenteuerlustige Rhönerin entschied sich fürs Bergsteigen, denn "auf die Inseln kann ich mit 50 auch noch - einen 6000er besteigen nicht mehr". Schnell war der Entschluss gefasst und "über fünf Ecken" ein Bergführer engagiert. Doch vorher packte die 30-Jährige die Skepsis: "Ich habe zwei oder drei Tage vorher noch probehalber einen 5000er bestiegen, um zu wissen ob ich fit genug bin." Nachts um elf ging es im Juli los. "Es war tiefschwarze Nacht, es lag Schnee und die Luft wurde zunehmend dünner - anfangs habe ich jeden Schritt gezählt. Alle 25 Schritte haben wir angehalten. Auf den letzten 500 Metern gingen nur noch zwei Schritte." Erschwerend kam die Kälte hinzu: "Meine Hände sind völlig verkrampft und blau gewesen. Ich war fix und fertig in dem Moment - ich brauche die ja zum Kochen." Die Situation entschärfte schließlich der Bergführer. "Er hat dann seine Jacke aufgemacht, meine Hände unter den Achseln wieder aufgetaut und mich ermutigt, weiter zu gehen", erinnert sich die 30-Jährige noch heute eindringlich an die Nacht auf dem Berg. Den Gipfel erreichten die beiden schließlich gegen 7 Uhr morgens. "Den Weg zurück zum Basislager bin ich teilweise auf meinem Hintern gerutscht - ich war so k.o. von der Anstrengung", erinnert sie sich.
Geprägt haben sie auch Erfahrungen in sozialistischen Ländern wie Kuba und Venezuela. "Ich habe mir eine Zeitung geholt, und überall war nur Propaganda zu lesen. Beim Couchsurfen bekommt man da einen Einblick in die Leute wie das Land tatsächlich ist. Man bekommt Geschichten erzählt die nicht im Internet zu finden sind." Auch der Mangel sei dort stets erkennbar gewesen: "Es gibt keine Modernisierung oder Reparaturen. Wenn was kaputt ist, bleibt das kaputt." Auch wenn es während ihrer 763-tägigen Reise viel Licht und Schatten gab, würde sie die Tour "auf jeden Fall noch mal machen". Einen Plan für das nächste Abenteuer hat die 30-Jährige auch schon: "Ich hätte Lust mal mit der Transsibirischen Eisenbahn zu fahren."
Infobox:
Couchsurfing:
Stellt eine kostengünstige Übernachtungsmöglichkeit dar. Über eine Couchsurfing-Plattform legt sich der Nutzer ein Profil an. Auf diesem kann er sein eigenes Sofa feilbieten, um im Gegenzug auf den Sofas anderer User nächtigen zu dürfen. Ein Bewertungssystem hilft hier bei der zuverlässigen Auswahl des Couchsurfing-Partners. Das Couchsurfing fällt unter den Begriff des "social travelling": Anstelle eines typischen Touristenprogramms bekommt der Couchsurfer durch die Unterbringung bei Einheimischen Insidertips und intime Einblicke in das Leben am Urlaubsort. Im Fokus steht außerdem die Nachhaltigkeit, weil im Gegensatz zum Hotelurlaub weniger Müll produziert wird.
Bericht:
Ihre Abenteuer und Erlebnisse schildert sie in ihren beiden Reiseblogs, außerdem wurde der Verband der Köche Deutschlands auf ihre Reise aufmerksam und Magdalena Koch verfasste eine Artikelreihe über die Reise. Über ihre Erlebnisse referiert die 30-Jährige am 10. September um 20 Uhr im Kurgartencafé. Ihre kulinarischen Erlebnisse können vom 20. August bis zum 16. September im Café Kaiser im Rahmen eines südamerikanischen Monats getestet werden.