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Bad Kissingen
Statiker prüfen das Gradierwerk in Bad Kissingen
Bis Juni war der Holzbau an der Unteren Saline ganz außer Betrieb, durch Sicherungen wurde er zumindest für diese Saison begehbar gemacht. Wie es weiter geht, ist noch offen.
In den 1990er Jahren wurde der Südflügel abgerissen, Nordflügel und zentraler Technik-Turm wurden neu aufgebaut. Mäuser/Archiv       -  In den 1990er Jahren wurde der Südflügel abgerissen, Nordflügel und zentraler Technik-Turm wurden neu aufgebaut. Mäuser/Archiv
| In den 1990er Jahren wurde der Südflügel abgerissen, Nordflügel und zentraler Technik-Turm wurden neu aufgebaut. Mäuser/Archiv
Ralf Ruppert
 |  aktualisiert: 18.08.2022 02:05 Uhr

Die Salinen und das Gradierwerk zeugen von einem wichtigen Teil der Bad Kissinger Geschichte: Mehr als tausend Jahre lang wurde hier Salz gewonnen, das Gradierwerk diente dazu, die Salz-Konzentration durch Verdunstung bereits vor dem Sieden zu erhöhen. 1968 wurde die Salzgewinnung zwar in Bad Kissingen eingestellt, die Gäste schätzten die Soleinhalation allerdings so sehr, dass das Gradierwerk in Betrieb blieb. In den 1990er Jahren wurden der Turm und der Nord-Flügel erneuert, bei einer Routine-Untersuchung stellte sich im vergangenen Jahr jedoch heraus, dass zwar das Holz in gutem Zustand ist, aber die Verbindungselemente erneuert werden müssen. Experten suchen derzeit nach einer Lösung.

Das Prinzip des Gradierbaus ist einfach: Salzhaltiges Wasser wird in eine Wanne unter dem Dach gepumpt, von der aus die Sole über Schlehen-Reisig langsam nach unten rieselt. Dabei verdunstet Wasser , und die Sole wird immer mehr angereichert. Dabei gelangen auch geringe Mengen Salzteilchen in die Luft und erzeugen rund um das Gradierwerk ein Mikroklima wie am Meer. Etwa alle zehn Jahre hat die Kurgärtnerei früher die rund 400 Quadratmeter Reisig gewechselt. Wann es wieder ansteht, ist aktuell offen: "Ein Reisig-Austausch ist aktuell bei der Bayerischen Staatsbad Bad Kissingen GmbH kein Thema, da erst die Statik seitens des Staatlichen Bauamts verbessert wird", teilt Sprecherin Ines Hartmann auf Nachfrage mit.

Allerdings wurde im Winter ein Teil der Holz-Konstruktion komplett leer geräumt. "Das herausgenommene Reisig wurde von einem externen Dienstleister fachgerecht entsorgt", sagt Hartmann. Früher war das durch die mineralischen Ablagerungen steinharte Material zum Teil geschreddert und für den Wegebau genutzt worden.

Wiebke beschädigte den Holzbau

In der Nacht auf den 1. März 1990 beschädigte Orkan Wiebke das Gradierwerk so stark, dass es bis 1993 gesperrt blieb. Der Südteil des Gradierbaus wurde abgerissen, der Nordflügel wurde auf Drängen des Landesamtes für Denkmalpflege neu aufgebaut. Im Februar 1994 war Richtfest, ein Jahr später war er fertig. 1998 wurde der Wasserturm abgerissen und durch einen baugleichen Turm ersetzt. Die Kosten allein dafür beliefen sich auf 1,6 Millionen Mark.

"Jetzt haben wir im Rahmen einer Routine-Untersuchung halt mal eine Metallschraube gezogen", sagt Erwin Full vom Staatlichen Bauamt zur aktuellen Prüfung. Full war schon in den 1990er Jahren bei der Bauverwaltung und erinnert sich, dass zum Beispiel für die Verbindungsstücke extra kein Edelstahl verwendet wurde: "Der könnte plötzlich und ohne Vorwarnzeit brechen", sagt der Experte. Der verzinkte Stahl dagegen roste nach und nach unter dem Einfluss der Sole.

Vorläufige Freigabe im Juni

"Die haben einiges an Substanz verloren", beschreibt Full den Zustand der Metallteile. Ob sie trotzdem halten oder wie sie ersetzt werden, müssten nun Statiker in Abstimmung mit Materialprüfern entscheiden. "Das ist eine sehr spezielle Fragestellung", begründet er, dass sich das Staatliche Bauamt dafür Sachverstand von außen holen muss. Deshalb gibt er auch keine Prognose ab, wie lange die Prüfung dauert. Nur soviel: "Wir wollen für die nächste Saison eine dauerhafte Lösung." Bis Juni war der Gradierbau komplett geschlossen. Durch das Einziehen zusätzlicher Streben habe es immerhin eine Freigabe für die laufende Saison gegeben, berichtet Full. Eine gute Nachricht gibt es immerhin: "Das Holz hat zwar eine pelzige Schicht außen, ist im Kern aber total gesund", sagt Full. Es gehe also nur darum, wie den Winter über die Verbindungselemente erneuert werden können. Auf ein positives Gutachten der Statiker hofft auch Kurdirektorin Sylvie Thormann: "Der Gradierbau ist eine wichtige Sehenswürdigkeit in Bad Kissingen ", sagt sie, und: "Wir sind sehr daran interessiert, dass eine geeignete Lösung gefunden wird."

 
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  • R. A.
    @ lbs : so schauts aus. Diese ganzen d...studierten Nichtpraktiker schreiben nur nach Datenblättern aus und wundern sich, warum es nicht funktioniert. Das fatale ist daran, dass die Allgemeinheit einmal drunter leidet und dann auch noch für deren Unvermögen zahlen muss.
    Ich bin "nur" Handwerksmeister mit Meisterbrief und 30 Jahren Berufserfahrung und darf mich manchmal von Architekten, Planern und Fachplanern massregeln lassen. Mittlerweile schreibe ich eigene Protokolle und lasse mir das gegenzeichnen. Machen die das nicht, gibts ein Memo mit Zeugenaufnahme uund Zeitstempel. Dokumentation ist heute alles. Manchmal fangen sie danach das Denken und das HANDELN an.
    Wenn der Gradierbau sterben sollte, muss man externe Gutachter und Fachleute beibringen. Die hiesigen sind unfähig.
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  • f. p.
    Vielleicht sollten sich mal die hochbezahlten Statiker fragen lassen, warum man nicht rostende Schrauben nimmt, die dennoch rosten, Warum hat die alte Holzkonstruktion mit Holzschrauben über 100 Jahre gehalten. Man darf nur hoffen, dass es Statiker sind, die ihr Handwerk verstehen und nicht auch noch den Gradierbau schließen, damit diese Kureinrichtung, die inzwischen tausende Kissinger und Gäste wieder dahin bringt, weil sie diese Luft schätzen. Statt Statiker sollte man lieber einen guten Zimmermann nehmen, der hat dreimal mehr Ahnung als der ganze Stab dieser hochbezahlten Statiker.
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