Am Anfang stand eine Idee. Als 2009 die Stadt Hammelburg eine Lösung suchte, Stadtteile wie Morlesau , Ochsenthal und Feuerthal ans schnelle Internet anzuschließen, gab die Telekom ein Angebot über zwei Millionen Euro ab. "Das können wir billiger und schneller", sagte Stephan Dausacker, damals als technischer Betriebsleiter der Stadtwerke vor allem für das Stromnetz der Kernstadt zuständig. Also gründeten die Stadtwerke die Sparte "Hab-Net" und bauten innerhalb von drei Monaten ihr erstes Netz auf. "Wir haben mit 200 Kunden angefangen", erinnert sich Dausacker. Elf Jahre später knackt Hab-Net gerade die 5000er Marke.
Mit ihrem Engagement waren die Hammelburger Stadtwerke Vorreiter. "Einige Stadtwerke fangen jetzt erst an", berichtet Anja Binder, Geschäftsführerin der Hammelburger Stadtwerke . In der Region sei Hab-Net der einzige Internet-Provider. Entsprechend groß ist das Einzugsgebiet: Die Hammelburger Stadtwerke haben Kunden bis hinter Gemünden, im Sinngrund, sämtliche Stadtteile von Arnstein und im gesamten Landkreis Bad Kissingen. Zehn Mitarbeiter hat die Breitband-Sparte mittlerweile, die Hälfte im Büro, die anderen als Techniker.
Fünf Mitarbeiter voll ausgelastet
"Wir sind jeden Tag beschäftigt, die fünf Mitarbeiter sind voll ausgelastet", berichtet Dausacker. Das Netz werde ständig ergänzt, die Kommunen würden die Stadtwerke ständig auffordern, bei Straßen-Erneuerungen Glasfaser mit zu verlegen. Aktuell baut Hab-Net zum Beispiel in Aura: in der Siedlung mit Glasfaser, im Altort durch die Vectoring-Technik mit Kupferkabeln. "Unser Geschäft sind die kleinen Ortschaften", sagt Dausacker. Seit einigen Jahren baue Hab-Net - wie aktuell in Aura - auch immer öfter eigenwirtschaftlich aus, also ohne staatliche Förder-Programme.
Während Hab-Net 2009 in Ochsenthal oder Morlesau noch Richtfunk-Antennen aufstellte und ein WLAN-Netz vor Ort installierte, setzt Dausacker mittlerweile voll auf Glasfaser. Etliche Schulen und Gewerbebetriebe hätten mittlerweile direkt Gigabit-Glasfaser-Anschlüsse. Die Verteiler seien mit 10 Gigabit pro Sekunde erschlossen, Hab-Net selbst hat laut Dausacker einen 100-Gigabit-Anschluss direkt nach Frankfurt.
Daten-Volumen ist angestiegen
Die Spitzenlast für die eigenen Kunden beziffert der Betriebsleiter auf rund zwölf Gigabit pro Sekunde. Das habe sich auch durch Home-Office und Home-Schooling in Corona-Zeiten nicht verändert. Allerdings sei das Daten-Volumen insgesamt gestiegen: "Tagsüber haben wir mindestens 30 Prozent mehr", fasst Dausacker die Auslastung des eigenen Netzes zusammen. Offensichtlich würden tagsüber unter anderem viel mehr Videos gestreamt. Genauer kann er es jedoch nicht auswerten: "Welche Seiten genau angeklickt werden, wissen wir nicht, das unterliegt natürlich dem Datenschutz." Die beliebtesten Verträge im Privatbereich seien der 50- und der 100-Megabit-Anschluss. 30 Megabit seien die Untergrenze, wenn die Kunden auch Videos und Fernsehen übers Internet schauen. "Sonst kann es schnell ruckeln bei mehreren Personen im Haushalt." Im Herbst will Hab-Net mit einem IP-TV-Angebot sogar ganz neue Wege gehen. Auch wirtschaftlich ist Geschäftsführerin Anja Binder zufrieden mit dem jüngsten Betriebszweig: "Wir verdienen mittlerweile daran", verweist die 46-Jährige darauf, dass Hab-Net im vergangenen Jahr rund 15 Prozent zu den Umsatzerlösen der Stadtwerke beitrug. Das sei nach der Strom- und der Gasversorgung die drittgrößte Einnahmequelle.
"Das war alles Neuland für uns"
Der Start 2009 habe Mut gekostet und sei langsam gegangen. "Die Leute haben uns das vielleicht auch nicht zugetraut, viele haben uns gar nicht gekannt", berichtet Dausacker. Der 61-Jährige ist eigentlich Elektromeister und musste sich in viele Bereiche auch selbst erst einarbeiten. "Das war alles Neuland für uns, wir mussten Pionierarbeit leisten", sagt er heute. Mittlerweile läuft es besser: Im vergangenen Jahr wuchs die Zahl der Kunden um mehr als zwölf Prozent auf 4698, der Umsatzerlös stieg sogar um rund 19 Prozent. Und im ersten Halbjahr 2020 wechselten bereits 297 Kunden . Ende Juni hatte Hab-Net also 4995 Kunden , in diesen Tagen wird die 5000er Marke übersprungen. Selbst einer der vier Auszubildenden der Stadtwerke ist bei Hab-Net eingestellt: Fabian Gröber aus Elfershausen ist im ersten Jahr seiner Ausbildung zum IT-System-Kaufmann.
Damit haben die Stadtwerke mittlerweile deutlich mehr Breitband- als Stromkunden : Die Tochtergesellschaft der Stadt betreibt lediglich das Stromnetz der Kernstadt, für die Stadtteile gibt es seit jeher Konzessionsverträge mit großen Netzbetreibern. Deshalb haben die Stadtwerke aktuell "nur" 3965 Strom-Kunden. Allerdings gebe es auch hier einen positiven Trend, weil die Stadtwerke auch elektrische Energie außerhalb der Kernstadt verkaufen dürfen. "Wir bewerben das nicht aktiv, aber durch Hab-Net nehmen uns viele als zuverlässigen Dienstleister war", berichtet Geschäftsführerin Anja Binder.