
Vorträge, Ausstellungen, Bildungsangebote: Alles das will das neue Naturerlebniszentrum (NEZ) Rhön in Hammelburg etablieren. Dafür braucht es langfristig Platz: Der aktuelle Sitzungssaal des Stadtrates und Teile der Stadt-Bibliothek sind fest eingeplant. Die große Frage ist deshalb: Wann zieht die Stadt aus dem Roten Schloss aus? "Wir freuen uns auf die gute Nachnutzung, wenn wir hier rausgehen", betonte der Hammelburger Bürgermeister Armin Warmuth bei der offiziellen Eröffnung. Zudem kündigte er eine enge Zusammenarbeit an. Zur Not werde er den Sitzungssaal schon freigeben, bevor das neue Bürgerhaus fertig ist. "Dann gehen wir eben in die Markthalle oder stellen ein Zelt auf dem Marktplatz auf", sagte Warmuth.
Der Stadt brennt also der Umbau des ehemaligen Kaufhauses zum Bürgerhaus auf den Nägeln: Seit Jahren wird geplant, ein Bürgerentscheid dagegen verzögerte das Verfahren, seit 24. April liegt nun zwar die Baugenehmigung vor, allerdings gibt es dagegen eine Klage des benachbarten Ehepaars Sieglinde und Heribert Schilling (wir berichteten). Warmuth zeigt sich davon auf Nachfrage unbeeindruckt: "Die Baugenehmigung wurde vom Landratsamt Bad Kissingen eingehend geprüft und genehmigt. Die Klage dazu wird im Eilverfahren behandelt. Deshalb gehen wir davon aus, dass zügig eine Entscheidung darüber fällt, ob sie zugelassen wird", fasst er die Sachlage zusammen.
Bereits im Bescheid des Landratsamtes heißt es, dass Klagen keine aufschiebende Wirkung haben. Das sieht auch die Stadt so: "Damit es zu keinen weiteren Verzögerungen zum ursprünglichen Zeitplan kommen wird, müssen die Planungsarbeiten weiterlaufen", kommentiert Warmuth das weitere Vorgehen. Im Herbst sollen laut Stadt Demontagearbeiten im Inneren stattfinden. "Die weiteren Abbrucharbeiten sind dann für Frühjahr 2021 vorgesehen. In diesem Zusammenhang wird auch die Erneuerung von Entwässerungsleitungen im Umgriff des ehemaligen Kaufhauses erfolgen", teilt Warmuth außerdem mit.
Das NEZ kann also mit weiteren Räumen für seine Angebote für Öffentlichkeit, Schulen, Kommunen und Fachpublikum planen. "Das NEZ fügt sich in die bestehende Bildungslandschaft des Biosphärenreservates Rhön ein, indem es eine Lücke im südlichen Erweiterungsgebiet schließt. Zugleich setzt es aber mit dem Standort Hammelburg , der Jugendliche und junge Erwachsene für Nachhaltigkeit begeistern soll, und durch die Kooperation mit dem Wildpark Klaushof in Bad Kissingen innovative Akzente", sagt Schneider, und: "Ich freue mich, diese mitgestalten zu können."
Auch Felix Papsch freut sich auf "die Etablierung eines neuen Standorts", in dem didaktische Kompetenzen gebündelt, vernetzt sowie neue Erkenntnisse mit unterschiedlichen Kooperationspartnern gewonnen werden könnten. Papsch spricht außerdem von einer "spannenden und sehr vielversprechenden Bereicherung für die gesamte Region". In den Angeboten für Schulen und Bildungseinrichtungen sollten "das Naturerleben im Freiland und die Nutzung digitaler Werkzeuge sinnvoll Hand in Hand gehen", kündigt Papsch an.
Eigentlich war bereits für Mai mit dem Senckenberg-Museum Görlitz und der Stadtbibliothek Hammelburg die Veranstaltungsreihe "Abenteuer Bodenleben - Werkstatt des Naturerlebniszentrums Rhön" geplant. Wegen der Corona-Pandemie wurde sie jedoch vorerst auf Herbst 2020 verschoben.
Der Bad Kissinger OB Dirk Vogel bezeichnete den Aufbau des NEZ in Bad Kissingen und Hammelburg als Beispiel für "modernes staatliches Handeln", weil dadurch Kommunen und Regionen vernetzt würden. Landrat Thomas Bold freute sich über die Belebung des Roten Schlosses, das einst sogar als Landratsamt diente. Er lobte die Kombination aus dem Erleben der Tiere im Klaushof und die Einbeziehung des Saaletals als geologisch und klimatisch ganz anderen Raum in die Bildungsarbeit der Rhön. "Wir haben hier noch einiges vor", kündigte der Hammelburger Bürgermeister Armin Warmuth an, dass die Stadt eng mit dem NEZ zusammenarbeiten werde. Für die neuen Büros sind das Kulturamt und Teile des Archivs umgezogen, laut Warmuth könnten kurzfristig weitere Räume zur Verfügung gestellt werden.
Rund um das Naturerlebniszentrum Rhön
Leiter Der neue Leiter Dr. Joachim Schneider (46) hat in Würzburg Chemie und Biologie auf Lehramt studiert und ist promovierter Pädagoge mit Erfahrung in der Umweltbildung und im Biosphärenreservat Rhön : Nach rund zehn Jahren in der kirchlichen Bildungsarbeit wechselte er 2011 nach Oberelsbach und baute dort ab 2012 die neue Umweltbildungsstätte mit 72 Betten und rund 500 Bildungsmodulen im Jahr mit auf.
Koordination Felix Papsch (33) koordiniert die wissenschaftlichen Arbeit des NEZ. Der Gymnasiallehrer für Biologie , Politik und Wirtschaft stammt aus Nordhessen, hat in Kassel studiert, zog aber bereits vor zwei Jahren aus privaten Gründen nach Hammelburg . Sein Referendariat absolvierte er in Fulda.
Projektmanagerin Lisa Graskamp (25) aus Ebenhausen kehrte nach ihrem Bachelor-Studiengang Biologie und dem Master-Studiengang Zoologie in Dresden und Rostock im Februar 2019 nach Unterfranken zurück. Sie hat in den vergangenen Monaten ihre Kollegen auf den aktuellen Stand gebracht und betreut vor allem Projekte wie das neue Konzept des NEZ.
Projekte Ein Ziel des NEZ ist die Nutzung von Computer und Smartphone in der Umweltbildung. Dazu wurde bereits eine digitale Schnitzeljagd in der App "Actionbound" erstellt. Im Mittelpunkt stehen dabei die 17 Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung . Es werde zum Beispiel der Wasserverbrauch im Haushalt, Mikro-Plastik in Produkten oder das Thema Geschlechtergerechtigkeit thematisiert: Etwa wenn Körperpflege-Produkte für Frauen teurer als für Männer sind. Eine Anleitung und den QR-Code zur Version des NEZ gibt es online . Außerdem spielten die NEZ-Mitarbeiter mit Gymnasiasten das Computerspiel "Eco", in dem kooperativ eine nachhaltige Gesellschaft aufgebaut werden soll. "Das war alles sehr spontan, wir haben das Ziel am Ende nicht erreicht, aber wir haben viel gelernt dabei", zieht Schneider Bilanz.
Kontakt Das Naturerlebniszentrum in Hammelburg ist entweder zu erreichen per Mail an NEZ-Rhoen@reg-ufr.bayern.de oder als Außenstelle der Regierung , und zwar über die Würzburger Telefonnummer 0931/380 16 40.