zurück
Bad Kissingen
Stadt Bad Kissingen zeigt bei der Eishalle scharfe Kante
Die Kommune hatte die Eishalle 2017 an osteuropäische Investoren verkauft. Nach Streitigkeiten mit dem Eishockey-Verein "Kissinger Wölfe" ist diese seit März 2019 dicht. Jetzt klagt die Stadt, um den Schandfleck zurückerwerben zu können. Aber warum gerade jetzt?
Die Stadt Bad Kissingen hat Klage eingereicht, um über einen Wiederkauf bei der Eissporthalle das Heft des Handelns zurückgewinnen zu können. Foto: Archiv/Jürgen Schmitt       -  Die Stadt Bad Kissingen hat Klage eingereicht, um über einen Wiederkauf bei der Eissporthalle das Heft des Handelns zurückgewinnen zu können. Foto: Archiv/Jürgen Schmitt
| Die Stadt Bad Kissingen hat Klage eingereicht, um über einen Wiederkauf bei der Eissporthalle das Heft des Handelns zurückgewinnen zu können. Foto: Archiv/Jürgen Schmitt
Steffen Standke
 |  aktualisiert: 17.08.2022 02:46 Uhr

Dass Politiker viel versprechen, ist normal. Ob sie es halten, steht auf einem anderen Blatt. Dirk Vogel hatte sich als SPD-Kandidat im Wahlkampf für das Amt des Bad Kissinger Oberbürgermeisters vorgenommen, die seit zweieinhalb Jahren leerstehende Eissporthalle in städtischen Besitz zurückzuholen. Jetzt macht er offensichtlich sein Versprechen wahr.

"Wir haben heute mit dem Einreichen einer Klage beim Landgericht Schweinfurt die notwendigen rechtlichen Schritte eingeleitet, damit wir in Bad Kissingen es in der Hand haben, wie es an unserem E-Werk weitergehen soll", hatte Vogel bereits vor dem Wochenende in einer Pressemitteilung geschrieben. "Es wurden keinerlei Vorbereitung oder Anstalten für eine Wiederaufnahme des Betriebes der Eissporthalle unternommen", ergänzt der OB im Gespräch mit dieser Redaktion.

Die Situation um die Eishalle ist wahrlich vertrackt: Im Juli 2017 verkaufte die Stadt Bad Kissingen eine Fläche von 5500 Quadratmetern mit der Halle samt Zubehör für wahrscheinlich 230 000 Euro an zwei ausländische Investoren . Inzwischen gehört die Immobilie nur noch einem von ihnen - Alexander Kondrashov.

Die Erwerber verpflichteten sich im Kaufvertrag , den Grundbesitz bis zum Ablauf des 31. Dezember 2037 ausschließlich zum Betrieb mindestens einer Eishalle samt Gaststätte zu nutzen und zu unterhalten. Ein Wiederkaufsrecht könne die Stadt ausüben "wenn der Erwerber die Eissporthalle länger als ein Jahr nicht betreibt".

Oberbürgermeister: "Der damaligen Konstruktion wird nicht nachgekommen."

Diese Situation sieht der OB nun eingetreten. "Grundlage des Verkaufs war eine Vertragskonstruktion, die es gewährleisten sollte, dass die Eissporthalle saniert, aufgewertet und der Öffentlichkeit zum Eislaufen zur Verfügung gestellt wird", heißt es in der Pressemitteilung. Dem wurde aber offenkundig zuletzt am 8. März 2019 entsprochen. Da absolvierte der EC Bad Kissingen , der mit seinem Bayernliga-Team und den Jugendmannschaften Hauptmieter der Halle war - sein letztes Liga-Heimspiel gegen Miesbach.

Im Sommer desselben Jahres kündigte der inzwischen abgewickelte Eishockey-Verein den Mietvertrag einseitig. Begründung: Der Besitzer würde seinen Verpflichtungen nur ungenügend nachkommen. Dieser schloss - nach andauerndem Streit - die Eissporthalle . Seitdem dürfen auch alle anderen bisherigen Nutzer nicht mehr hinein.

Für OB Vogel bedeutet das: "Der damaligen Konstruktion wird nicht nachgekommen." Denn seit März 2019 bis heute hat der vertraglich vereinbarte Eishallenbetrieb nicht stattgefunden. Deswegen greife nun das städtische Wiederkaufsrecht.

Im Kaufvertrag steht, dass dieses Recht nicht besteht, "sofern der Betrieb der Eissporthalle aufgrund von Umbau- und Instandhaltungsarbeiten beziehungsweise aufgrund von höherer Gewalt ausgesetzt ist". Der Besitzer hatte auch zwischenzeitlich Renovierungsarbeiten angemeldet (deren Ausführung sich kaum nachprüfen lässt, weil ja kein Außenstehender in die Halle darf). Und im September 2020 teilte die Betreibergesellschaft der Stadt mit, dass die Eishalle auch in der Saison 2020/21 wegen der Corona-Pandemie nicht wieder geöffnet werden kann.

Dirk Vogel will diese Gründe nicht gelten lassen. "Eine Eishalle kann man auch trotz Corona aufmachen, genauso, wie man es mit einem Stadion tut." Ob ein Gericht dieser Argumentation folgt, kann der OB freilich nicht vorhersagen. Er habe aber die Klage "rechtssicher prüfen lassen". Da sei auch berücksichtigt worden, dass sich die Gegenseite auf das Argument Corona zurückzieht. "Wir hätten die Klage nicht eingereicht, wenn sie chancenlos wäre." Vor Gericht müssten beide Seiten Nachweise vorlegen.

Warum entschließt sich die Stadt erst zweieinhalb Jahre nach der Eishallen-Schließung zu klagen? Hätte sie das nicht früher tun können, tun sollen? "Aus unserer Sicht ist das der richtige Zeitpunkt", sagt Vogel. Noch vor wenigen Monaten habe eine ganz andere Situation geherrscht. Während des Corona-Lockdowns seien so gut wie alle Sportstätten geschlossen gewesen, sogar der an die Eishalle anschließende Hans-Weiß-Sportpark.

Als erstes Etappenziel nennt Dirk Vogel nun: "Zu einem vertretbaren Preis das Areal und das Gebäude wieder zu erwerben, um überhaupt gestaltungsfähig zu sein." Denn die leerstehende Immobilie blockiere die gesamte Entwicklung rund um den Hans-Weiß-Sportpark. "Ich will nicht die nächsten Jahre da zugucken, sondern die Sache klären. Hop oder Top."

Ideal wäre für den OB wieder ein Eishallenbetrieb. Ob das funktioniere, "kann ich heute nicht versprechen." Das hänge vom technischen Zustand, vom ermittelten Preis des Gutachters und vor allem dem Willen der ganzen Region, ein solches Projekt zu stemmen, ab. "Die Stadt allein kann es nicht."

Kleine und große Lösung

Der Oberbürgermeister skizziert zwei Grundideen. Die erste ist die einer "Bürgereishalle". Um den Betrieb dort wieder für ein paar Jahre flott zu bekommen, brauche es sicher eine gewisse Investition, aber auch viele helfende Hände. Oder man denkt in größeren Dimensionen - auf nationaler oder gar europäischer Ebene.

Vogel berichtet von "Gesprächen mit Personen aus dem echten Eishockey-Umfeld seit dem vergangenen Jahr". Offensichtlich bestehe großer Bedarf nach bezahlten Trainingszeiten von auswärtigen Teams - allerdings außerhalb der üblichen Eislaufsaison, also im April und Mai. Um die Eishalle und deren Technik dafür energetisch aufzurüsten, wäre eine große Investition nötig. Ohne öffentliche oder privatwirtschaftliche Partner werde das schwierig.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Kissingen
Ausländer
Covid-19-Pandemie
Eishockey-Vereine
Eissporthallen
Finanzinvestoren und Anleger
Grund und Boden
Kaufverträge und Kaufvertragsrecht
Landgericht Schweinfurt
Mietverträge
Stadt Bad Kissingen
Städte
Öffentlichkeit
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • mfppkg@t-online.de
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Funkenstern
    Ein bescheidener Kommentar. Was hat die Eishalle mit dem Orchester zu tun und vor allem: der neue OB unternimmt nun endlich etwas, wo der verschlissene kläglichst versagt hat.
    Ich hoffe auf spannende jahre in Kissingen, denn so wie es gewesen ist, hat es auch kein Mensch weder gebraucht noch verdient. Der Fehler wurde ja schon ausgiebig diskutiert, jetzt gilt es, mit dem entsprechenden, auch politischen Willen, dies zu korrigieren. Im Sinne der Bürger, der Sportlichen Nutzer und der Allgemeinheit. Ich denke, die Erkenntnis mit städtischem Equipment nun sorgsamer umzugehen, wurde erkannt. An der Eule wurde die erste Aktion schon durchgezogen, es kann also Hoffnung bestehen. Dem Hr. Kondrashov als "Investor" muss man seine Verfehlungen so präsentieren, dass er sich hier verzieht. Leider werden den die paar Euro nicht jucken und er kann die Stadt am langen Arm versauern lassen. Leider spielt unsere Rechtsprechung derartigen Konsorten voll in die Hände. Allein das ist schon traurig genug.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • dbuettner0815@gmail.com
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Funkenstern
    Der Kommentar, auf den Sie sich beziehen, wurde gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • dbuettner0815@gmail.com
    Der Vogel streitet wohl gerne. Mit seinem Orchester, jetzt wegen der Eishalle ...
    Das werden noch spannende Jahre!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten