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BAD KISSINGEN
Staatsbad GmbH zieht vor Arbeitsgericht
In der Staatsbad GmbH gibt es erneut interne Auseinandersetzungen. Die Geschäftsführung will die Wahl der Schwerbehindertenvertretung für nichtig erklären lassen.
Foto: Siegfried Farkas | In der Staatsbad GmbH gibt es erneut interne Auseinandersetzungen. Die Geschäftsführung will die Wahl der Schwerbehindertenvertretung für nichtig erklären lassen.
Siegfried Farkas
Siegfried Farkas
 |  aktualisiert: 11.12.2019 10:13 Uhr

Bei der Staatsbad GmbH gibt es erneut interne Auseinandersetzungen. Die Geschäftsführung klagt gegen die Wahl der Schwerbehindertenvertretung.

Streit hatte es bereits rund um das vorläufige Ende der Vertretung von Arbeitnehmerinteressen durch einen Betriebsrat gegeben. Wie berichtet, fand sich zum Ablauf der Amtszeit des alten niemand mehr bereit, für die Wahl eines neuen Betriebsrats zu kandidieren. Auch Herbert Loose, der bisherige Betriebsratsvorsitzende, trat nicht mehr an.

Ehefrau als Stellvertreterin

Als im Mai vorzeitig, etwa ein halbes Jahr vor dem regulären Termin, eine neue Vertretung für die Schwerbehinderten im Unternehmen gewählt werden sollte, ergab sich eine ähnliche Situation. Niemand war bereit, sich wählen zu lassen. Niemand, außer Herbert Loose, der von den Schwerbehinderten dann auch tatsächlich mit der Aufgabe betraut wurde. Als Stellvertreterin fungiert Looses Frau. Nach Gewerkschaftsangaben gab zwischen ihr und einem Kollegen bei Stimmengleichheit ein Losentscheid den Ausschlag.

Gegen diese Wahl geht die Geschäftsführung der Staatsbad GmbH gerichtlich vor. Wie das Unternehmen auf Anfrage erklärte, entsprach aus seiner Sicht „die Wahl nicht den gesetzlichen Vorgaben“. Nach Auffassung der Geschäftsführung sei „gegen Bestimmungen über das Wahlrecht und das Wahlverfahren“ verstoßen worden.

Objektiv prüfen lassen

Die Wahlanfechtung solle sicherstellen, „dass eine Recht und Gesetz entsprechende Schwerbehindertenvertretung in unserem Unternehmen besteht“. „Objektiv“ überprüfen lasse sich das nur mit einem gerichtlichen Verfahren, schreibt die Staatsbad GmbH auf Fragen dieser Redaktion.

Nach Bekanntwerden der Wahlanfechtung entwickelte sich intern ein schriftlicher Schlagabtausch. Loose hielt in einem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, der Geschäftsführung vor, die Aktion richte sich unter anderem gegen ihn als Person. „Augenscheinlich“ gehe es aber auch darum, „eine engagierte und starke Schwerbehindertenvertretung zu verhindern“. Da „Mitarbeiter mit Schwerbehinderteneigenschaft für die Personalplanung wohl 'eher als Bremse' gesehen“ würden, solle wohl auch eine Schwerbehindertenvertretung noch verhindert werden.

Geschäftsführung spricht von Stimmungsmache

Die Geschäftsführung bezeichnete dieses Schreiben in einer internen Antwort, die der Redaktion ebenfalls vorliegt, als „reine Stimmungsmache und den gezielten Versuch, uns zu diskreditieren“. Der Behauptung, „wonach Mitarbeiter mit Schwerbehinderteneigenschaft für die Personalplanung als Bremse gesehen würden und eine Schwerbehindertenvertretung verhindern werden soll“, trete die Geschäftsführung „mit aller Schärfe“ entgegen. Das Gegenteil sei der Fall.

„Ich kann da nur noch den Kopf schütteln“, sagt Sinan Öztürk, der Bezirksgeschäftsführer der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zum Verhalten der Staatsbad GmbH. Aus seiner Sicht deute viel darauf hin, dass es sich da um einen „persönlichen Feldzug“ handle. Loose habe das Vertrauen der Schwerbehinderten ausgesprochen bekommen. Da könne es doch nicht sein, dass das Unternehmen sage, „die Person passt uns nicht, deshalb möchten wir die Wahl für nichtig erklären lassen“.

Besonderheit in der Region

Er habe zudem den Eindruck, dass es auch darum gehe, eine „komplette betriebliche Interessenvertretung aus dem Betrieb rauszukriegen“. Und so etwas, so der Verdi-Bezirksgeschäftsführer, sei schon „eine Besonderheit in der Region“.

Die Staatsbad GmbH weist den Verdacht, in der Auseinandersetzung gehe es auch um persönliche Dinge, auf Anfrage von sich. Man würde die kritisierte Wahl auch in Frage stellen, wenn jemand anderes gewählt worden wäre als der frühere Betriebsratsvorsitzende. „Die sorgfältige und fehlerfreie Durchführung einer jeden allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl“ sei ein „Grundpfeiler unserer gesetzlichen Ordnung“.

Mindestens fünf Schwerbehinderte nötig

Schwerbehindertenvertretungen sind in einem Unternehmen nicht immer und automatisch möglich. Voraussetzung ist nach den gesetzlichen Vorgaben, dass in dem Betrieb mindestens fünf Schwerbehinderte nicht nur vorübergehend beschäftigt sind. Es gibt Kräfte in der Staatsbad GmbH, die annehmen, dass diese Zahl in absehbarer Zeit im Unternehmen unterschritten wird. Sollte die vorzeitige Wahl für nichtig erklärt werden, so die Befürchtung, könne ein erneuter Anlauf vielleicht schon an der Grenze scheitern.

Die Staatsbad GmbH wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern, ob die nötige Zahl in absehbarer Zeit unterschritten werde. Dazu könne man „aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Angaben“ machen, hieß es.

Hat der Wechsel einen Einfluss?

In der Geschäftsführung der Staatsbad GmbH steht, wie berichtet, ein Wechsel an. Kurdirektor Frank Oette verlässt das Unternehmen aus persönlichen Gründen. Nachfolgerin Sylvie Thormann tritt Anfang Juli an. Ob das Einfluss auf die Auseinandersetzung hat, mochte die Staatsbad GmbH jetzt nicht beantworten. Diese Frage stelle sich angesichts des laufenden Gerichtsverfahrens im Moment nicht. Zumindest Sinan Öztürk sagt aber, „es wäre mehr als wünschenswert, wenn es mit der Kurdirektorin einen Neuanfang gäbe“.

Die angegriffene Schwerbehindertenvertretung bleibt zunächst im Amt. Bis zur „endgültigen gerichtlichen Entscheidung“, erklärte die Geschäftsführung wolle sie „positiv und konstruktiv“ mit ihr zusammenarbeiten.

 
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