Man muss ja nur zum Fenster hinausschauen: Die allgemeine Stimmung geht im Moment in den Sinkflug über. Der Wonnemond wich den Winterstürmen. Die Bäume verlieren ihr Laub, der Regen kennt kaum noch Pausen. Trübsal blasen ist angesagt.
Da kommt eine Veranstaltung gerade recht, die die Stimmung schnell und nachhaltig aufheitern kann: das „Tonkünstlerfest bei Ludwig I. “ am Sonntag, 5. November 2023, im Kursaalgebäude des Staatsbades. Die Besucher erwartet zwischen 17 und 21.45 Uhr ein dicht gepacktes, höchst kurzweiliges Musikprogramm.
45 Minuten je Konzert
Fünf Konzerte in vierdreiviertel Stunden – das klingt nach viel, und das ist es im Grunde ja auch. Aber abschrecken lassen muss und sollte man sich nicht, denn diese fünf Konzerte dauern jedes nur eine Dreiviertelstunde mit viertelstündigen Pausen, in denen man in aller Ruhe zwischen dem König-Ludwig-I.-Saal und dem Lola-Montez-Saal hin und her wechseln oder die Verpflegungsstation ansteuern kann.
Und falls man doch ein Konzert ausfallen lassen will, ist das auch nicht so schlimm. Der Preis für eine Gesamtkarte ist so gering, dass man dann zwar von einem künstlerischen, aber nicht von einem wirtschaftlichen Verlust sprechen kann.
Ausgesprochen abwechslungsreich
Freilich lockt das Programm zum Durchhalten – und macht es auch möglich –, weil es ausgesprochen abwechslungsreich ist, weil ständig Neues geboten wird, bevor die Langeweile auch nur eine Chance hat; sozusagen ein musikalisches Fünf-Gänge-Menü.
Den Auftakt macht um 17 Uhr der Brückenauer „Lokalmatador“, der Gitarrist Siegbert Remberger, der mit der schottischen Flötistin Angela Stone – sie ist stellvertretende Soloflötistin beim Brabants Orkest in Eindhoven – Werke von Mauro Giuliani , Willy Burkhard und die berühmte „Histoire du Tango“ von Astor Piazzolla spielt.
Band aus Bad Neustadt
Das Konzert um 18 Uhr ist der erste große stilistische Sprung. Die Bad Neustädter vierköpfige Band „Tilmann“ um den Sänger , Pianisten und Gitarristen Tilman Kerber reist in die Regionen von Indie, Pop und Jazz .
Um 19 Uhr wird’s wieder klassisch: Das „Würzburger Klaviertrio “ mit Carla Maria Cording (Klavier), Katharina Cording (Violine) und Peer-Christoph Pulc (Violoncello) spielt das Klaviertrio op. 11 von Fanny Mendelssohn und, mit der Geigerin Sinn Yang, das Klavierquartett op. 4 des deutsch-israelischen Komponisten Paul Ben Haim (1897 – 1984).
Jazz mit Langenbucher
Einen Sprung zurück in den Jazz bedeutet das Konzert um 20.15 Uhr. „Ins Jetzt“ hat die Saxophonistin und Komponistin Julia Langenbucher ihr Programm überschrieben, mit dem sie mit ihrem Quintett in den König-Ludwig-I.-Saal kommt, mit Vera Krumgant (Gesang), Victoria Pohl (Klavier), Thomas Eilingsfeld (Bass) und Maximilian Autsch (Schlagzeug) macht sie eine Musik, die abseits der stilistischen Grenzen ihr Publikum einfängt.
Schmetterlinge und andere Paradiesvögel
Den Schlusspunkt setzt um 21.15 Uhr der Pianist Steffen Zeller mit einem Soloprogramm, in dem es um Tiere geht: „Schmetterlinge und andere Paradiesvögel“ ist es überschrieben, und man staunt, wer so alles Schmetterlinge vertont hat. Das reicht von Couperin über Massenet, Pessard und Dubois bis zu Sibelius und Martinu. Da erklingen Klangmalereien, die jeden Anflug von Müdigkeit vertreiben.
Steffen Zeller, ein Brückenauer
Veranstalter des Konzerts ist der Unterfränkische Tonkünstlerverband in Würzburg. Dass er sich für den Konzertstandort Bad Brückenau entschied, ist kein Zufall. Denn Steffen Zeller, der Vorsitzende und Organisator des Tonkünstlerfestes, ist Brückenauer und kennt die Verhältnisse und räumlichen Möglichkeiten.
Und er konnte Zuschussmittel aus dem Förderpaket „Freie Kunst“ schöpfen, den das Bayerische Kultusministerium den Tonkünstlerverbänden im Land zur Verfügung stellt, um den Kulturbetrieb im Lande wieder in Gang zu setzen. Von den insgesamt 850.000 Euro – der Betrag war heuer so hoch, weil letztes Jahr nichts ausgeschüttet werden konnte – ging fast ein Drittel an die Würzburger, die damit das Programm „Tonkünstler Live Special“ auflegen und damit mehrere Veranstaltungen gut subventionieren konnte.
Junge Leute aus der Umgebung
Bei der Auswahl der Musiker setzte Steffen Zeller auf junge Leute aus der Umgebung (bis Würzburg), um den Gedanken der Förderung ins Spiel bringen zu können, der Zuschüsse lockerer macht. Andererseits ist für ihn klar, dass ein Verzicht auf einen erprobten Profi bei einem solchen Mini-Festival wie ein Verschenken von Ressourcen wäre.
Und dass er als gelernter Pianist selbst auftritt? Erstens will er sich das Vergnügen gönnen und dabei zweitens eine Gage einsparen.
Übrigens: Ein „Tonkünstlerfest“ hat in Bad Brückenau bisher noch nicht stattgefunden, obwohl diese Veranstaltungen schon im letzten Jahrhundert in Deutschland landauf landab gefeiert wurden. Es wurde also Zeit.
Und Steffen Zeller hat den Namen auch gewählt, weil seine konservative Aura eine beruhigende Wirkung auf die Zuschussgeber haben kann. Vielleicht gibt es ja nächstes Jahr wieder ein „Tonkünstlerfest bei Ludwig I.“.
Karten können vorbestellt werden unter info@tkv-wuerzburg.de und liegen an der Abendkasse bereit.
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