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Bad Kissingen
Staatsbad Bad Kissingen in der Kritik
Das Unternehmen steht bei Mitarbeitern und Gewerkschaftern in der Kritik: Ungerechte Löhne, interne Reformen und Abmahnungen drücken das Betriebsklima.
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Benedikt Borst
 |  aktualisiert: 19.08.2022 14:50 Uhr
Viele Überstunden, ein hoher Krankenstand und eine große Fluktuation. Derzeit ist einiges an Kritik an der Staatsbad GmbH zu hören. "Man merkt, dass die Stimmung ziemlich angeschlagen ist", berichtet eine ehemalige Mitarbeiterin, die nach kurzer Zeit ihre Tätigkeit wieder gekündigt hatte. "Für mich war das die richtige Entscheidung", sagt sie. Aus Angst vor disziplinarischen Konsequenzen beziehen auf Nachfrage allerdings keine Mitarbeiter öffentlich Stellung. Auch Ehemalige wollen sich wenn, dann nur anonym äußern. Aus den Gesprächen geht allerdings hervor, dass das Betriebsklima angespannt ist und Mitarbeiter verunsichert sind. Der Betriebsratsvorsitzende Herbert Loose möchte sich aus der geforderten Loyalität dem Unternehmen gegenüber nicht äußern.


Gleiche Arbeit, weniger Geld

Ein Grund für den Frust ist das Thema Bezahlung und Lohngerechtigkeit: Auf der einen Seite gibt es Altbeschäftigte mit Arbeitsverträgen aus der Ära bevor die staatliche Kurverwaltung privatisiert wurde, auf der anderen Seite stehen GmbH-Mitarbeiter, die zu anderen Bedingungen eingestellt wurden. "Die verdienen deutlich weniger und sind oft mit ihrem Gehalt nicht zufrieden", berichtet die ehemalige Mitarbeiterin. Sie selbst habe an ihrem Vertrag allerdings nichts auszusetzen gehabt.

Verdi-Bezirksgeschäftsführer Sinan Öztürk aus Schweinfurt ist die Problematik bekannt. Es gebe Unmut darüber, für die gleiche Arbeit weniger Lohn zu erhalten. Verdi seien allerdings die Hände gebunden, weil nur nur ein geringer Teil der Mitarbeiter auch Mitglieder in einer Gewerkschaft sind. Verdi hat so keine Möglichkeit, etwa über Streiks bessere Bedingungen durchzusetzen. "Wir haben bereits an die Beschäftigten appelliert, sich gewerkschaftlich zu organisieren", sagt Öztürk. Das sei jedoch nicht erfolgt.


Erbe der Privatisierung

Für Kurdirektor Frank Oette ist das ein Erbe aus der Privatisierung in den 1990er Jahren, das nicht kurzfristig zu lösen ist. "Unterschiedliche Beschäftigungsverhältnisse haben eine unterschiedliche Basis. Das können wir nicht in einem Schritt angleichen", sagt er. Es gebe allerdings ein Konzept für die nötige Angleichung, das mit dem Freistaat und der Stadt als Gesellschaftern abgestimmt ist. Oette schätzt, dass das Problem in frühestens fünf Jahren vom Tisch ist. Er versichert, dass die Staatsbad GmbH nicht an den Mitarbeitern spart. "Ich fordere von den Gesellschaftern permanent, ins Personal zu investieren", sagt Oette.

Der Verdi-Bezirksgeschäftsführer sieht hier insbesondere den bayerischen Finanzminister Markus Söder (CSU) in der Verantwortung. "Der Kurbetrieb kann letztlich nur das Elend verwalten", kritisiert er. Es gebe einen hohen Kostendruck von den Gesellschaftern. "Die Gehälter sind nicht in dem Maß gestiegen wie etwa in der Wirtschaft oder im öffentlichen Dienst. Wenn sie gute Arbeit wollen, müssen sie auch ordentlich bezahlen", sagt Öztürk.

Der Gewerkschafter wirft der Geschäftsführung zudem eine gestiegene Bereitschaft vor, Mitarbeiter abzumahnen, zum Teil ohne Grundlage. "Bei manchen kann man tatsächlich in Zweifel ziehen, ob man da den Kollegen ein Fehlverhalten vorwerfen kann", sagt er. Öztürk empfiehlt Betroffenen grundsätzlich, sich rechtlichen Beistand zu holen. Oette weist das von sich. Abmahnungen würden sparsam eingesetzt und vorher arbeitsrechtlich geprüft. "Es gibt keine Sanktion ohne Fehlverhalten", kommentiert er.

Ein weiteres Problem, das von Mitarbeitern und Ehemaligen berichtet wird, hängt mit internen Umstrukturierungen zusammen. "Es wurde viel umgeworfen. Die Neustrukturierung hat für viel Unruhe gesorgt" berichtet die ehemalige Angestellte. Ein weitere Ex-Mitarbeiterin schildert in dem Zusammenhang, dass Mitarbeiter gegen ihren Willen in andere Abteilungen gedrängt würden.

Einige Mitarbeiter sind der Meinung, dass die Qualität der Arbeit unter den Veränderungen leidet. Das bestätigt auch Peter Hartlaub von der Katholischen Arbeitnehmer Bewegung (KAB). Er schränkt die Kritik an den Reformen allerdings ein: "Das kommt in vielen Betrieben vor. Das muss sich erst einspielen", meint er.


Es knirscht bei Umstrukturierung

"Natürlich haben wir Bewegung im Unternehmen", sagt Oette dazu. Die Änderungen sind zwar nicht bei allen populär, aus seiner Sicht aber unausweichlich, um die Staatsbad GmbH auf künftige Aufgaben vorzubereiten. Der Gesundheitsmarkt sei komplex und habe sich gewandelt. Das fängt bei den Gästeanforderungen an und hört dabei auf, dass in Bad Kissingen in der Vergangenheit viele Bereiche wie das Kurhausbad weggefallen sind. "Als das Kurhausbad geschlossen wurde, gab es aber keine Entlassungen", betont er. Die betroffenen Mitarbeiter wurden in anderen Abteilungen der Staatsbad GmbH integriert. "Dass dabei nicht jedes Einzelinteresse berücksichtigt werden kann, ist klar", stellt der Kurdirektor klar.

Derzeit wird eine zweite große Änderung umgesetzt. Alle Abteilungen, die sich mit Gästeservice beschäftigen, werden in einer Einheit gebündelt - von der Brunnenfrau bis zum Kurwart. Laut Oette hat es mit allen Betroffenen Mitarbeitern vorab Gespräche gegeben, und der Betriebsrat ist eingebunden. "In dieser Umsetzung knirscht es auch. Ich glaube nicht, dass sich die Qualität, von dem was wir bieten, verschlechtert", sagt er. Als Beleg dafür sieht er die überwiegend positive Rückmeldung aus den Gästebefragungen.


Belegschaft überaltert

Den Vorwurf, Mitarbeiter würden gegen ihren Willen versetzt, weist der Kurdirektor zurück. Die Geschäftsführung passe Aufgabenbereiche an und versuche dabei, die Wünsche der Mitarbeiter zu berücksichtigen. Ebenso wehrt er sich dagegen, dass der Überstundenstand zu hoch ist. "Wir haben keine überdurchschnittlichen Kapazitäten", berichtet er. Aufgebaute Überstunden würden gezielt abgebaut. Schwierig ist dagegen der hohe Altersdurchschnitt. Weil etwa im Gebäudemanagement und in der Kurgärtnerei körperliche Arbeit gefordert ist, ist der Krankenstand tatsächlich hoch. Zusätzliche Vakanzen etwa durch Altersteilzeit werden von der verbleibenden Belegschaft kompensiert. "Das ist ein Problem", kommentiert Oette.

Die Fluktuation liege mit unter fünf Prozent pro Jahr auf einem guten Wert. Er räumt ein, dass Mitarbeiter das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlassen haben, entlassen wurde jedoch niemand. Der Großteil sei motiviert bei der Arbeit.
 
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