Hammelburg
Spiele für den Ernstfall
Das Ausbildungszentrum Infanterie nutzt virtuelle Szenarien für das Training. Die Technik basiert auf Games, doch hat ihre Anwendung andere Zwecke.
Der Soldat tippt seinem Kameraden auf die Schulter: "Da steht einer in der Tür." Sogleich nimmt der Angesprochene den Feind ins Visier und schießt auf ihn. Von links und rechts stürmen weitere Feinde über die gewölbte Projektionsfläche. Die Szenerie erinnert an eine Sequenz aus einem Ego-Shooter. Doch die Übung ist kein Spiel. Es ist ein Unterschied, ob die Hände Maus oder Controller oder ein echtes G36-Gewehr greifen.
Beim AGSHP, dem Ausbildungsgerät Schießsimulator Handwaffen und Panzerabwehrhandwaffen, gehört von der Pistole bis zur Panzerfaust ein zwölfteiliges Waffenarsenal zu den "Eingabegeräten". Es sind echte, nicht mehr funktionsfähige Waffen, wie Hauptmann Marcus Breede erklärt. Stattdessen sind Sensoren eingebaut. "Bevor die Soldaten einen scharfen Schuss abgeben, gehen sie in den Simulator", sagt Breede.
Dort lernen die Soldaten, die einzelnen Waffen Schritt für Schritt den Vorschriften gemäß zu bedienen - bis die Handgriffe so verinnerlicht sind, dass sie quasi automatisch ablaufen.
Nur eben ein spieletypischer Druck auf die Taste "R" wäre kontraproduktiv. Die Soldaten müssen das Magazin selbst einlegen, die Waffe entsichern - alles Handgriffe, die sich bei einem Game nur virtuell am Bildschirm abspielen.
Die Sensoren in den Waffen verraten, ob sie richtig gehalten werden. Der Bediener des Simulators kann an seinem Bildschirm zum Beispiel erkennen, ob die Waffe verkanntet wird, erklärt Stabsfeldwebel Manfred Nickel. Diagramme zeigen den Verlauf des Druckpunkts des Fingers am Abzugshebel und des Anpressdrucks des Griffs an der Schulter. Alles lässt sich analysieren, sogar in welcher Kurve die Waffe zum Ziel geschwenkt wird, um es anzuvisieren.
Druckluft lässt die Waffe bei jedem virtuellen Schuss wie bei einem echten zurückstoßen. Anders als in einem Game wackelt also nicht das Bild, um den Rückstoß zu simulieren. Er muss tatsächlich körperlich abgefangen werden.
Der Schießsimulator spart Munition. Er steigert aber vor allem die Effizienz des Ausbildungsbetriebs, sagt Breede. So entfallen die Formalitäten und Logistik, die die Ausgabe echter, scharfer Waffen erzwingt.
Die Software wirft je nach Szenario Granatexplosionen und -nebel, Brücken, Gebäude, Flußläufe, Bäume und Soldaten auf die Projektionsfläche, auf die die Übenden ihre Waffen richten. Virtuelles Blut fließt nicht.
Das grafische Herz ist eine Engine eines deutschen Entwicklers, die aus dem Spielebereich bekannt ist. Für die Bundeswehr erweitert ein Lizenznehmer sie zum Simulator für das Militär, indem er unter anderem ballistische Tabellen für ein realitätsnahes Flugverhalten der Geschosse einpflegt.
Noch stärker ist der Game-Kern beim Virtual Battlespace (VBS) zu erkennen. Es handelt sich um eine modifizierte Version der Arma-Reihe ("Armed Assault"), einem taktischen Shooter. Auch er ist um realistische Ballistik erweitert, erklärt Hauptmann Torsten Lipp. "Zu den Restbeständen des Spiels gehören dagegen Zombies, die man einbauen kann", sagt Lipp. Mit seinem Kollegen nutzt er VBS, um Übungen zu bauen - realistische Übungen.
So umfasst die Datenbank eine akkurate Nachbildung von Bonnland. Die Soldaten können die Gebäude und ihre Lage virtuell erkunden, bevor sie einen Fuß in das Übungsdorf gesetzt haben. Bei der starken Auslastung der Einrichtung spart das Belegungstermine.
"Ich lasse die Soldaten am Anfang sich erst einmal am Bildschirm austoben", sagt Lipp. Bei den Übungen geht es dann nicht um Kampf und Aktion, sondern um Verfahrenstraining. Die Soldaten sollen am Bildschirm Kommunikation und Abläufe lernen. Wie muss der Kommandant an Bord des Radpanzers Boxer mit seiner Besatzung reden? Wie stimmen sich zwei Boxer-Trupps ab? Dafür müssen zunächst keine echten Fahrzeuge bewegt werden. Am Bildschirm steuern die Soldaten Modelle, um zu lernen, wie sie die Boxer positionieren müssen. Auch die Anforderung von Luftunterstützung wird geübt. Dazu kann VBS sogar standortübergreifend vernetzt werden. Andere Szenarien dienen der Rechtslehre: Die Soldaten müssen entscheiden, wie sie in einer bestimmten Situation richtig reagieren.
Einfach drauf los, wie in einem Spiel, ist nicht gefragt. Lipp zeigt einen Mitschnitt einer Zugführerprüfung im VBS: Der Zugführer steuert seinen Avatar weit nach vorne auf vom Feind besetzte Gebäude zu und lässt seine Soldaten zurück. Er steht allein vor dem Feind und läuft Gefahr, ins Deckungsfeuer zu geraten. Dabei hätte er hinten bleiben und seinen Zug anweisen sollen. Lipp erklärt: Eigentlich hätte der Zugführer selbst gar nicht kämpfen müssen.
Beim AGSHP, dem Ausbildungsgerät Schießsimulator Handwaffen und Panzerabwehrhandwaffen, gehört von der Pistole bis zur Panzerfaust ein zwölfteiliges Waffenarsenal zu den "Eingabegeräten". Es sind echte, nicht mehr funktionsfähige Waffen, wie Hauptmann Marcus Breede erklärt. Stattdessen sind Sensoren eingebaut. "Bevor die Soldaten einen scharfen Schuss abgeben, gehen sie in den Simulator", sagt Breede.
Dort lernen die Soldaten, die einzelnen Waffen Schritt für Schritt den Vorschriften gemäß zu bedienen - bis die Handgriffe so verinnerlicht sind, dass sie quasi automatisch ablaufen.
Nur eben ein spieletypischer Druck auf die Taste "R" wäre kontraproduktiv. Die Soldaten müssen das Magazin selbst einlegen, die Waffe entsichern - alles Handgriffe, die sich bei einem Game nur virtuell am Bildschirm abspielen.
Die Sensoren in den Waffen verraten, ob sie richtig gehalten werden. Der Bediener des Simulators kann an seinem Bildschirm zum Beispiel erkennen, ob die Waffe verkanntet wird, erklärt Stabsfeldwebel Manfred Nickel. Diagramme zeigen den Verlauf des Druckpunkts des Fingers am Abzugshebel und des Anpressdrucks des Griffs an der Schulter. Alles lässt sich analysieren, sogar in welcher Kurve die Waffe zum Ziel geschwenkt wird, um es anzuvisieren.
Druckluft lässt die Waffe bei jedem virtuellen Schuss wie bei einem echten zurückstoßen. Anders als in einem Game wackelt also nicht das Bild, um den Rückstoß zu simulieren. Er muss tatsächlich körperlich abgefangen werden.
Der Schießsimulator spart Munition. Er steigert aber vor allem die Effizienz des Ausbildungsbetriebs, sagt Breede. So entfallen die Formalitäten und Logistik, die die Ausgabe echter, scharfer Waffen erzwingt.
Die Software wirft je nach Szenario Granatexplosionen und -nebel, Brücken, Gebäude, Flußläufe, Bäume und Soldaten auf die Projektionsfläche, auf die die Übenden ihre Waffen richten. Virtuelles Blut fließt nicht.
Das grafische Herz ist eine Engine eines deutschen Entwicklers, die aus dem Spielebereich bekannt ist. Für die Bundeswehr erweitert ein Lizenznehmer sie zum Simulator für das Militär, indem er unter anderem ballistische Tabellen für ein realitätsnahes Flugverhalten der Geschosse einpflegt.
Noch stärker ist der Game-Kern beim Virtual Battlespace (VBS) zu erkennen. Es handelt sich um eine modifizierte Version der Arma-Reihe ("Armed Assault"), einem taktischen Shooter. Auch er ist um realistische Ballistik erweitert, erklärt Hauptmann Torsten Lipp. "Zu den Restbeständen des Spiels gehören dagegen Zombies, die man einbauen kann", sagt Lipp. Mit seinem Kollegen nutzt er VBS, um Übungen zu bauen - realistische Übungen.
So umfasst die Datenbank eine akkurate Nachbildung von Bonnland. Die Soldaten können die Gebäude und ihre Lage virtuell erkunden, bevor sie einen Fuß in das Übungsdorf gesetzt haben. Bei der starken Auslastung der Einrichtung spart das Belegungstermine.
"Ich lasse die Soldaten am Anfang sich erst einmal am Bildschirm austoben", sagt Lipp. Bei den Übungen geht es dann nicht um Kampf und Aktion, sondern um Verfahrenstraining. Die Soldaten sollen am Bildschirm Kommunikation und Abläufe lernen. Wie muss der Kommandant an Bord des Radpanzers Boxer mit seiner Besatzung reden? Wie stimmen sich zwei Boxer-Trupps ab? Dafür müssen zunächst keine echten Fahrzeuge bewegt werden. Am Bildschirm steuern die Soldaten Modelle, um zu lernen, wie sie die Boxer positionieren müssen. Auch die Anforderung von Luftunterstützung wird geübt. Dazu kann VBS sogar standortübergreifend vernetzt werden. Andere Szenarien dienen der Rechtslehre: Die Soldaten müssen entscheiden, wie sie in einer bestimmten Situation richtig reagieren.
Einfach drauf los, wie in einem Spiel, ist nicht gefragt. Lipp zeigt einen Mitschnitt einer Zugführerprüfung im VBS: Der Zugführer steuert seinen Avatar weit nach vorne auf vom Feind besetzte Gebäude zu und lässt seine Soldaten zurück. Er steht allein vor dem Feind und läuft Gefahr, ins Deckungsfeuer zu geraten. Dabei hätte er hinten bleiben und seinen Zug anweisen sollen. Lipp erklärt: Eigentlich hätte der Zugführer selbst gar nicht kämpfen müssen.
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