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Bad Kissingen
Das Geld reicht nicht mal für Geschenke: Manchmal kann die Sozialberaterin helfen
Wenig Geld, dafür umso mehr Scham: Familien rät die Sozialberaterin, offen miteinander zu sein. Dank der "Weihnachtshilfe" kann sie helfen, wenn es eng wird.
Geld für Geschenke hat Olga R.* in diesem Jahr eigentlich nicht. Das soll am besten niemand erfahren - weder die Enkel noch ihre Tochter. Foto: Jens Schierenbeck, dpa       -  Geld für Geschenke hat Olga R.* in diesem Jahr eigentlich nicht. Das soll am besten niemand erfahren - weder die Enkel noch ihre Tochter. Foto: Jens Schierenbeck, dpa
| Geld für Geschenke hat Olga R.* in diesem Jahr eigentlich nicht. Das soll am besten niemand erfahren - weder die Enkel noch ihre Tochter. Foto: Jens Schierenbeck, dpa
Carmen Schmitt
 |  aktualisiert: 18.08.2022 13:50 Uhr

Es dauert noch, bis die nächste Rente kommt. Die neue Brille braucht Amalie O.* (*Name geändert) sofort. Ihre Krankheit ist schlimmer geworden. Jetzt sieht sie noch schlechter. Fast 200 Euro soll die Brille mit den stärkeren Gläsern kosten.

Die 72-Jährige hat nichts zur Seite gelegt. Mit ihrer Rente und der Sozialhilfe kommt sie jeden Monat gerade so aus. Über die Pfarrei landet Amalie O.* bei Sozialberaterin Gabriele Morath vom Caritasverband des Landkreises.

Dank der Spenden aus der Aktion "Weihnachtshilfe" in Zusammenarbeit mit der Saale-Zeitung kann sie der 72-jährigen Rentnerin helfen, so dass sie trotz der Brillen-Rechnung am Ende des Monats etwas im Kühlschrank hat. Schicksale wie die von Amalie O.* sind alltäglich für Gabriele Morath.

Sie beobachtet: Gerade solche Lebensgeschichten wie die der 72-Jährigen gibt es häufiger. "Das ist sehr auffallend. Es wird immer mehr." Amalie O.* lebt allein. Die Kinder aus dem Haus, weit weg; zu weit für das Leben der Rentnerin.

Briefe, Telefonate, einmal im Jahr reisen die Enkel aus dem Ausland zur Oma. Ihren Urenkel hat die 72-Jährige noch nicht gesehen. Als sie im Büro von Gabriele Morath steht, ist nicht klar, wie sie den Rest des Monats überbrücken soll.

Weihnachten mit leeren Händen?

"Ich spüre ganz viel Resignation", sagt Gabriele Morath. "Den Leuten ging es gut. Sie haben ihr ganzes Leben gearbeitet, schwer gearbeitet." Eine andere Dame, die bei ihr angeklopft hatte, war Olga R.*. Die verwitwete Seniorin verschenkt heuer Gutscheine.

Ihre Enkel dürfen sich im Laden dann selber aussuchen, was sie möchten. Olga R.* will nicht, dass jemand erfährt, dass sie in diesem Jahr eigentlich kein Geld für Geschenke hat. Als Oma mit leeren Händen dastehen? Auch ihre Tochter brauche nichts davon zu erfahren, hatte sie der Sozialberaterin gesagt, von der sie die Geschenk-Gutscheine für die Enkelkinder bekommen hat.

Hinschauen und hinhören

"Mein Credo: Reden ist das Wichtigste", sagt Gabriele Morath. Für viele sei oftmals genau das das größte Problem. Gründe für die fehlende Kommunikation? Stolz, Scheu, Scham ... "Viele versuchen, den Schein zu wahren, zu vertuschen." Angehörige wissen lange Zeit nichts von den Problem ihrer Liebsten, meint die Sozialberaterin. Was hilft? Gabriele Morath: "Es geht darum, näher hinzuschauen, genauer hinzuhören und zwischen den Zeilen zu lesen."

Die beiden Töchter von Elfriede K.* hatten es nicht bemerkt. "Ich komme zurecht", lautete stets die Antwort der alleinstehenden Seniorin. Reparaturen am großen Haus ließ sie notdürftig flicken. Für die dicke Heizöl-Rechnung stand sie bei der Bank irgendwann in der Kreide. Schließlich waren ein paar Tausend Euro Schulden zusammengekommen, und Elfriede K.* schlug bei Gabriele Morath auf.

Zunächst allein. Nach einigen Gesprächen öffnete sie sich ihren beiden Töchtern, erzählt die Sozialberaterin. Dann saßen sie zu dritt bei Gabriele Morath. "Die Frau war so gelöst, als sie wahrgenommen hat, dass sie auf ihre Familie zählen kann." Und die Töchter? Die haben sich Vorwürfe gemacht, berichtet Gabriele Morath.

"Sie waren schockiert und enttäuscht." Die Familie stand zusammen und ging den Schuldenberg gemeinsam an. "Es hat die drei nähergebracht", sagt Gabriele Morath. "Es war lehrreich für jeden." Letztlich gehe es nicht darum, Eigenverantwortung zu kappen. Sondern: "Wahrnehmen und sich offen begegnen".

Laptop für Video-Telefonie

Amalie O.* hat von Gabriele Morath eine Akuthilfe und Lebensmittelgutscheine bekommen, damit sie nach dem Brillen-Kauf durch den Monat kam. Nachdem die Rentnerin von einem Pfarrer Geld für die Brille bekommen hatte, will die Sozialberaterin organisieren, dass sich eine Stiftung an den Kosten beteiligt.

Um ihre Kinder, Enkel und Urenkel im Ausland künftig nicht nur hören, sondern auch sehen zu können, will die Caritas-Mitarbeiterin versuchen, der 72-Jährigen einen gebrauchten Laptop zu besorgen. Per Video-Telefonie könnte die Rentnerin dann mit ihrer Familie Verbindung halten. "Sie hat gestrahlt", sagt Morath, als sie ihr von ihrer Idee erzählt hatte.

 
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