Rita Schaupp ( SPD ) und Monika Horcher (Grüne) wundern sich. Eigentlich sollten sich die einzelnen Fraktionen im Hammelburger Stadtrat bis 15. Mai abstimmen und eigene Ideen für ein Radwegekonzept einbringen. „Doch ein Termin mit anderen Fraktionssprechern kam nicht zustande", berichtet Schaupp. Also haben die beiden Frauen selbstständig Vorschläge erarbeitet.
Stadtplanerin stellte Radwegekonzept im Frühjahr vor
Rückblende: Im Frühjahr hatte Diplom-Geografin Eva Liebich vom Büro Wegner Stadtplanung aus Würzburg im Stadtrat zu Verbesserungen auf den Hammelburger Radfahrstrecken referiert. Sie hatte den starken Durchgangsverkehr auf den innerstädtischen Hauptverbindungsachsen, insbesondere der Rote-Kreuz-Straße, als Hauptmanko identifiziert. Überdies handele es sich dabei um stark frequentierte Schulwege.
„Angesichts der Verkehrsbelastung kann man mit der klassischen Radwegeplanung auf den Verbindungsachsen nicht so viel machen“, sagte Liebich damals. Sie sprach sich eher für kleinere Maßnahmen aus, die Radfahrern mehr Raum verschaffen und die Routen für Autofahrer unattraktiver machen. Der Stadtrat entschied, das Konzept in den Fraktionen weiter zu beraten.
Innere Kissinger Straße steht im Fokus
Danach ist anscheinend nicht mehr viel passiert - bis jetzt zur Ideensammlung von Schaupps SPD und Horchers Grünen.
Im von den beiden Stadträtinnen unterzeichneten Papier wird viel Augenmerk auf die Kissinger Straße gelegt. Sie war in der Vergangenheit durch einige Unfälle mit Fahrradfahrern bekannt geworden. Dort seien kurzfristige Maßnahmen umsetzbar, heißt es.
So schlagen Horcher und Schaupp vor, die Parkzeit für Autos in der inneren Kissinger Straße auf maximal 20 Minuten für kurze Besorgungen zu beschränken. Reduziert werden sollen auch die markierten Parkplätze in der gesamten Straße. Nach zwei von ihnen soll jeweils eine Lücke gelassen werden, in die Kraftfahrzeuge zwar kurzzeitig einscheren, aber nicht dauerhaft parken dürfen.
Auch Bahnhofstraße als besonders verkehrsberuhigter Bereich
In der inneren Kissinger Straße sollen aufseiten der VR-Bank für mehr Sicherheit die Bordsteinkanten abgefräst oder Absätze mit Flüssigasphalt angeglichen werden. Zu prüfen wäre auch, ob in der inneren Kissinger und der Bahnhofstraße ein besonders verkehrsberuhigter Bereich eingerichtet werden kann (Höchstgeschwindigkeit zehn Kilometer pro Stunde).
Fahrradständer und ein Parkplatz fürs Lastenfahrrad an der Bäckerei Schaub würden das Bild abrunden - genauso Fahrradbügel gegenüber der VR-Bank.
Saaletal-Radweg nicht mehr durch Seitengassen
Kurzfristig als realisierbar sehen Horcher und Schaupp auch Fahrradständer am Bahnhof und am Haltepunkt Hammelburg-Ost an. Der Saaletal-Radweg solle durchgängig sicher befahrbar sein und nicht durch irgendwelche Nebenstraßen geführt werden, so Schaupp gegenüber dieser Redaktion.
Im Moment ist die innere Kissinger Straße aus Sicherheitsgründen vom Marktplatz aufwärts für Fahrradfahrer gesperrt. Nutzer des Saaletal-Radwegs in Richtung Tankstellen-Kreisel werden deshalb unter anderem durch die Mönchsgasse umständlich umgeleitet. Talwärts ist er hingegen ganz normal befahrbar.
Die Ampelschaltung an der Postamtskreuzung müsse kurzfristig so verändert werden, dass der Verkehr Richtung Fuldaer und Turnhouter Straße sowie in der Gegenrichtung zügiger fließe. Wenn möglich, solle man die Ampeln an Postamts- und Lagerkreuzung aufeinander abstimmen.
Rote-Kreuz-Straße: Grüninseln sollen Radweg weichen
Mittelfristig streben die beiden Stadträtinnen auch Veränderungen an der Rote-Kreuz-Straße an. Im nördlichen Teil soll zwischen Bauhof und Brücke über die Bahnschienen ein Fahrradweg her. Der Parkplatz gegenüber dem Bauhof (bei der Schreinerei Fischlein) soll zurückgebaut werden und in diesem Bereich soll eine sichere Querung für Fußgänger und Radfahrer entstehen.
In der südlichen Rote-Kreuz-Straße - zwischen Bahnbrücke und Kreisel - stellen sich Schaupp und Horcher einen Rückbau der verkehrsberuhigenden Grüninseln zugunsten einer Fahrradspur vor. Auch sollen Bremsschwellen die Geschwindigkeit der Autos dort reduzieren.
Allgemein setzen SPD- und Grünen-Fraktion auf eine stärkere und konsequentere Verkehrsüberwachung in Hammelburg. Auch streben sie eine Bürgerversammlung zum Radwegekonzept an. Die Präsentation des Büros Wegner Stadtplanung vom Frühjahr und das Gutachten des Stuttgarter Verkehrsplaners Christoph Link von 2016 sollen auf der Internetseite der Stadt einsehbar gemacht werden.
Reimar Glückler: Experten-Vorschläge in Hammelburg nicht umsetzbar
Aber warum haben andere Fraktionen des Hammelburger Stadtrates noch keine Ideen vorgelegt?
Reimar Glückler vom Christlichen Bürgerblocks (CBB) wirkt frustriert. Von den vielen externen Gutachten der vergangenen Jahre halte er nicht viel, so der Fraktionssprecher. Die Konzepte würden Dinge vorschlagen, „die für unsere Verhältnisse nicht umsetzbar“ seien. Die komplette Sperrung der Rote-Kreuz- oder der Kissinger Straße zum Beispiel sei mit den Hammelburgern nicht machbar.
CBB schon lange für Einbahnstraßen-Idee
Glückler verweist auf die schon mehrere Jahre alte Idee, die Rote-Kreuz- und die Bonifatiusstraße jeweils zur Einbahnstraße zu erklären. Diese habe der CBB stets befürwortet und vorangetrieben. Zu einem Entschluss für diesen Vorschlag habe der Stadtrat sich nicht durchringen können, auch weil die Anwohner lieber die Vollsperrung wollten.
„Es fehlt der Mut zu Entscheidungen“, bemängelt Glückler. Deswegen stehe er jetzt beim Radwegekonzept nicht mit Ideen vorne dran.
Martin Wende: Teures Konzept noch nicht fertig diskutiert
Für CSU-Fraktionssprecher Martin Wende ist das für viel Geld in Auftrag gegebene Konzept des Büros Wegner noch nicht genügend ausdiskutiert. Deswegen erscheint es ihm nicht zielführend, mit eigenen Vorschlägen zu kommen.
Der Ort, das Radwegekonzept zu besprechen, ist für Wende der Stadtrat, nicht irgendein Hinterzimmer. Im offiziellen Gremium könne man auch eventuelle Maßnahmen diskutieren und sich gegebenenfalls einigen.
Der CSUler geht davon aus, dass das Radwegekonzept erneut auf die Agenda des Stadtrates kommt, dann mit den Änderungen und Anregungen, die Planerin Eva Liebich aus der Sitzung im Frühjahr mitgenommen hat.