Einen ungewöhnlichen Geschichtsunterricht haben die Viertklässler der Grundschule Oberleichtersbach erlebt. Zwei schon lange pensionierte Geschichtslehrer kehrten für einen Moment in das schulische Geschehen zurück: Egbert Heger, 78 Jahre alt und ehemals Lehrer am Gymnasium in Bad Brückenau, sowie Dr. Michael Peter , 79 Jahre alt, der lange Zeit am Gymnasium Bad Kissingen unterrichtete, haben es sich zur Aufgabe gemacht, ihr breites geschichtliches Wissen noch einmal an eine Schulklasse weiterzugeben. „Sehr gerne sind wir der Einladung in die Grundschule gefolgt und haben uns richtig darauf gefreut, wieder einmal unterrichten zu dürfen“, sagt Egbert Heger, der seine Passion für seinen Beruf bis heute nicht verloren hat.
Gemeinsamer Pfarrer
Die ambitionierten Pensionäre wollten den Schülerinnen und Schülern die bedeutendsten Ereignisse von Oberleichtersbach und Bad Brückenau vermitteln. So berichteten sie, dass die vormals sehr bedeutsamen Kirchengemeinden Oberleichtersbach und Brückenau früher sehr eng verbunden waren und der gemeinsame Pfarrer sogar über viele Jahrhunderte in Oberleichtersbach wohnte.
Herrschafltiches Spannungsfeld
Auch die Lage der Ortschaften in einem herrschaftlichen Spannungsfeld zwischen dem Bistum Fulda und dem Kloster Würzburg war den Schülerinnen und Schülern bisweilen unbekannt, sowie auch der seinerzeit so bedeutsame Handelsweg, durch den die Städte verbunden waren.
Nur vier Gutshöfe
„Brückenau wurde Mitte des 13. Jahrhunderts vom Kloster Fulda aus mit lediglich vier Gutshöfen, die mit Mauern, Gräben, Toren und Türmen versehen waren, gegründet. Das Kloster war in großer Geldnot, und so wurde Brückenau an den damaligen Grafen von Bibra verpfändet“, erklärte Egbert Heger.
Gegenwehr der Brückenauer
Die lebhaft beschriebene Gegenwehr der Brückenauer und der listige Eroberungsversuch des Grafen beeindruckten die Kinder. Heger erklärte, dass all diese Zusammenhänge dazu führten, dass die Stadt sich unter den Schutz des Heiligen Georg stellte, der bis heute als ihr Schutzpatron gilt.
Die Stadt in Flammen
Sprachlos machte die Kinder die anschauliche und mit Bildmaterial untermauerte Darstellung der Hintergründe und Auswirkungen des Brückenauer Stadtbrandes am 13. August 1876, durch den ein Großteil der Stadt vollständig zerstört wurde. Auch kamen bei dem Feuer Menschen ums Leben.
Krieg in der Ukraine
Michael Peter lenkte dann die Aufmerksamkeit die Kinder auf das ganze europäische Umfeld. „Integration ist schon lange ein wichtiges Thema und seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine auch für uns alle wieder besonders präsent, sagte er. “ Er berichtete auch von seinen persönlichen Erfahrungen, denn bis heute wohnen bei ihm ukrainische Geflüchtete. Dass er eine Mutter mit zwei kleinen Kindern und deren Großmutter beherbergt und wie es dazu gekommen ist, rührte die Schülerinnen und Schüler sichtlich.
Früh den Vater verloren
Michael Peter berichtete, dass er seinen Vater im Alter von nur zwei Jahren verloren hat, als dieser aus dem 2. Weltkrieg schwer krank zurückkehrte und kurz darauf starb. Diese Erfahrungen haben ihm eine intrinsische Motivation gegeben, Opfern von Kriegssituationen helfend zur Seite zu stehen, wo immer dies möglich ist, und vielleicht mag dies auch der Grund sein, dass er sich später dazu entschieden hat, Geschichte zu studieren.
Ein Quiz
Hoch motiviert ließen sich die Viertklässler auf ein Quiz ein, bei dem sie ihr bereits erlerntes Wissen über die europäischen Hauptstädte, berühmten Baudenkmäler, Flaggen und Sprachen zum Besten geben konnten. Manche Kinder erzählten über ihre Erfahrungen im Urlaub.
Tischtennis mit Eusébio da Silva Ferreira
Enorm beeindruckt waren die Kinder, als Michael Peter von seinen Begegnungen mit den Fußballern Eusébio da Silva Ferreira und Christiano Ronaldo erzählte. Der portugiesischen Fußballlegende Eusébio begegnete er im Jahr 1966 in London. Der galt damals als weltweit berühmtester Fußballer. Über einen Kontakt bekam Michael Peter die Gelegenheit zu einem freundschaftlichen Tischtennisspiel und besiegte die Legende 21:9, wie er berichtete.
Vorsitzender der Europaunion
Mehr als 200 Auslandsreisen mit Schülerinnen und Schülern, aber auch Erwachsenen hat er bereits geleitet und auch privat alle Länder Europas bereist. Er erklärte, dass er als stellvertretender Vorsitzender der Europaunion in Bad Kissingen tätig ist und in Hausen ein Europahaus eingerichtet hat. Dort kann man sich nach Absprache Prospekte und Informationen zu Europareisen abholen.
Für Lacher sorgten seine mitgebrachten Quiz-Utensilien, so unter anderem eine grün-weiße Perücke, die die Kinder nach kurzer Überlegung Irland zuordnen konnten.
Egbert Heger und Michael Peter waren vor über fünfzig Jahren bereits Studienkollegen und sind bis heute freundschaftlich verbunden. Sie haben ihr Wiedersehen sichtlich ebenso genossen wie die Kinder ihren unvergleichlichen geschichtlichen Exkurs.
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