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Bad Kissingen
So war Kaiserin Sisi wirklich
„Von wegen volksnah und beliebt“: Kunsthistorikerin Katrin Unterreiner wirft in ihrem Buch ein neues Bild auf Bad Kissingens berühmten Kurgast.
Die Wiener Kunsthistorikerin und Autorin Katrin Unterreiner (54) mit ihrem neuen Buch vor einem Porträt der österreichischen Kaiserin Elisabeth       -  Die Wiener Kunsthistorikerin und Autorin Katrin Unterreiner (54) mit ihrem neuen Buch vor einem Porträt der österreichischen Kaiserin Elisabeth
Foto: Sigismund von Dobschütz | Die Wiener Kunsthistorikerin und Autorin Katrin Unterreiner (54) mit ihrem neuen Buch vor einem Porträt der österreichischen Kaiserin Elisabeth
Sigismund von Dobschütz
 |  aktualisiert: 31.12.2023 02:48 Uhr

„Nach ihrem Tod wurde Kaiserin Sisi in Österreich keine Träne nachgeweint. Sisi war nie volksnah und beliebt.“ Mit dieser unerwarteten Aussage überraschte die Wiener Kunsthistorikerin Katrin Unterreiner (54), Autorin etlicher Bücher über die Habsburger Kaiserfamilie, wohl die meisten der etwa 70 Zuhörer bei ihrem Vortrag über „das geheime Leben der Kaiserin “, zugleich Titel ihres im September veröffentlichten Buches. „Ich habe schon viel über Bad Kissingen geschrieben, war aber noch nie hier“, meinte Unterreiner zu Beginn ihres interessanten Vortrags, in dem sie die historisch reale Person Elisabeth dem durch die Unterhaltungsindustrie verklärten Sisi-Mythos gegenüberstellte.

Sisi-Suite zur Erinnerung

Es gab sicher keinen geeigneteren Ort in Bad Kissingen als den Kaisersaal im Hotel Kaiserhof Victoria , den sich Buchhändlerin Claudia Bollenbacher („seitenweise“, Ludwigstraße 21) für die Präsentation des neuen Buches über die österreichische Kaiserin Elisabeth (1837-1898) hatte wählen können. Schließlich hatte Sisi zweimal während ihrer sechs Kissingen-Aufenthalte (1862 und 1864) dort logiert und noch heute gibt es im Hotel eine Sisi-Suite zur Erinnerung an die vor 125 Jahren, nur fünf Monate nach ihrem letzten Kissingen-Aufenthalt im Jahr 1898 am Genfer See ermordeten Kaiserin .

„ Kaiser Franz Joseph ist in Österreich die weitaus bekanntere Gallionsfigur“, ergänzte Unterreiner ihre überraschende Eingangsbemerkung. Erst Jahrzehnte nach ihrem Tod sei das Interesse an der Kaiserin erwacht. Auch deshalb gibt es erst seit dem Jahr 2004 ein eigenständiges Sisi-Museum in der Wiener Hofburg, das Unterreiner als wissenschaftliche Leiterin der Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft sowie der Kaiserappartements in der Wiener Hofburg dort aufgebaut und geleitet hat. Ihre mehrjährige Recherche über das Leben der Kaiserin machte sie zur Sisi-Expertin.

Schwere Lungenkrankheit eine Legende

„Sisi hat keine bedeutende Rolle in der Geschichte Österreichs gespielt.“ Immer wieder zerstörte die Autorin in ihrem Vortrag den Mythos. „Dass Sisi schwer lungenkrank war, ist eine absolute Legende.“ Vielmehr diente diese Aussage dem Wiener Hof als Ausrede für Sisis häufige Abwesenheit und ihre zahllosen Reisen ins Ausland, die ihrem zweijährigen Aufenthalt auf Madeira folgten. „Am Wiener Hof war die junge Kaiserin nur von alten Damen umgeben, auf Madeira aber von jungen Hofdamen. Sie wandelte sich zur fröhlichen Person.“

Monatelang auf Reisen

Nach ihrer Rückkehr stellte sie dem Kaiser das Ultimatum, künftig selbst über ihr Leben, ihre Reisen und die Auswahl ihrer Hofdamen bestimmen zu dürfen. Fortan begab sie sich auf monatelange „Kurreisen“, so auch nach Bad Kissingen , „dem Treffpunkt der gekrönten Häupter“, auf Jagd-Reisen nach England und Irland oder auf Seereisen.

Nach Beginn der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn (1867) wurde Ungarn zu ihrer zweiten Heimat: „Hier konnte Sisi so leben, wie sie wollte.“ Als einzige Frau durfte sie auf Fuchsjagden mitreiten. „Sie war eine tolle Reiterin. Reiten war ihre Leidenschaft.“ Dies war auch der Grund für ihre häufigen Aufenthalte in England. „Dort war Elisabeth nicht Kaiserin , sondern sports woman.“

Reisen kosteten viel Geld

Zur Vorbereitung ihrer mehrwöchigen, manchmal mehrmonatigen Auslandsreisen bediente sich die Kaiserin eines Stabs von bis zu 100 Personen - davon allein 35 Beamte, die ihre Reisen organisierten. „Die waren monatelang beschäftigt.“ Natürlich kostete dieser Aufwand viel Geld: Im Jahr 1882 wurden – umgerechnet – 2,5 Millionen Euro für Sisis Reisen verbucht. „Sisi hat ein extrem luxuriöses und mondänes Leben außerhalb Österreichs gelebt. Es war ein Leben abseits der Öffentlichkeit, aber kein bescheidenes.“

Nicht mehr als ein Flirt

Der Kaiser hat ihr alles ermöglicht – aus Liebe, versicherte die Habsburg-Expertin und warnte davor, damalige Ehen in Herrscherhäusern mit unserem heutigem Verständnis zu beurteilen. Elisabeth habe trotz ihrer häufigen Abwesenheit vom Hof nie einen Liebhaber gehabt, versicherte Unterreiner, allenfalls mal einen Flirt mit ihrem Reitlehrer in England. „In England war sie immer gesund und fröhlich, niemals depressiv oder schlecht gelaunt wie in Wien.“ Erst im Alter litt Sisi tatsächlich unter Depressionen.

„Sisi war eine sehr ambivalente, egozentrische bis egomanische Person.“ Diese und andere Wahrheiten aus dem „geheimen Leben der Kaiserin “, über ihre unbekannten Spleens, außergewöhnlichen Leidenschaften oder dunklen Geheimnisse verrät Katrin Unterreiner in 20 Kapiteln thematisch geordnet auf den 200 Seiten ihres Buches, das nicht nur sachkundig und informativ, also zwingende Lektüre für alle Sisi-Fans, sondern auch für alle anderen durchaus unterhaltsam zu lesen ist.

Informationen zum Buch: Katrin Unterreiner: „Sisi. Das geheime Leben der Kaiserin “, Carl Ueberreuter Verlag, gebunden, 200 Seiten, Preis: 25 Euro, ISBN: 978-3800078516

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Die Wiener Kunsthistorikerin und Autorin Katrin Unterreiner (54) bei ihrem Vortrag über „das geheime Leben der Kaiserin“       -  Die Wiener Kunsthistorikerin und Autorin Katrin Unterreiner (54) bei ihrem Vortrag über „das geheime Leben der Kaiserin“
Foto: Sigismund von Dobschütz | Die Wiener Kunsthistorikerin und Autorin Katrin Unterreiner (54) bei ihrem Vortrag über „das geheime Leben der Kaiserin“
 
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