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Burkardroth
So schmeckt die Heimat in Burkardroth
Beim Herbstmarkt in Burkardroth wird auch ein Schaukochen veranstaltet, das die regionale Küche zeigt. Wir haben nicht nur den Koch getroffen.
Martin Hartmann kocht gerne unkonventionell. Hier steht er im Garten von Sabine Sterker an einem Hochbeet, in dem neben Erdbeeren auch Kapuzinerkresse und Boretsch, im Volksmund auch Gurkenkraut genannt, gedeihen. Foto: Kathrin Kupka-Hahn       -  Martin Hartmann kocht gerne unkonventionell. Hier steht er im Garten von Sabine Sterker an einem Hochbeet, in dem neben Erdbeeren auch Kapuzinerkresse und Boretsch, im Volksmund auch Gurkenkraut genannt, gedeihen. Foto: Kathrin Kupka-Hahn
| Martin Hartmann kocht gerne unkonventionell. Hier steht er im Garten von Sabine Sterker an einem Hochbeet, in dem neben Erdbeeren auch Kapuzinerkresse und Boretsch, im Volksmund auch Gurkenkraut genannt, gedeihen.
Kathrin Kupka-Hahn
 |  aktualisiert: 19.08.2022 21:20 Uhr
Heimat schmeckt - für Martin Hartmann nach allem, was es früher daheim bei der Oma gab. Wie etwa Zemete und geronnene Milch. Er veranstaltet im Rahmen des Burkardrother Herbstmarkts am Sonntag, 11. September, ein Schau-kochen. "Wir hatten Hühner und holten die Milch noch direkt beim Bauern", erinnert sich der Stangenrother. Außerdem kam auf den Tisch, was im Garten wuchs.


Direkt und frisch

Bei ihm ist das noch heute so, obwohl er von Beruf Koch ist, aber kein gewöhnlicher. Das stellt man auf den ersten Blick fest. Denn der 42-Jährige streift durch den Garten und findet sofort zahlreiche essbare Dinge: Dort ein Blatt Kapuzinerkresse, da einen Butternuss-Kürbis, ein Stück weiter frischen Löwenzahn und schließlich noch eine Brombeere vom Strauch. Die Begeisterung darüber ist ihm regelrecht anzusehen.

Sofort erzählt er, was sich alles daraus zubereiten lässt. Schließlich gibt es für den Koch nichts Schöneres, als seine Zutaten direkt und frisch zusammenzusuchen. "Es muss nicht immer aus dem Supermarkt sein", ist er überzeugt. Mit Obst, Kräutern und Gemüse frisch aus dem Garten oder vom Direktvermarkter, regional und saisonal, arbeitet Martin Hartmann am liebsten - nicht nur privat, sondern erst recht im Job, was aber gar nicht so einfach ist.

Denn egal, ob in der Kantine, in der er kocht, oder bei seinem Catering-Service, immer wieder stellt er fest, dass Essen für die meisten Kunden nicht viel kosten darf, regelrecht billig sein muss. "Dabei kann ich das Arbeiten, wie in einer konventionellen Großküche, ethisch nicht mehr vertreten", sagt er. Fleisch, das von Tieren aus riesigen Mastbetrieben stammt, oder Gemüse, dass in Substrat-Gewächshäusern bei künstlichem Licht gezogen wird, sind für ihn keine Optionen mehr, ebenso industriell hergestellte Lebensmittel. Fertiggerichte, Soßenpulver oder Geschmacksverstärker haben bei ihm keine Chance, kommen nicht in seinen Topf. Darauf verzichtet er gänzlich, was aber nicht heißt, dass er deswegen langweilig kocht.


Heimische Produkte ganz oben

Heimische Produkte und Zutaten stehen ganz oben auf seiner Agenda, auch wenn internationale Speisen gewünscht sind. "Sushi beispielsweise mache ich aus der Rhöner Lachsforelle, die ich mir in Riedenberg hole", erzählt er. Für die Zubereitung von Involtini, einer italienischen Art Roulade, bevorzugt er einen Weidegockel aus Geroda und Schinken vom Mahlmeister aus Stangenroth.

"Und wenn ich für die Gerichte gute Zutaten und frische Kräuter verwende, da muss ich kein Salz oder Gewürzmischungen dranmachen." Zurück zur Heimat, zur Region, zu den Wurzeln das ist seine Philosophie. Dabei ist Martin Hartmann kein Einzelfall.

Immer mehr Leute besinnen sich darauf, gehen bei regionalen Erzeugern einkaufen oder legen Gärten zum Gemüseanbau an. So auch Sabine Sterker, eine Freundin Hartmanns, die aus Burkardroth stammt und sich vor einem Jahr in Oehrberg niedergelassen hat. "Ich habe mir hier ein altes Haus mit großem Garten gekauft. Mein Traum", erzählt sie. Außerdem hält die gelernte Arzthelferin Zwerghühner und Schafe, aber weniger zum Essen.
"Ich bin Vegetarierin. Die Schafe sind mein Rasenmäher und liefern Ökodünger. Von den Hühnern bekomme ich die Eier", sagt die Mittvierzigerin. Ihren Garten nutzt sie zur Selbstversorgung, baut vorwiegend traditionelle Gemüsesorten an, unter anderem Spargel, Mangold oder Zwiebeln. Auch ein Gewächshaus gibt es, darin wachsen Tomaten, Gurken und Chilischoten. Zwischen all dem gedeihen Blumen, Kräuter und Beerensträucher, ganz unkonventionell, ganz durcheinander. "Es ist immer etwas zum Knabbern, zum Angucken und zum Abschneiden dabei", erklärt sie ihre Gartenstruktur, die eigentlich keine ist.


Wie ihre Oma

Denn der Ertrag, die größtmögliche Ausbeute ist nicht ihr Ziel. "Was wird wird, was nicht, eben nicht", sagt sie. Nur bei den Kartoffeln hat sie darauf geachtet, dass etwas übrigbleibt. "Ich habe fünf alte Sorten angebaut, damit ich je nach Wetterlage, je nachdem ob es einen trockenen oder feuchten Sommer gibt, Kartoffeln ernten kann." So habe es früher ihre Oma schon gemacht, dieses Wissen möchte sie bewahren.
Dass es sich dabei nicht um leere Worte handelt, verrät auch der Blick in ihre Küche. Dort stehen auf Tisch und Schrank zahlreiche Gläser und Flaschen, gefüllt mit Beeren und Kräutern. Dabei handelt es sich um Liköre und Angesetztes, so wie früher. "Das hier ist mein Oehrberger Melissengeist. Wenn's vorne zwickt und hinten beißt", sagt sie und schmunzelt. Dann öffnet sie das Glas zum Schnuppern. Riecht etwas seltsam, ist eben Medizin. "Die verwende ich bei Erkältungen, zum Einreiben oder bei Bauchschmerzen."

Bei all der Fülle im Garten und in der Küche erübrigt sich fast die Frage, wie bei Sabine Sterker Heimat schmeckt. Und, wie erwartet, zitiert sie auch bei dieser Antwort ihre Oma "Das ist für mich Mehlspeis" zum Umhängen", sagt sie und lacht.

Aktionen: Das Erlebniszelt "So schmeckt Heimat" steht am Sonntag, 11. September, von 11 bis 18 Uhr, beim "Markt der Selbstvermarkter" auf dem Burkardrother Marktplatz. Direktvermarkter aus der Region stellen ihre Produkte aus. Um 13.30 Uhr beginnt Martin Hartmann mit dem Schau-Kochen aus "Haus und Garten" und um 15 Uhr mit "Wald und Wild".

Referate: Dazwischen referieren Otmar Diez von der Naturschule in Sulzthal zum Thema "Natürlich leben - regional, biologisch, Selbstversorgung" und Hans Pfülb, Betreiber eines Naturlandbetriebes aus Fuchsstadt, zum Thema "Alles bio oder was?".
 
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