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Maria Bildhausen
So geht Inklusion mit Kaffee
Wo früher der Räucherofen stand, röstet heute eine mächtige Maschine feine Kaffeebohnen. Und es entstehen neue Arbeitsplätze in der Behindertenhilfe.
Rainer Bühner (links) ist mit seiner Kaffee-Rösterei in die ehemalige Metzergei in den Klosterladen eingezogen. Simone Scheidler, Marcel Scheidler und die anderen aus dem neuen Team werden gerade eingelernt.  Fotos: Carmen Schmitt       -  Rainer Bühner (links) ist mit seiner Kaffee-Rösterei in die ehemalige Metzergei in den Klosterladen eingezogen. Simone Scheidler, Marcel Scheidler und die anderen aus dem neuen Team werden gerade eingelernt.  Fotos: Carmen Schmitt
| Rainer Bühner (links) ist mit seiner Kaffee-Rösterei in die ehemalige Metzergei in den Klosterladen eingezogen. Simone Scheidler, Marcel Scheidler und die anderen aus dem neuen Team werden gerade eingelernt.
Carmen Schmitt
 |  aktualisiert: 18.08.2022 22:50 Uhr
Tausende braune Kernchen rasseln auf den Tresen. Simone Scheidler und Marcel Bernhardt sind auf der Suche nach einer ganz besonderen unter ihnen. Denn die muss raus. Warum? Der Geschmack der ganzen Produktion könnte von dieser einen Bohne abhängen. "Stinkerbohne" heißt sie und macht sich gar nicht gut, wenn der Kaffee erstmal aufgebrüht ist. "Man muss schon ganz genau hinschauen", sagt Marcel Bernhardt und wischt mit seiner rechten Hand sanft durch die Flut aus dunkelbrauenen Kaffeebohnen.

Seit ein paar Tagen werden er und seine fünf neuen Kollegen eingelernt. Wo im Kloster Maria Bildhausen früher Knacker und Koteletts über die Theke gingen, soll es für die Kundschaft neuerdings Kaffee geben. Aus der ehemaligen Metzgerei im Klosterladen wird eine offene Kaffee-Rösterei. Ein Inklusionsprojekt, das man sehen, riechen, hören und schmecken soll.

250 Gramm - nicht mehr und nicht weniger sollen es sein, erklärt Michael Hermann, der die gerösteten Kaffeebohnen von einer Schaufel in die rote Tüte auf der Waage rieseln lässt. Stempeln, kleben, etikettieren - es sind viele kleine Arbeitsschritte, bis der Kaffee verkaufsfertig ist. Auch deshalb passt der Betrieb so gut zur Behindertenhilfe des Dominikus-Ringeisen-Werks, meint Benjamin Schmitt.

"Es hat ganz viele Facetten - wie in der realen Wirtschaft. Es ist wichtig, dass wir unseren Leuten etwas zutrauen: Arbeiten, an denen sie wachsen", sagt der stellvertretende Leiter der Einrichtung im Kloster. Ziel sei es immerhin, die Menschen fit für den sogenannten ersten Arbeitsmarkt zu machen.
Die sechs neuen Kaffee-Spezialisten in spe haben vorher in den anderen Abteilungen der Werkstätten gearbeitet: Schreinerei, Gastronomie und Kerzen-Manufaktur. Die Posten in der neu geschaffenen Wirkungsstätte waren begehrt: Es sind dreimal so viele Bewerbungen eingegangen wie es Stellen gibt. "Die sechs Mutigsten stehen jetzt hier", sagt Benjamin Schmitt.

Salami und Schinken waren gestern, vor zwei Jahren ging die letzte Wurst über den Ladentisch. Danach war Feierabend und die Metzgerei stand leer. Bis Rainer Bühner mit seiner Röstmaschine anrückte. Für ihn kam die Kooperation mit der Kloster Manufaktur Maria Bildhausen genau zum richtigen Zeitpunkt: Sein Laden brummt. Längst ist es in seiner Rösterei, die er nebenher in Brendlorenzen (Stadtteil von Bad Neustadt) betreibt, zu eng geworden. Um den Kaffee-Durst der Cafés und Bohnen-Liebhaber zu stillen, wollte er die Produktion jetzt ohnehin aufstocken.

Indonesien, Indien, Kolumbien, Nicaragua, Äthiopien, Brasilien - der Handwerker aus der Rhön experimentiert mit Kaffee aus der ganzen Welt. Über 20 Sorten hat er inzwischen im Sortiment. Einige davon in Bio-Qualität und "fair trade". "Das passt auch zu unserer Philosophie", sagt Benjamin Schmitt. Bis der Kaffee bei der Kundschaft in die Tasse tröpfelt, braucht es viele fleißige Finger. Die sechs Frauen und Männer geben Vollgas! "Sie machen alle eine saubere Arbeit", sagt der neue Chef, Rainer Bühner. "Sie haben schnell gelernt."

Und nicht nur das ging flott: "Man wird hier oben mit einer Liebe und Herzlichkeit aufgenommen, als würde man sich schon zehn Jahre kennen", sagt der Kaffee-Röster und grinst breit. Seine Tochter Zoé ist vom Kaffee genauso fasziniert ist wie er selbst. Während der Osterferien war sie mit ihrem Vater ständig im Klosterladen, um die Rösterei fertig einzurichten und die sechs "Neuen" einzuarbeiten. "Alle sind so hilfsbereit und motiviert - das überträgt sich total und macht einfach Spaß."

Wo früher der Räucherschrank der Metzgerei stand, röstet heute eine mächtige Maschine kleine Kaffeebohnen. Und jeder kann zuschauen und schnuppern. Bald soll ein Steh-Café eingerichtet werden. Der Umbau von Metzgerei in Rösterei ist erledigt: Eine Wand musste weichen, und die Türen der ehemaligen Kühlräume flogen raus. Den sterilen Fliesenspiegel hat der Kaffee-Röster mit nostalgischem Flair überzogen.

Zum Frühlingsmarkt am nächsten Wochenende (21. und 22. April) stellt sich auch die neue Rösterei im Klosterladen vor. Eröffnung soll im Mai sein. Arbeit in der Rösterei

Werkstätten
In den Werkstätten des Dominikus-Ringeisen-Werks sind über 200 Menschen beschäftigt: Im Kloster Maria Bildhausen entstehen handgefertigte Produkte; die Menschen in der Behindertenhilfe arbeiten in der Gärtnerei, dem Gasthof - und neuerdings auch in der Rösterei.

Fest Beim Frühlingsmarkt am Wochenende kann man sich einen ersten Eindruck von der neuen Rösterei im Klosterladen machen. Eröffnung soll Anfang Mai sein. Marktbetrieb ist am 21. und 22. April von 11 bis 18 Uhr.
 
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