Bad Kissingen
Sissi ist so schön schrill
Die Perlinger beweist wieder einmal ihre vielfältigen Talente, diesmal in ihrem Programm "Ich bleib dann mal jung".
Sie kann alles, diese Sissi Perlinger. Und deshalb auch ein Programm über das Altern mit absoluter Selbstironie beginnen. Denn nachdem sie in so vielen Programmen ihre Lebenskrisen verarbeitet hat, zeigt sie sich wild entschlossen, nun die "nächste potenzielle Krise vorzubereiten": Das Älterwerden. Deshalb enthüllt sie zu Beginn ihrer aktuellen Tour mit dem Titel "Ich bleib dann mal jung" eine Gehhilfe und rät ihren Zuschauern, dass auch bei der Kunstform Älterwerden nur "Üben, Üben, Üben!" hilft.
Natürlich es kann bei "Turne bis in die Urne!" mal passieren, dass man Letzte wird, weil man den Startschuss nicht gehört hat, und wenn man sich die Augen lasern lässt, droht die Gefahr, dass man hinterher die ganze Wohnung sanieren lassen muss, aber es gilt auf jeden Fall, sich gegen die allenthalben lauernde "PEGÜDA" (Patriotische Europäer gegen die Überalterung des Abendlandes) zu wehren. Sissi Perlinger nimmt die "Diktatur des Jugendwahns aus pekuniären Gründen" in Form von Schönheitschirurgie aufs Korn, denn mit "Autoreifen als Lippen" braucht man dann leider wieder eine Schnabeltasse zum Trinken. Und sie schaut sich als "investigative Undercover-Journalistin" in den Dorf-Discos um, die jetzt "Szene-Club" heißen und in Räumen stattfinden, die man kaum lebensfeindlicher gestalten könnte, in denen die jungen Frauen auf zehn Zentimeter hohen Stilettos sich ihre Füße fürs Leben ruinieren, der Lärm kein Gespräch zulässt und die Macker in den Markenklamotten der gängigen Sportartikelhersteller so cool sein müssen, dass sie nur bewegungslos herumschauen können, denn Ausgelassenheit, Reden, Lachen, wild Tanzen sind halt uncool. Perlingers Fazit: "Mir tun die jungen Leute Leid."
Dagegen preist sie die Möglichkeiten der "neuen Alten": Man hat Narrenfreiheit, kann alle bislang unterdrückten Verrücktheiten kultivieren. Da es in ihrem Programm ja immer wieder "unter die Gürtellinie geht", wie sie eingangs warnt, schlüpft sie in die Verkleidung einer Gebärmutter, um den "zyklisch auftretenden Wahnsinn einer Frau, die gerade empfänglich ist", von innen zu beleuchten und die Menopause inklusive Hitzewallungen als Erlösung "von dem Rumgefummel mit Verhütungsmitteln" zu feiern.
Nach der Pause schickt sie sich selbst in Verkleidung als Frau Roteneigner auf die Bühne, seniorengerecht in dezent herbstfarbener Polyesterjacke, diebessicher umgehängter Handtasche und Hütchen gekleidet, die als schüchterne Passantin auf die Bühne kommt und das Publikum um eine bezahlbare Wohnung bittet, denn "der liebe Gott lässt uns länger leben, aber sagt nicht, wovon".
Als Alternative stellt sie mit einem rasanten Kostümwechselslapstick ein Casting für eine Alten-WG vor und als Schweizer Diplompsychologin Gundula Gicklkräutli die "Villa Kunterbunt" für Alte. Die rät jungen Leuten ab, Gras zu rauchen, denn "wo kein Bewusstsein ist, kann man nichts erweitern!" Aber in der Villa gibt es Marihuana gegen Alterszipperlein und Ecstasy gegen Altersdepression.
Mit ihrem Körper als Percussioninstrument führt sie vor, wie man Gelenkgeräusche einfach umfunktionieren kann in etwas Positives. Bevor das Ganze dann zu einer Lebenshilfe-Session werden kann, schlupft sie zu ihrem "Reinkarnationssong" in prächtige Kostüme aus Andalusien, dem Orient und Indianerwigwams und sprudelt ihre fantastischen Vorschläge zum Erlebnis-Alter hervor: Rent-a-Rentner, Ben Hur für Arme und Schlussfeuerwerk mit ins Leichentuch eingenähten Silvesterraketen. Gemäß den Jugenderinnerungen der neuen Alten rät sie zum Happy-Hippie-Groove statt Nachmittagsteestündchen, wobei sie mit knallbunten Riesenflügeln über die Bühne tanzt.
"Ich bleib dann mal jung!" gibt sie als Motto ihrem keineswegs Publikum mit. Und wer wollte das angesichts ihrer fulminanten Bühnenshow bezweifeln, in der sie ihre selbst geschriebenen Songs mit professionell ausgebildeter Stimme über dreieinhalb Oktaven vorträgt und sie zum Teil selbst mit Gitarre und Schlagzeug begleitet, tanzt (in New York und Wien studiert), in gefühlt 30 Rollen schlüpft und beim Umziehen hinter dem Paravent auf der Bühne unentwegt weiter plaudert. Auch das Schauspielern hat sie professionell gelernt, wechselt vom alten geilen Krauterer in den gestylten Disco-Coolen, in die Alte mit ihrer zum Drumset aus Schminkgefäßen umgemodelten Gehhilfe, in die schrille Punklady, in die "starke" Sexbombe in die schüchterne Wohnungssucherin und zurück in ihre natürliche Gestalt, das Leopardentrikot mit passenden Überwürfen, das sie seit vielen Jahren als Markenzeichen trägt.
Sissi Perlinger ist schrill, skurril, motzt mal kurz über Politiker, doch ist das politische Kabarett nicht ihr Ding. Lieber stellt sie - zugegebenermaßen leicht frauenlastig - das wirkliche Leben ohne Rücksicht auf Tabuzonen und ihre eigenen und unsere Ängste auf die Bühne. Wie ein erfrischender Wirbelwind macht sie mit ihrer Bilder- und Ideenfülle ihre Zuschauer innerlich frei trotz manchmal etwas therapeutenhaft wirkenden Lebenstipps zur Selbstverwirklichung. Befreit jubelte am Ende denn auch das Publikum im gut besetzten Max-Littmann-Saal nach diesem mitreißenden Auftritt der Allround-Entertainerin.
Natürlich es kann bei "Turne bis in die Urne!" mal passieren, dass man Letzte wird, weil man den Startschuss nicht gehört hat, und wenn man sich die Augen lasern lässt, droht die Gefahr, dass man hinterher die ganze Wohnung sanieren lassen muss, aber es gilt auf jeden Fall, sich gegen die allenthalben lauernde "PEGÜDA" (Patriotische Europäer gegen die Überalterung des Abendlandes) zu wehren. Sissi Perlinger nimmt die "Diktatur des Jugendwahns aus pekuniären Gründen" in Form von Schönheitschirurgie aufs Korn, denn mit "Autoreifen als Lippen" braucht man dann leider wieder eine Schnabeltasse zum Trinken. Und sie schaut sich als "investigative Undercover-Journalistin" in den Dorf-Discos um, die jetzt "Szene-Club" heißen und in Räumen stattfinden, die man kaum lebensfeindlicher gestalten könnte, in denen die jungen Frauen auf zehn Zentimeter hohen Stilettos sich ihre Füße fürs Leben ruinieren, der Lärm kein Gespräch zulässt und die Macker in den Markenklamotten der gängigen Sportartikelhersteller so cool sein müssen, dass sie nur bewegungslos herumschauen können, denn Ausgelassenheit, Reden, Lachen, wild Tanzen sind halt uncool. Perlingers Fazit: "Mir tun die jungen Leute Leid."
Verrücktheit kultivieren
Dagegen preist sie die Möglichkeiten der "neuen Alten": Man hat Narrenfreiheit, kann alle bislang unterdrückten Verrücktheiten kultivieren. Da es in ihrem Programm ja immer wieder "unter die Gürtellinie geht", wie sie eingangs warnt, schlüpft sie in die Verkleidung einer Gebärmutter, um den "zyklisch auftretenden Wahnsinn einer Frau, die gerade empfänglich ist", von innen zu beleuchten und die Menopause inklusive Hitzewallungen als Erlösung "von dem Rumgefummel mit Verhütungsmitteln" zu feiern. Nach der Pause schickt sie sich selbst in Verkleidung als Frau Roteneigner auf die Bühne, seniorengerecht in dezent herbstfarbener Polyesterjacke, diebessicher umgehängter Handtasche und Hütchen gekleidet, die als schüchterne Passantin auf die Bühne kommt und das Publikum um eine bezahlbare Wohnung bittet, denn "der liebe Gott lässt uns länger leben, aber sagt nicht, wovon".
Casting für Alten-WG
Als Alternative stellt sie mit einem rasanten Kostümwechselslapstick ein Casting für eine Alten-WG vor und als Schweizer Diplompsychologin Gundula Gicklkräutli die "Villa Kunterbunt" für Alte. Die rät jungen Leuten ab, Gras zu rauchen, denn "wo kein Bewusstsein ist, kann man nichts erweitern!" Aber in der Villa gibt es Marihuana gegen Alterszipperlein und Ecstasy gegen Altersdepression.
Rent-a-Rentner
Mit ihrem Körper als Percussioninstrument führt sie vor, wie man Gelenkgeräusche einfach umfunktionieren kann in etwas Positives. Bevor das Ganze dann zu einer Lebenshilfe-Session werden kann, schlupft sie zu ihrem "Reinkarnationssong" in prächtige Kostüme aus Andalusien, dem Orient und Indianerwigwams und sprudelt ihre fantastischen Vorschläge zum Erlebnis-Alter hervor: Rent-a-Rentner, Ben Hur für Arme und Schlussfeuerwerk mit ins Leichentuch eingenähten Silvesterraketen. Gemäß den Jugenderinnerungen der neuen Alten rät sie zum Happy-Hippie-Groove statt Nachmittagsteestündchen, wobei sie mit knallbunten Riesenflügeln über die Bühne tanzt. "Ich bleib dann mal jung!" gibt sie als Motto ihrem keineswegs Publikum mit. Und wer wollte das angesichts ihrer fulminanten Bühnenshow bezweifeln, in der sie ihre selbst geschriebenen Songs mit professionell ausgebildeter Stimme über dreieinhalb Oktaven vorträgt und sie zum Teil selbst mit Gitarre und Schlagzeug begleitet, tanzt (in New York und Wien studiert), in gefühlt 30 Rollen schlüpft und beim Umziehen hinter dem Paravent auf der Bühne unentwegt weiter plaudert. Auch das Schauspielern hat sie professionell gelernt, wechselt vom alten geilen Krauterer in den gestylten Disco-Coolen, in die Alte mit ihrer zum Drumset aus Schminkgefäßen umgemodelten Gehhilfe, in die schrille Punklady, in die "starke" Sexbombe in die schüchterne Wohnungssucherin und zurück in ihre natürliche Gestalt, das Leopardentrikot mit passenden Überwürfen, das sie seit vielen Jahren als Markenzeichen trägt.
Ohne Rüchsicht auf Tabuzonen
Sissi Perlinger ist schrill, skurril, motzt mal kurz über Politiker, doch ist das politische Kabarett nicht ihr Ding. Lieber stellt sie - zugegebenermaßen leicht frauenlastig - das wirkliche Leben ohne Rücksicht auf Tabuzonen und ihre eigenen und unsere Ängste auf die Bühne. Wie ein erfrischender Wirbelwind macht sie mit ihrer Bilder- und Ideenfülle ihre Zuschauer innerlich frei trotz manchmal etwas therapeutenhaft wirkenden Lebenstipps zur Selbstverwirklichung. Befreit jubelte am Ende denn auch das Publikum im gut besetzten Max-Littmann-Saal nach diesem mitreißenden Auftritt der Allround-Entertainerin.Themen & Autoren / Autorinnen