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Bad Kissingen
Sie musste kommen, aber wie sollte die Moderne aussehen?
Die Lesungen mit Musik scheinen beim Kissinger Sommer nicht nur mehr Präsenz, sondern auch eine neue Qualität zu erreichen.
Katja HeinrichGerhild Ahnert       -  Katja HeinrichGerhild Ahnert
| Katja HeinrichGerhild Ahnert
Thomas Ahnert
 |  aktualisiert: 18.08.2022 19:50 Uhr
Nach Johann von Bülow und dem Boulanger-Trio mit den Wirkungen des Ersten Weltkriegs auf die Musik jetzt "Die künstlerischen Manifeste", eine Lesung über den Einzug der Moderne aus der Sicht von Dichtern, Denkern und Musikern.
Die Schauspielerin Katja Heinrich hatte die Lesung der Texte übernommen. Es war eine interessante Sammlung von zum Teil aphoristisch kurzen Texten von Busoni, Antheil, Strawinsky, Adorno, des bissigen Cocteau, Gershwin, Trotzki, Majakowski, aber auch das krude "Manifest des Futurismus " des italienischen Faschisten Filippo Tommaso Marinetti . Man war sich einig, dass eine neue Ästhetik zu fordern war, aber natürlich nicht einig, wie die auszusehen hatte. Und man beäugte kritisch die Kollegen. Vor allem Cocteau: "Debussy ist von der deutschen in die russische Falle gegangen." Oder: "Schönberg ist ein Musiker der Wandtafel."
Nikolai Khozyainov, KlavierOlympionike von 2016, hatte den Klavierpart übernommen. Es war zum einen erfreulich, wie sich der junge Pianist seitdem weiterentwickelt hat, wie er als Gestalter gewachsen ist. Zum anderen hatte er ein Programm, das die Wege der Komponisten des Umbruchs in die Moderne absolut plastisch werden ließ: natürlich Strawinskys "Danse russe" aus "Petrouchka" oder die beschämend unbekannte 2. Klaviersonate von George Antheil mit dem Beinamen "The Aeroplane". Man kann sich denken, dass es da um den Start einer Propellermaschine geht - und trotzdem ist es spannende Musik. Oder Gershwins elastische Preludes. Oder Debussys rauschhaft farbenreiches "La soirée dans Grenade". Oder Arnold Schönbergs ²Mäßig langsam" aus den Zwei Klavierstücken op. 33, wobei einmal mehr deutlich wurde, dass Schönbergs Klaviermusik nicht wegen der Zwölftönerei an sich so schwer zu vermitteln ist, sondern wegen ihrer konstruierten Emotionslosigkeit. Da hatte Cocteau schon Recht.
Und am Ende: Sergei Prokofievs berühmte Sonate Nr. 7, die Khozyainovs Entwicklung am deutlichsten zeigte, weil er jetzt auf die lyrischen Aspekte zielte. Nur: Wie er die Sonate zu Ende gebracht hätte, werden wir nie erfahren. Denn im letzten Satz wurden wegen eines Feueralarms die Besucher aus dem Rossini-Saal evakuiert.
 
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