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Bad Kissingen
Shakespeare und die Liebe in allen Facetten
Der Berliner Schauspieler, Autor und Dokumentarfilmer Max Urlacher präsentiert William Shakespeare mit seinen schönsten Sonetten, Monologen und Dialogen.
Max Urlacher präsentiert einige der schönsten Sonetten, Monologe und Dialoge William Shakespeares.       -  Max Urlacher präsentiert einige der schönsten Sonetten, Monologe und Dialoge William Shakespeares.
Foto: Thomas Ahnert | Max Urlacher präsentiert einige der schönsten Sonetten, Monologe und Dialoge William Shakespeares.
Thomas Ahnert
 |  aktualisiert: 23.04.2025 06:00 Uhr

„40. Theaterring der Stadt Bad Kissingen “ – ein Jubiläum, das man schon deshalb feiern kann, weil es keineswegs immer sicher war, ob man es angesichts kulturpolitischer Bedenklichkeiten und Schlingerkurse im Rathaus je erreichen würde. Sie waren damals der Auslöser für die Gründung des Vereins „Freunde des Theaterrings“. Klar, dass die jetzt feierten mit zwei Sonderveranstaltungen: mit einer Musikalischen Lesung von Nikolai Gogols skurrilem „Die Nase“ im Kurtheater und jetzt, im Saal des Hotels Kaiserhof Victoria, eigentlich naheliegend, mit einer Hommage an die große Lichtgestalt des europäischen Theaters: William Shakespeare . Schließlich ist er auch der meistgespielte Autor des Theaterrings – und darf das auch gerne bleiben.

Erinnerung an den Kissinger Sommer 2022

Eingeladen hatte der Verein den Berliner Schauspieler, Autor und Dokumentarfilmer Max Urlacher.

Die Besucher des Kissinger Sommers werden sich an ihn erinnern: 2022 gab er in einer „postsinfonischen Lesung“ Einblicke in den Briefwechsel von Richard Wagner und Franz Liszt . Dass es jetzt Shakespeare war, dem er sich widmete, ist kein Zufall. Er hat sich intensiv mit ihm befasst und hat ihn auch gespielt: Unter anderem war er der Sebastian in „Der Sturm“ in der Regie von Deborah Warner bei den Salzburger Festspielen. Und er tourte mit dem Freiburger Barockorchester als Sprecher oder Erzähler im „Sommernachtstraum“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy .

Komödiantischste Handlungsstränge

Und den gab Max Urlacher auch jetzt – natürlich mit dem Fokus auf zweieinhalb der wichtigsten und komödiantischsten Handlungsstränge: die Irrungen und Verwirrungen der beiden (Hass-)Liebespaarungen Demetrius, Helena, Hermia, Lysander – in alphabetischer Reihenfolge, da die Beziehungen kompliziert sind dank des unpräzisen Umganges von Puck mit den Liebestropfen – und das köstliche Bemühen der „Meisters“, der Athener Handwerker, die mit einem eigenen Stück über Pyramus und Thisbe am Athener Hof bei der Hochzeit von Theseus und Hippolyta auftreten wollen. Und schließlich ein bisschen über das Verhältnis der Oberelfen Oberon und Titania.

Lockere Schnoddrigkeit

Natürlich erzählte Max Urlacher nichts Neues. Denn Freunde des Theaters kennen das Stück. Aber es war die Sprache, die Art, wie er erzählte, die Erdung und eine lockere Schnoddrigkeit und Respektlosigkeit, die die Dinge beim Namen nennt. Und damit Shakespeares zum Teil durchaus drastische Äußerungen aus der puritanischen Versenkung holt, in die sie durch die alles Anzügliche ausmerzende Übersetzung von Schlegel/Tieck geraten und viele Jahrzehnte geblieben sind. Jetzt durfte der „Sommernachtstraum“ wieder eine deftige Komödie sein. Shakespeare hätte sich sicher verstanden gefühlt.

Und man selbst spürte plötzlich das Bedürfnis, das Stück in einer der modernen Übersetzungen wiederzusehen. Wenn auch nicht unter den originalen Umständen. Denn damals, so Max Urlacher, konnte man erleben, dass Knaben Frauen spielten, die sich als Männer verkleideten wie etwa Rosalind.

Gedichte geben immer Rätsel auf

Der zweite Teil des Abends war dem Dichter Shakespeare und seinen berühmten Sonetten gewidmet. Natürlich konnte es nur eine knappe Auswahl sein, aber letztlich handeln alle von der Liebe in allen Erscheinungen. Und von ihrer Kraft.

Wenn es, wie im Sonett 116, etwa heißt, dass eine Liebe nicht am ersten Treuebruch zerbricht. Oder es ist, wie im Sonett 20, die Ambivalenz eines jungen Mannes, der die Schönheit einer Frau, aber die Gestalt eines Mannes hat. Der Dichter würde sie gerne lieben, aber die Natur hat ihr vor lauter Begeisterung etwas hinzugefügt: einen Penis.

Shakespeares Gedichte geben immer Rätsel auf, und engagiert vorgetragen, wecken sie immer interessierte Begeisterung: Lyrik in einer Zeit des Umbruchs, am Beginn der Neuzeit. Und das auf einem begeisternden Niveau.

Natürlich kann man nicht alles haben. Und doch war es ein bisschen bedauerlich, wenn auch verschmerzbar, dass Max Urlacher keines der Sonette auch in der englischen Originalsprache vorgetragen hat. Denn dadurch blieb ein Aspekt dieser Gedichte, der auch ihre Größe ausmacht, unberücksichtigt: die enorme Musikalität und Rhythmik der Shakespeare ’schen englischen Sprache, die die Übersetzer ins Schwitzen bringt.

Sonett nicht ohne Grund ausgewählt

Das letzte Sonett Nr. 154 (in der kongenialen Übersetzung von Markus Marti) hatte Max Urlacher nicht ohne Grund ausgewählt und an den Schluss gestellt. Denn Shakespeare muss Kissingen gekannt und Amor dort beobachtet haben: „Der kleine Liebesgott lag auf dem Ohr,/die Liebesfackel neben sich gelegt,/als eine Nymphenschar, die Keuschheit schwor,/vorbeigetrippelt kam. Wohl überlegt ergriff die Schönste diesen heißen Pfahl,/durch den so manches Herz schon Wärme fand./Schon fand sich der Begierde General/entwaffnet von der keuschen Jungfrau Hand. Sie löscht’ die Fackel aus im kühlen Quell,/der, durch das Liebesfeuer ewig heiß,/ein Badeort nun ist, wo Kranke schnell/sich Heilung hoffen. Ich kam solcherweis als meiner Herrin Sklave hier zur Kur,/doch Liebesfeuer heizt das Wasser nur.“

Denkmal für Shakespeare

Von wegen kühlende Kurschatten! Die Kissinger sollten William Shakespeare auf dem Platz vor dem Kurtheater ein Denkmal errichten. Fürst Ferenc Rákoczy war ja auch nie in Kissingen. Und trotzdem sitzt er seit Jahren entspannt vor seinem Etablissement.

 
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