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Bad Kissingen
Sexueller Missbrauch: noch mehr sensibilisieren
Wie lokale Clubs und Verbände auf die Anforderungen einer präventiven Vereinsarbeit reagieren.
Aktuelle Missbrauchs-Fälle beschäftigen die hiesigen Sportvereine und Verbände nachhaltig. Symbolfoto: Theeradech Sanin, adobe stock       -  Aktuelle Missbrauchs-Fälle beschäftigen die hiesigen Sportvereine und Verbände nachhaltig. Symbolfoto: Theeradech Sanin, adobe stock
| Aktuelle Missbrauchs-Fälle beschäftigen die hiesigen Sportvereine und Verbände nachhaltig. Symbolfoto: Theeradech Sanin, adobe stock
Jürgen Schmitt
 |  aktualisiert: 17.08.2022 08:40 Uhr

Dieser Fall hat die Menschen emotional mitgenommen: Ein gerade mal 21 Jahre alter Fußballtrainer aus dem Landkreis hatte auf perfide Art und Weise Jugendliche sexuell missbraucht, wurde für seine Untaten schließlich zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt (wir berichteten). Mit Christoph Metzelder stand jetzt sogar ein ehemaliger Fußballnationalspieler vor Gericht, dem der Besitz kinder- und jugendpornografischer Schriften vorgeworfen wurde. Das aktuelle Urteil von diesem Donnerstag: Der 40-Jährige kommt mit zehn Monaten auf Bewährung davon. Dabei sollten Trainer , Übungsleiter und insbesondere Profi-Sportler Vorbilder sein, sollten den Nachwuchs in die Vereine bringen, motivieren und im besten Fall zum mündigen Menschen miterziehen.

Oben geschilderte kriminelle Machenschaften bringen Vereine und Verbände in Zugzwang, engagierte Menschen sehen sich einem Generalverdacht ausgesetzt. Immerhin: Der Themenkomplex bekommt die Aufmerksamkeit, die er verdient. "Bei der Jugendleiter-Ausbildung und den verschiedenen Fortbildungsmaßnahmen ist die sexuelle Prävention ein relevantes Thema und ein enorm wichtiger inhaltlicher Bestandteil, um die Übungsleiter entsprechend zu sensibilisieren. Die Referenten sind sehr gut geschult", sagt mit Rudi Weik der Kreisvorsitzende innerhalb der Bayerischen Sportjugend (bsj). "Und es ist doch auch so, dass es für die Qualität der Vereine spricht, wenn diese auf ausgebildete Übungsleiter zurückgreifen können", ergänzt der Euerdorfer, der seit 14 Jahren an der bsj-Spitze im Landkreis steht.

Der Trainer hält Abstand

Aus seiner persönlichen Erfahrung berichtet Reinhold Nürnberger, der im TSV Bad Kissingen seit 20 Jahren Trainer der Leichtathletikabteilung ist. "Das ist wirklich ein wichtiges Thema. Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Athletinnen und Athleten. Eine Vertrauensbasis muss da sein, auch den Eltern dem Trainer gegenüber. Ich selbst achte zum Beispiel darauf, immer den körperlichen Abstand zu wahren und bin dankbar, dass mit Jana Haase auch eine Frau im Trainerteam ist", sagt Nürnberger, der für seine Trainer-Tätigkeit ein polizeiliches Führungszeugnis vorweisen musste.

Etwa 2100 Mitglieder und 18 Abteilungen mit zahlreichen Kinder- und Jugendgruppen hat der TV/DJK Hammelburg . Die Missbrauchs-Prävention ist ein wichtiger Bestandteil der Vereinsarbeit . "Von allen Übungsleitern, die im Kinder- und Jugendbereich tätig sind, wird alle fünf Jahre ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis eingeholt. Weiterhin holen wir von allen die Unterschrift auf einer Selbstverpflichtungserklärung ein. Wir sind sehr sensibilisiert und haben deshalb, soweit uns das organisatorisch möglich ist, ein Vier-Augen-System in den Übungsstunden mit Minderjährigen implementiert. Hier werden wir sehr gut von Eltern und unseren beiden FSJlerinnen unterstützt", sagt TV/DJK-Pressesprecherin Angelika Silberbach, deren Anlauf- und Informationsstellen beispielsweise Pro-Familia, der DJK-Diözesanverband oder der Bayerische Landessportverband ist. Im Verein ist Geschäftsstellenleiterin Katja Benner die zuständige Fachkraft.

Spezielle Seminare

Abteilungs- und Übungsleiter werden von Vereinsseite regelmäßig auf dem neuesten Stand gehalten. "Erst im Dezember 2019 hatte unser Vorsitzender Reinhard Schaupp vereinsübergreifend zu dem Seminar ' Sexuelle Gewalt als Thema für die Jugendarbeit in Vereinen - Prävention von sexuellem Missbrauch' eingeladen", ergänzt Silberbach

Ähnlich gut aufgestellt präsentiert sich der TSV Münnerstadt mit seinen 1200 Mitgliedern und elf Abteilungen. "Dieses sehr sensible Thema haben wir immer im Blickfeld und es sorgt regelmäßig für Diskussionen bei den Abteilungsleitern und innerhalb des Vorstands", sagt Sportvorstand Günter Scheuring. Der Lauertal-Club verlangt für alle Mitarbeiter - Vorstand, Abteilungsleiter, Trainer und Übungsleiter - ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis. Zudem wurden ein Ehrenkodex erarbeitet und Übungsleiter im Rahmen eines Workshops zur Prävention sexualisierter Gewalt geschult. "Nach der Corona-Zwangspause werden wir wieder eine Schulung dazu anbieten. Anlaufstelle ist bei Jugendleiter Friedrich Bakaj", so Scheuring.

Hier gibt es Hilfe

Grundsätzlich können sich Betroffene, Angehörige oder Freunde der Opfer ans Jugendamt des Landkreises Bad Kissingen wenden, wo der Fall in der Regel an den Allgemeinen Sozialen Dienst weitergemeldet wird. Hilfe versprechen zudem Opferschutzverbände wie "Weißer Ring" und "Wildwasser", die ihren unterfränkischen Sitz in Würzburg haben. Am Runden Tisch " Häusliche Gewalt " ist zudem die Idee des "Arbeitskreises Gewaltprävention " entstanden. Dabei handelt es sich laut Landratsamt-Pressesprecherin Nathalie Bachmann um ein ganzheitliches Konzept, das die innere Haltung der Kindern fördern und sie dazu befähigen soll, Grenzen zu setzen, Nein zu sagen und sich Hilfe zu holen. Klar ist aber auch: Der Ruf nach einer speziellen Anlaufstelle für den Landkreis wird (vorerst) nicht erhört.

 
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  • S. W.
    Ein erweitertes Führungszeugnis enthält alle kinder- und jugendschutzrelevanten Verurteilungen. Die Einträge werden nach 3 bzw. 5 Jahren gelöscht.
    Eingestellte Verfahren bzw. Ermittlungen bleiben unberücksichtigt.
    Ebenso "sexuelles Fehlverhalten" gegenüber Erwachsenen.

    Es ist erfreulich, dass in der aktuellen Trainerausbildung großer Wert auf das Thema gelegt wird. Aber was ist mit Trainern, deren Ausbildung schon eine längere Zeit zurückliegt.

    Wie man sieht, darf und kann das erweiterte Führungszeugnis nicht das einzige Kriterium zum Schutz der Kinder sein.
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