Initiator für den Stammtisch "Ortsgeschichte und Brauchtum" in Thundorf war im Jahr 2014 der 2016 verstorbene Altbürgermeister Felix Braun. Schon am Anfang nahm er Rainer Wolf mit ins Boot, der mittlerweile die Leitung übernommen hat. Ziel dieses Stammtisches, der sich meist monatlich einmal im Gasthaus "Goldene Krone" trifft, ist die Aufarbeitung und Erstellung einer Chronik über die Ortsgeschichte, um diese für die Nachwelt zu erhalten. Viele Themen wurden bisher schon analysiert und nieder geschrieben. Das Thema beim jüngsten Stammtischgespräch war "Typhus Epidemie in Thundorf 1947 und 1949". Rainer Wolf hatte dazu viele Fakten und Daten zusammen getragen, um darüber zu berichten.
Diese Seuche geht auf 1947 zurück und hat eine Verbindung zur Wasserversorgung von Thundorf. Bereits am 12. Juni 1910 wurde im Gemeinderat das Thema "Wasserleitung" behandelt und an die königliche Regierung in Vorlage eingebracht. Am 28. November 1912 wurde dann eine Gemeindeversammlung einberufen, wozu von 60 Stimmberechtigten, 48 erschienen waren. Der Beschluss für eine gemeinsame Wasserversorgung mit Maßbach ging aber mit drei dafür und 40 dagegen in die Hose.
Ort unter Quarantäne
Als im März 1947 dann in Thundorf eine Typhus Epidemie, verursacht durch ein Hochwasser des Ransbaches, ausbrach, duldeten die Fachbehörden keinen Aufschub des Wasserleitungsbaus mehr. Der ganze Ort wurde unter Quarantäne gestellt. Vom Hochwasser war auch das "Hofgut Benckiser" betroffen, in dem sich seinerzeit ein Kreisaltersheim mit ca. 50 Heiminsassen befand. Da sich sowohl der Brunnen für die Wasserversorgung des Gutshofes, als auch die Klärgrube der Toiletten auf dem Hofgelände befanden, kam es durch die Überschwemmung zu einem Kurzschluss zwischen Klärgrube und Brunnen.
Die Bakterien gelangten in das Trinkwasser des Altenheimes und führten zu der großen Anzahl von Typhus Erkrankungen. Nachdem sich die Seuche immer weiter ausbreitete und es sogar Todesfälle und schwerste Erkrankungen zu verzeichnen gab, war mit dem Wasserleitungsbau Eile geboten. Da auch noch ein weiterer Brunnen in der Nähe betroffen war und von der Dorfbevölkerung genutzt wurde, kam es auch außerhalb des Hofgutes zu Erkrankungen. Allerdings waren bei den Dorfbewohnern keine Todesopfer zu verzeichnen.
Schnell handeln
Ungefähr zwei Jahre nach dem Ende der ersten Typhus Epidemie im Altersheim wurde dort am 5. Mai 1949 erneut ein Typhusfall festgestellt, dem weitere Fälle bis Juli 1949 folgten. Insgesamt sind 16 Fälle überliefert, so Wolf, von denen elf allein auf das Hofgut entfielen. Einer davon war tödlich. Da die Fälle im Schlossgut besonders stark auftraten und dort das Altersheim untergebracht war, mussten die Gesundheitsbehörden für das Gut sehr schnell handeln und eine Reihe von Maßnahmen ergreifen. Dazu gehörte unter anderem die Sperrung des Hofes. Einem Einspruch des Besitzers wurde nicht stattgegeben. Auch die Gemeinde wurde zum Handeln aufgefordert. Sie ist aber nicht wie erwartet sofort aktiv geworden, stattdessen wurden die vorliegenden Missstände zur Klärung an das Landratsamt weiter geleitet. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1949 wurde das Altersheim schließlich aufgelassen.
Da der Brunnen der Wasserversorgungsanlage des Schlossgutes am 28. Februar 1950 wieder durch Coli-Bakterien verunreinigt war, drängten die Gesundheitsbehörden die Gemeindeverwaltung möglichst schnell eine zentrale Wasserversorgung im Ort einzurichten. Schon nach der ersten Typhus Epidemie lagen Planungen dafür vor, um 1950 damit zu beginnen. Aus finanziellen Gründen war die Kommune jedoch damals nicht in der Lage, das derartige aufwendige Projekt zu stemmen. Es dauerte noch bis 1953 bis eine zentrale Wasserversorgung für Thundorf in Betrieb genommen werden konnte. "Trotz der Verzögerung war Thundorf eine der ersten Gemeinden in der Umgebung, die in den Genuss einer zentralen Wasserversorgung kam", so Rainer Wolf.