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Euerdorf
Seniorenhaus Euerdorf: Vorläufige Schließung aus Personalmangel
Die landkreiseigene Carl-von-Heß-Sozialstiftung kündigt an, das Seniorenhaus Euerdorf ab Ende des Monats vorübergehend still zu legen. Die 27 Bewohner und 19 Mitarbeiter können alle in andere Einrichtungen wechseln. Das sagen Stiftung, Bürgermeister und Personalrat.
Das Seniorenhaus Euerdorf schließt zum Monatsende auf bislang unbestimmte Zeit.       -  Das Seniorenhaus Euerdorf schließt zum Monatsende auf bislang unbestimmte Zeit.
Foto: Ralf Ruppert | Das Seniorenhaus Euerdorf schließt zum Monatsende auf bislang unbestimmte Zeit.
Ralf Ruppert
 |  aktualisiert: 16.08.2022 22:45 Uhr

"Ich bin schockiert", fasst der Euerdorfer Bürgermeister Peter Bergel seine erste Reaktion zusammen: Am Freitag um 11 Uhr informierte ihn Marco Schäfer von der Carl-von-Heß-Sozialstiftung über die "Interimsschließung des Seniorenhauses Euerdorf ", wie es die Stiftung selbst nennt: Zum 31. Januar soll der Betrieb "vorerst" eingestellt werden. Zur Begründung führt die landkreiseigene Stiftung "Personalnotstand und pandemische Lage" an. Am Freitag wurden Mitarbeiter , Bewohner, Angehörige und Öffentlichkeit informiert. Mit Landrat Thomas Bold und dem Stiftungsrat der Carl-von-Heß-Stiftung sei die Maßnahme bereits vorab abgestimmt worden.

"Die Mitarbeiter müssen das alle erst einmal verdauen", sagte Personalratsvorsitzende Kathrin Jordan am Freitagnachmittag. Sie selbst sei auch am Freitag erst informiert worden, könne aber die Entscheidung nachvollziehen. Kathrin Jordan wechselte - nach 25 Jahren in Hammelburg - vor zwei Jahren nach Euerdorf . Zum Jahreswechsel vor zwei Wochen kehrte sie zufällig nach Hammelburg zurück. "Da habe ich noch nichts von der Schließung gewusst", betont die Personalratsvorsitzende, sie habe einfach neue Aufgaben übernommen. Der Betrieb in einem kleinen Haus wie Euerdorf sei sehr schwer aufrecht zu erhalten, weil auch dort rund um die Uhr examinierte Fachkräfte vor Ort sein müssen. Jordan hofft, dass alle Mitarbeiter mit dem Wechsel nach Hammelburg einverstanden sind und geht fest davon aus, dass das Seniorenhaus Euerdorf irgendwann wieder öffnen wird.

"Nach reiflicher Überlegung"

"Die sich seit Jahren ständig verschärfende Situation auf dem Pflegearbeitsmarkt und die bereits seit etwa zwei Jahren anhaltende pandemische Lage haben deutliche Spuren bei uns hinterlassen", begründet Marco Schäfer die Entscheidung in Euerdorf . Die Stiftung könne das Seniorenhaus Euerdorf "zurzeit nicht mehr nach unseren Vorstellungen, Werten und Ansprüchen betreiben". Die Entscheidung sei "schweren Herzens und nach reiflicher Überlegung" gefallen. "Unser Ziel ist es jedoch, den Betrieb nach einer Restrukturierung und Gewinnung von geeignetem Pflegepersonal und einer kompetenten Pflegedienstleitung wieder aufzunehmen", versichert Schäfer. Betroffen seien aktuell 27 Bewohner und 19 Mitarbeiter .

Die Stiftung verspricht, dass alle Bewohner "die Option auf einen Pflegeplatz innerhalb der stiftungseigenen Einrichtungen im Landkreis Bad Kissingen" erhalten. Der überwiegende Anteil könne im Hammelburger Dr.-Maria-Probst-Seniorenheim unterkommen. Auch alle Mitarbeiter möchte die Stiftung dort weiterbeschäftigen. "Mir persönlich liegt sehr viel daran, dass sich alle Beteiligten gut aufgehoben fühlen und ein neues Zuhause finden", sagt Schäfer.

Schäfer verweist im Gespräch mit der Redaktion auf den "akuten Pflegenotstand". Der Vorstand der Carl-von-Heß-Sozialstiftung macht auch keinen Hehl aus seiner Enttäuschung darüber, dass kein einziger Mitarbeiter des Hammelburger Bürgerspitals in eine seiner Einrichtungen wechselte. Einige seien in Ruhestand gegangen. Der frühere Heimleiter des Bürgerspitals sollte die Heimleitung in Euerdorf übernehmen, blieb allerdings nur kurz. Deshalb gebe es seit Monaten keine eigene Pflegedienstleitung für Euerdorf . Schäfer versichert, dass trotz der Schließung schnellstmöglich nach Personal gesucht wird. "Die Pacht läuft weiter, und wir müssen uns ja auch um das Gebäude kümmern", verweist Schäfer auf hohe laufende Kosten. Auch auf mehrfache Nachfrage, wie lange in Euerdorf die Türen zu bleiben, legt sich Schäfer nicht fest, allerdings lässt er durchblicken, dass er keine Chance auf eine Wiedereröffnung vor der Einführung der Impfpflicht Mitte März sieht: Im Stammpersonal sei die Impfquote zwar relativ hoch, aber bei den Leiharbeitskräften gebe es viele Impfverweigerer: "Da bricht uns vieles weg", befürchtet Schäfer. Auch am Konzept werde gearbeitet: Bislang bietet die Stiftung in Euerdorf vollstationäre Pflege an, Schäfer könnte sich aber auch Tages- und Kurzzeitpflege dort vorstellen. Auf alle Fälle solle das "schöne und liebevoll sanierte Haus" erhalten bleiben.

Völlig auf dem falschen Fuß erwischt wurde Bürgermeister Bergel: "Ich dachte, dass Herr Schäfer vielleicht mit mir über einen Anbau reden will", habe er bei der Terminanfrage auf einen Ausbau des Seniorenheims gehofft. Schließlich seien 27 der 29 Plätze belegt, und das Heim werde gut angenommen. Bergel hatte sich bereits Mitte der 1990er Jahre für den Erhalt der Einrichtung stark gemacht, unter anderem engagierte er sich in einem Förderverein für die Philippische Altenheim-Stiftung. Als Hausarzt habe er oft Patienten im Seniorenheim besucht. Nach zwei Sanierungen ging der Euerdorfer Bürgermeister davon aus, dass die Einrichtung dauerhaft gesichert ist. "Mir tut es leid für die Bewohner, die jetzt verpflanzt werden", sagt Bergel. Allerdings sei er optimistisch: "Herr Schäfer hat mir versichert, das Haus so schnell wie möglich wieder zu öffnen."

Weil Bergel selbst konfessionslos ist, laut Satzung aber die Stiftungsräte katholisch sein müssen, vertritt 2. Bürgermeister Michael Röder die Gemeinde in der Philippischen Altenheim-Stiftung. "Geschockt und traurig" war er am Freitag. Zwar sei es eine gute Nachricht, dass die Pacht weiter gezahlt wird, Röder hofft jedoch, dass das Gebäude möglichst schnell wieder für den eigentlichen Stiftungszweck genutzt wird, nämlich die Pflege von Menschen. Angehörige wollten sich gestern auf Anfrage nicht namentlich zur Schließung äußern.

 
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Kommentare
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  • S. K.
    bei solchen "Pflegekräften" ist es denk ich besser
    wenn das Haus zu gemacht wird...
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  • W. T.
    Das war absehbar ich kenne Pflegekräfte die gekündigt haben wegen der Impfpflicht.
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  • S. K.
    Man muss sich schon wundern, warum Leute kündigen. Wäre hier nicht mal der Weg zum Arzt der vernünftigere gewesen zwecks einer Beratung?
    Da man ja davon ausgeht, dass man sich nicht impfen lassen kann, dann sollte es ja der Artz festellen können oder man hat die Gewissheit, dass man sich doch entgegen der eigenen subjektiven Meinung impfen lassen kann.
    Sollte man doch zu den handvoll erlesenen zählen, die sich aus medizinscher Sicht nicht impfen lassen können, dann kann man dies ja bestätigen lassen vom Arzt und hat einen Beleg für seinen Arbeitgeber.

    Ich kenne viele, die überlegen, wann sie mit wievielen abschlägen in Rente bzw. Altersteilzeit gehen.
    Da sind sich auch viele nicht sicher.. Aber die gehen dann zur Beratung beim Steuerberater oder bei der Rentenversicherung und treffen dann eine Entscheidung mit professioneller Beratung und einbeziehung der persönlichen Bedürfnisse.

    Beim Thema Impfen sind manche nicht zum rationallen Handeln fähig.
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