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RIEDENBERG
„Seither kommen wir jeden Montag“
Zeitungsausschnitte, Fotos und unzählige Widmungen zufriedener Besucher – ein ganzer Stapel von Gästebüchern dokumentiert die enge Bindung, die die Wirtsfamilie Gros im Berghaus Rhön zu ihren Gästen aufgebaut hat.
Das Berghaus Rhön bei Riedenberg.
| Das Berghaus Rhön bei Riedenberg.
Von unserem Redaktionsmitglied Michael Mahr
 |  aktualisiert: 15.12.2020 14:56 Uhr

1974 haben Helena und Reinhard Gros das Haus vom Landkreis gepachtet. Seit 23 Jahren führt Sohn Klaus-Dieter Gros den Betrieb, zusammen mit seiner Frau Petra und seiner Schwester Gudrun Linke, die für den Service verantwortlich ist. Eine zweite Schwester, Claudia, hilft öfter aus.

„Klaus-Dieter ist der Kopf, Petra das Herz und Gudrun die Seele“ des Betriebs, so hat Heinz Spohn das Trio einmal charakterisiert. Kaum einer kennt das Berghaus Rhön so gut wie der Kissinger, der mit seiner Frau Waltraud jahrelang einmal in der Woche in die Schwarzen Berge kam, später auch mit befreundeten Paaren. Wie das kam?

Dafür hat Ramona gesorgt, die Tochter von Petra und Klaus-Dieter Gros, erzählt Waltraud Spohn. Die heute 22-Jährige dürfte vielleicht vier Jahre alt gewesen sein, als eines Tages bei den Spohns das Telefon klingelte. Ramona war dran und weinte. Heute wäre noch niemand zum Spielen dagewesen, habe sie sich beklagt. „Was haben wir gemacht? Wir sind ins Auto gestiegen und hochgefahren“, erinnert sich Waltraud Spohn.

Später hätten sie und ihr Mann überlegt, dass sie ja nicht jedes Mal in die Schwarzen Berge fahren könnten, sollte die Tochter der Pächterfamilie wieder einmal jemand zum Spielen suchen. Am Samstag und Sonntag kommen oft andere Gäste mit Kindern zum Spielen. „Also kommen wir montags“, verabredeten sie mit Ramona Gros. „Und seither kommen wir jeden Montag“, erzählt Waltraud Spohn, deren Mann die Bilder für das Nebenzimmer gemalt hat.

Nicht nur Helga Schubert und Waltraud Spohn zählen zu den regelmäßigen Besuchern im Berghaus Rhön. „Der Anteil der Stammgäste ist sehr hoch“, sagt Gudrun Linke. Kürzlich betreute sie eine Familie, die die Taufe ihres Kindes mit den Gästen im Berghaus feierte. „Weißt du eigentlich, dass du hier drin bist mit deiner eigenen Taufe“, hat sie den Vater gefragt und eines der Gästebücher vorgelegt.

Die Gästebücher gibt es, seit Helena und Reinhard Gros das Berghaus Rhön 1974 übernommen haben. Das ehemalige Lohnbüro des Basaltsteinbruchs auf dem Farnsberg war vorher eine zeitlang in Privatbesitz und diente da schon als Anlaufstelle für Wanderer, auch wenn der Wirtschaftsbetrieb im damals „Liesl-Alm“ genannten Berghaus nicht über Würstchen und Flaschenbier hinaus ging.

Tipp vom Bürgermeister

1973 hat dann der Landkreis Bad Kissingen das Gebäude gekauft. Vom ersten Pächter trennte er sich schnell wieder. Vom damaligen Riedenberger Bürgermeister Kohlhepp bekamen die Eltern den Tipp, sich doch zu bewerben, erinnert sich Klaus-Dieter Gros. Mit den sieben Kindern zogen Helena und Reinhard Gros ins Berghaus. Sie richteten das Haus mit Unterstützung von Freunden und Nachbarn aus Riedenberg ein. „Ohne sie hätten wir das Haus nicht so schnell herrichten können“, ist die Familie Gros den Helfern noch heute dankbar.

Die Anfänge waren bescheiden. Als ihre Eltern das Berghaus pachteten, verfügte die Küche lediglich über einen Elektroherd mit drei Platten, erinnert sich Gudrun Linke. Gewirtschaftet wurde äußerst sparsam. Als sich zum ersten Mal ein ganzer Bus an einem Nachmittag angesagt hatte, wurden die Kaffeetassen gezählt. Es waren nur 20 vorhanden, viel zu wenig. „Der Vater ist nach Brückenau gefahren. Bei Schöppner hat er billig Netze mit je drei Tassen, Untertassen und Tellern gekauft“, erzählt sie. „Wir konnten den Bus abfertigen.“

1976 hatte die Familie Gros das Berghaus dann schon so etabliert, dass der Landkreis nun fast zwei Millionen Mark in einen Anbau investierte, der die heutige Küche und die Sanitäranlagen umfasste.

Bis heute sorgt der Kreis als Verpächter dafür, dass notwendige Investitionen getätigt werden, berichtet Klaus-Dieter Gros. Zuletzt etwa wurden die in die Jahre gekommenen Leitungen der Sanitäranlagen erneuert. Aber auch die Pächterfamilie hat viel Engagement und Geld in das Haus gesteckt, etwa in die Zimmer. Über vier Doppelzimmer, ein Einzelzimmer und ein Dreibettzimmer verfügt das Berghaus. Dazu kommen Lager für Wanderer.

Die Übernachtungsmöglichkeiten sind vor allem im Herbst, der Hauptwanderzeit, oft schon im Vorjahr ausgebucht. Im Winter sagen sich Übernachtungsgäste eher kurzfristig an. Sie wollen wissen, ob Schnee liegt. Von Weihnachten bis Ostern locken die Wintersportmöglichkeiten der Schwarzen Berge, die ebenfalls zu einem guten Teil auf das Wirken der Familie Gros zurückgehen.

Vorreiter in Sachen Wintersport

Vater Reinhard Gros war es, der zuerst die Loipe in den Schwarzen Bergen spurte. Anfang der 80er Jahre hat die Familie am Hang des Farnsbergs den Skilift gebaut, an dem viele Kinder ihre ersten Schwünge üben.

Kinder und Jugendliche waren auch Klaus-Dieter Gros und Gudrun Linke, als ihre Eltern das Berghaus Rhön übernahmen. Sie sind in den Betrieb hineingewachsen. Können sie sich vorstellen, noch einmal etwas anderes zu machen? „Definitiv nicht“, antwortet der 47-jährige Klaus-Dieter Gros ohne Zögern. Einmal Berghaus Rhön, immer Berghaus Rhön, die Gleichung stimmt aber auch nicht. „Ich will noch bei klarem Verstand erleben, wie 's nach uns im Berghaus weitergeht“, sagt seine ältere Schwester Gudrun Linke.

In der „Restlaufzeit“ werden sie und die anderen Familienmitglieder und Mitarbeiter das Berghaus „weiterentwickeln“ so Gudrun Linke, „aber das Prinzip weiterführen“, ergänzt ihr Bruder Klaus-Dieter Gros. Schließlich verlangen auch die Gäste immer wieder das traditionelle Berghaus-Schnitzel – mit Käse überbacken und groß genug, um den Hunger auch nach einer sehr langen Wanderung zu stillen.

Helga Schubert (links) und Waltraud Spohn (rechts), Stammgäste im Berghaus Rhön, blättern mit den Betreibern (von links) Gudrun Linke, Petra und Klaus-Dieter Gros in den alten Gästebüchern, die die 35 Jahre der Gaststätte unter der Regie der Familie Gros dokumentieren.
Foto: FOTOS (2) Michael Mahr | Helga Schubert (links) und Waltraud Spohn (rechts), Stammgäste im Berghaus Rhön, blättern mit den Betreibern (von links) Gudrun Linke, Petra und Klaus-Dieter Gros in den alten Gästebüchern, die die 35 Jahre der ...
 
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