In seinem aktuellen Buch "Namibia" erzählt Sebastian Fickert (44) über seine abenteuerliche Reise mit Zelt und Geländewagen quer durch afrikanische Steppe und Wüste. Es ist die fünfte Reiseerzählung des promovierten Juristen, der auch schon zwei Romane veröffentlichte.
Die Unabhängigkeit seines Richter-Berufs am Amtsgericht Gemünden , später am Landgericht Würzburg und seit 2016 am Oberlandesgericht Bamberg schätzt Sebastian Fickert sehr. Doch alle drei oder vier Jahre packt ihn das Reisefieber.
Dann lässt er seine aus Hammelburg stammende Ehefrau und die Kinder in Würzburg zurück und macht sich, nur mit dem Nötigsten ausgestattet, auf zu fernen Zielen. Nach Japan, Kasachstan, der Besteigung des Ararat - mit über 5000 Metern der höchste Berg der Türkei - und zuletzt Ecuador war im Sommer 2019 Namibia an der Reihe. Hat sich Fickert auf ein Reiseziel festgelegt, bereitet er sich über Monate durch Lektüre historischer Quellen und zeitgenössischer Bücher auf dieses Land vor.
Gerade der Bezug auf verschiedenartige Quellen, die historischen Einblicke in die wechselvolle Geschichte des Landes und einige Zitate aus alten Tagebüchern, verfasst in der deutschen Kolonialzeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts, verknüpft mit Fickerts persönlichen Reiseeindrücken aus der Gegenwart, machen seine Reiseerzählung so interessant und lesenswert.
In lockerem Stil
In lockerem, leicht lesbarem Stil geschrieben, gelingt es dem Autor, das 1990 aus südafrikanischem Mandat in die Unabhängigkeit überführte Land nicht aus oberflächlicher Sicht eines europäischen Touristen unvollkommen zu beschreiben, sondern seinen Lesern die Komplexität historischer wie neuzeitlicher Probleme aufzuzeigen, ohne diese zu werten. "Wenn meine Leser durch Lektüre des Buches Lust bekommen, selbst dieses Land zu bereisen, ist mein Ziel erreicht", beschreibt Fickert seine Absicht als Autor. "Ich schreibe keine Sachbücher, sondern Reiseerzählungen . Ich möchte meine Leser auf meine Reise mitnehmen."
Auf die zweiwöchige Namibia-Reise mit Geländewagen und Dachzelt quer durch den afrikanischen Busch nahm Fickert in den ersten Tagen seinen Bruder als Reisebegleiter mit. "Doch in der zweiten Woche ganz allein durch die Wildnis zu fahren, war für mich eine völlig neue Erfahrung."
Großer Respekt vor dem Land
Die Stille und Einsamkeit habe er vor allem dann extrem gespürt, wenn er mitten in der Wildnis übernachtete. "Ich habe großen Respekt vor dem Land bekommen." Seine Wahrnehmung wurde durch die unmittelbare Nähe zur Natur geschärft. Die Beobachtung einer Elefantenherde und anderer Wildtiere am Wasserloch aus unmittelbarer Nähe war für ihn, allein und schutzlos, schon aufregend genug. Aber als Fickert bemerkte, dass er Zelt und Kochgeschirr ausgerechnet zwischen einem Warzenschwein und dessen Nahrungsquelle aufgebaut hatte, "da wurde ich beim Abendessen doch ziemlich nervös". Das Warzenschwein verschonte ihn zum Glück.
Nicht nur diese Erfahrungen mit Wildtieren in ihrer ursprünglichen Lebenswelt blieben Fickert in Erinnerung, sondern vor allem die für Namibia typische rotbraune Landschaftsfarbe, das Licht der untergehenden Sonne, der dichte Sternenhimmel über der unbewohnten Steppe , die scheinbar endlose Namib-Wüste und der scharfe Kontrast, wenn der Wüstensand bei Swakopmund in den Atlantik zu fließen scheint.
"Aufprall der Kuturen"
Eindrucksvoll für ihn als Deutschen waren Relikte aus der Kolonialzeit, die nach mehr als hundert Jahren noch sichtbar sind, etwa das alte Amtsgericht (1906) in Swakopmund sowie die Christuskirche (1911) in der Hauptstadt Windhoek. Überrascht war Fickert auch, wenn Schwarze sich ihm mit deutschem Vornamen vorstellten. Dieser "Aufprall der Kulturen", der sich sogar in den schwarzen Townships zeigt, indem die verschiedenen Stämme ihre jeweils streng voneinander getrennten Wohnviertel haben und Kontakte untereinander vermieden werden, machen eine Lösung alter wie neuer Konflikte kaum lösbar. Es geht, musste der Jurist bald erkennen, keineswegs allein um den Konflikt zwischen Schwarz und Weiß. "Es braucht noch viel Zeit, die Probleme dieses Landes aufzuarbeiten."
Ein nächstes Reiseziel steht noch nicht fest. "Ich lasse es noch nicht zu", sagt Fickert. "Erst will ich Namibia noch voll ausschöpfen." Dazu gehören öffentliche Lesungen in den Wochen nach Corona. Seine Reisen zu exotischen Zielen verschaffen dem Richter den nötigen Abstand vom Alltag und Beruf. Doch durch die Wochen in Einsamkeit und Wildnis "lerne ich die Strukturiertheit des Berufsalltags wieder zu schätzen". Am Ende jeder Reise freut sich Sebastian Fickert immer wieder auf die Rückkehr in seine fränkische Heimat.
Das Buch
Sebastian Fickert: Namibia. Eine Reiseerzählung , Verlag Königshausen & Neumann, Taschenbuch, 218 Seiten, Preis: 14,80 Euro, ISBN 978-3826071065