
Seit er lesen kann, dreht sich sein ganzes Leben um Bücher: Hubert Ziegler (61) hatte die Buchhandlung am Eisenstädter Platz in Bad Kissingen, jetzt ist er der Leiter der Bücherei in Nüdlingen. Und hält nun sein Debut-Roman in Händen: „Bulle und Finn“ heißt der Krimi. Die Buchhandlung Schöningh ist so begeistert davon, dass sie den Roman in allen zehn Filialen im Schaufenster bewirbt.
„Und im Oktober bin ich damit auf der Frankfurter Buchmesse“, sagt Hubert Ziegler. Dass der kleine Verlag „Dead soft“ ihn als Autor auch noch zu einer Podiumsdiskussion bittet, „hat mich überrascht und freut mich als Newcomer besonders“.
Klare Trennung zwischen Privatperson und Autor
Über das Buch zu reden fällt Ziegler selbstverständlich nicht schwer, über sich selbst als Autor allerdings schon. Denn er hat ein Pseudonym gewählt, heißt als Autor Orlando Stein. „Ich möchte eine klare Trennung zwischen mir als Autor und Hubert Ziegler, der einem ganz normalen Beruf nachgeht.“ Deshalb ist es für ihn auch ausgeschlossen, an seinem Arbeitsplatz eine Lesung zu halten.
Der Plot: Ein Berlin-Krimi, im Mittelpunkt „Bulle“ Hanno, Kriminalhauptkommissar , auf dem Sprung in ein völlig neues Leben – und schwul. So wie der Autor . „Meine Homosexualität ist transparent“, sagt er. „Meine Figuren sollen ein normales Leben haben – so wie ich, beziehungsweise so normal, wie es sich queere Menschen wünschen.“
Hanno ist auch dank seiner robusten Sprache sehr normal, Finn ein schlagfertiger 17-Jähriger, der eine besonders innige Beziehung zu seinem alleinerziehenden Vater hat und zwischen die Fronten übler Machenschaften gerät. Und dann ist da noch Luis, auch Polizist, auf den Hanno ein Auge geworfen hat.
Genau gezeichnete Charaktere
Der Plot ist vielschichtig, die Erzählweise flüssig und prägnant, die Personen genau gezeichnet – vor allem durch die verschiedenen Sprachweisen, die der Autor ihnen gegeben hat. Ein Krimi wie gemacht für Unterhaltung im Sommerurlaub. Die Liebe kommt nicht zu kurz, diesmal allerdings nicht wie in 80 Prozent der Bücher „Kommissar liebt Zeugin“, sondern „Kommissar liebt Kollegen“.
„Das ist mein Hauptthema: Wie entwickeln sich Beziehungen? Wie finden Menschen zueinander? Wo gibt es Brüche? Wo müssen die Protagonisten kämpfen oder Kompromisse schließen?“ Ein weites Feld, das Ziegler sehr gut beackert hat. Und Liebesgeschichten, die funktionieren selbstverständlich auch in schwul.
Queere Literatur noch immer nur eine Nische
„Queere Literatur ist, obwohl sie aufgeholt hat, noch immer eine Nische“, sagt der Autor . Und vor allem deshalb freut er sich sehr über die Unterstützung der unterfränkischen Buchhandlung Schöningh. In allen zehn Filialen (Bad Kissingen, Würzburg, Werneck, Kitzingen, Höchberg, Karlstadt, Lohr, Marktheidenfeld, Wertheim und Miltenberg) wird das Buch gesondert beworben. Das Motto ist „Franken liest queer“.
Warum, erklärt Berthold Pospischil, Mitglied der Schöningh-Geschäftsführung. „Zum einen, weil es ein gutes Buch ist, die Verkaufszahlen belegen es. Und zum anderen ist es mir eine Herzensangelegenheit, das queere Profil innerhalb der Literaturszene zu stärken. Und das tue ich bewusst und aktiv, nicht erst seit Orlando Steins Buch.“
Schöningh-Chef setzt auf den Autor
Ihm gehe es um die „tolerante Gesellschaft“, die Schöningh am Herzen liege. „Schon immer haben wir im Vorfeld zum Pride Month begleitende Aktionen in allen unseren Filialen.“ Allerdings beschränkt sich die queere Literatur nur auf wenige Meter Regal in den meisten Buchhandlungen . „Das muss sich ändern“, sagt Berthold Pospischil. „Es beginnt bei Outings von Prominenten wie zuletzt Ex-Rennfahrer Ralf Schumacher . Sie sind Vorbilder für queere Menschen. Es muss einfach normal in unserer Gesellschaft werden. Wir leben im 21. Jahrhundert einer modernen Gesellschaft, die sich durch Toleranz auszeichnen muss.“
Zweiter Roman wird bald veröffentlicht
Es ist also eine große Unterstützung, die der Autor alias Orlando Stein als Newcomer da widerfährt. Und sein zweiter Roman liegt bereits beim Korrektor. „Kater mit Sommersprossen“ ist der Titel des Liebesromans und erscheint im Traumtänzer-Verlag. „Jetzt hoffe ich, dass wir den Kater noch rechtzeitig für die Frankfurter Buchmesse veröffentlichen können“, sagt Ziegler.
Info:
Bulle und Finn, Dead Soft-Verlag, 376 Seiten, ISBN 9783960897033, Taschenbuch 14,95 Euro, E-Book 6,99 Euro
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