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Bad Kissingen
Schwester Anna-Dorothea verlässt Bad Kissingen
Die "Missionsschwestern vom kostbaren Blut" waren seit Ende des Ersten Weltkrieges in der Region segensreich tätig.
Schwester Anna-Dorothea (von links), Pfarrer Gerd Greier und Diakon Bernhard Fenn bei der Andacht, die zum Abschied organisiert worden war. Michaela Atzler       -  Schwester Anna-Dorothea (von links), Pfarrer Gerd Greier und Diakon Bernhard Fenn bei der Andacht, die zum Abschied organisiert worden war. Michaela Atzler
| Schwester Anna-Dorothea (von links), Pfarrer Gerd Greier und Diakon Bernhard Fenn bei der Andacht, die zum Abschied organisiert worden war. Michaela Atzler
Michaela Atzler
 |  aktualisiert: 18.08.2022 12:50 Uhr

Leise und ohne Aufhebens ging Anfang dieses Jahres eine Ära sozialen Wirkens in der Stadt Bad Kissingen zu Ende. Die letzte der "Missionsschwestern vom Kostbaren Blut", Schwester Anna-Dorothea, verließ nach 38 Jahren segensreichen Wirkens die Kurstadt in Richtung ihres Mutterhauses Neuenbeken bei Paderborn. In Rahmen einer sehr persönlich gestalteten Andacht dankten Diakon Bernhard Fenn und Stadtpfarrer Gerd Greier der Ordensschwester für ihren engagierten Einsatz. Auch einige langjährige Vertraute und Mitstreiter in der guten Sache waren bei der Verabschiedung im Burkardus-Wohnpark dabei.

Schwester Anna-Dorothea stellte die Geschichte des Hauses St. Josef in den Blickpunkt. Ausgehend von der Aufforderung von Papst Benedikt XV., nach dem Ende des 1. Weltkrieges notleidenden Kindern zu helfen, waren die Ordensschwestern ab 1920 zunächst in dem 1919 gegründeten Kinderheim Marienruh in Hammelburg tätig. Die finanzielle Lage spitzte sich jedoch bald darauf zu: die Schwestern waren, trotz einer enormen Zahl an betreuten Kindern, gezwungen, sich nach einer anderen Unterkunft umzuschauen.

Diese fand man in Bad Kissingen im ehemaligen "Cafe Ysenburg". Im Januar 1924 kauften Schwester Theophana und Schwester Ebba das Haus - um dann mit Pferdewagen und zu Fuß bei tiefem Schnee bereits im Februar den Umzug von Hammelburg nach Bad Kissingen zu bewerkstelligen. Genannt wurde das neue Kinderheim dann "St. Josef", aus Dankbarkeit gegenüber dem Heiligen Josef, dem Ziehvater Jesu.

Dennoch waren noch viele Unwägbarkeiten zu bewältigen. So gab es keine Wasserleitung ins Heim, bis - dank der Hartnäckigkeit von Schwester Theophana - der Stadtrat beschloss, eine Wasserleitung den Stationsberg hinauf zu verlegen. Die daraus resultierende Geldnot des Kinderheims wurde durch eine großherzige Spende des (ehemaligen)Bad Kissinger Ehepaars Kliegl gemildert, die sämtliche Kosten für die Wasserleitung übernahmen und sich darüber hinaus weiterhin großzügig zeigten. 1925 gab es bereits erste Abkommen mit den Krankenkassen, und die Kinder hatten eine geregelte Trink- und Badekur.

Im Kriegsjahr 1940 wurde St. Josef vom Gauleiter aus Würzburg in ein Hitler-Jugendlager umgewandelt. Die Schwestern mussten weiterhin ihre Arbeit verrichten, durften aber keinerlei Einfluss nehmen. Danach wurde St. Josef bis 1945 vom den Bund deutscher Mädchen genutzt. Ende 1945 konnte das Haus wieder als Erholungsheim für alle Kinder genutzt werden.

Im Januar 1980 kam Schwester Anna-Dorothea als Küchenleitung nach Bad Kissingen . Im Sommer waren bis zu 160 Kinder im Alter von vier bis 13 Jahren mit Adipositas oder Sonderdiäten aus ganz Deutschland für Sechs-Wochen-Kuren zu Gast im Haus. Nach zahlreichen Um- und Erweiterungsbauten bis 1975 musste das St. Josef im Jahr 1998 als Kinderheim geschlossen werden. Gründe hierfür waren das neue Gesundheitsreformgesetz, hohe Brandschutzauflagen und die rückläufige Anzahl der Ordensschwestern .

Nach einigen turbulenten Projektideen und Vereinsgründungen und Wiederauflösungen wandten sich die Schwestern aktuellen Problemen zu: Es wurden Menschen in Not und Bewohner aus der Psychiatrie aufgenommen. Desweiteren wurden Räume an verschiedenste Firmen, Gruppen und Schulen vermietet, um das ganze finanziell stemmen zu können und das Haus auszulasten. 2004 wurde eine erste Konzeption für die neu gestellte Aufgabe "Hilfe für psychisch Kranke und Menschen in Not" beim Bezirk eingereicht. Hierfür dankte Schwester Anna-Dorothea besonders Bezirksrätin Karin Renner für deren tatkräftige Unterstützung.

Trotzdem wurde dann im Jahr 2008 der Verkauf des Hauses von der Ordensleitung beschlossen, so dass der Umzug vom Stationsberg an den Nordring anstand - dem eine schwierige Suche nach dem richtigen Standort vorausging. Und auch dort, im ambulant betreuten Wohnen fanden Menschen Hilfe.

In ihrem Rückblick dankte Schwester Anna-Dorothea mit bewegenden Worten den selbstlosen Helfern an ihrer Seite über viele Jahre und für die wundervolle gemeinsame Zeit. Als Abschiedsgeschenk überreichte Diakon Bernhard Fenn eine kleine Skulptur, die das letzte Puzzleteil einfügt - als Sinnbild dafür, was Schwester Anna-Dorothea für viele Menschen hier in Bad Kissingen und darüber hinausbedeutet habe.

 
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