Die Erzählung um eine verzauberte Schwanenprinzessin, die nur durch die Liebe eines Prinzen erlöst werden kann, begeistert Liebhaber des klassischen Balletts auf der ganzen Welt und füllte auch das Bad Kissingen Kurtheater bis auf den letzten Platz. Garanten für einen genussvollen Abend waren einerseits Tschaikowskis zauberhafte Melodien und andererseits das international besetzte Ensemble, das von Klassik Konzert Dresden als Veranstalter zusammengestellt wurde.
Das Kissinger Kurtheater bietet nicht unbedingt die besten Rahmenbedingungen für eine rauschende Ballettveranstaltung. Die relativ kleine Bühne und ein gemalter Hintergrund als Ersatz für stimmungsvolle Bühnenkulissen reduzieren einerseits die Möglichkeiten eines Ensembles, seine tänzerischen Qualitäten zu präsentieren, und benötigen andererseits die Phantasie des Publikums, das sich in die Atmosphäre eines Schlossparks, eines Ballsaals oder eines im Mondlicht glitzernden Sees hineinversetzen muss.
Bühne zu klein für ein Orchester
Platzbedingt war auch der Verzicht auf ein Orchester, wobei dieser kleine Mangel durch ein gutes Orchesterwerk und dank bestens abgestimmter Akustik mehr als ausgeglichen wurde. Trotz dieser Einschränkungen beeindruckten auf der einen Seite die wohlbekannten Arrangements des Komponisten P. J. Tschaikowski und die Choreographie, die auf Marius Petipa zurückgeht und von der künstlerischen Leitung in klassischer Auslegung mit einem spielfreudigen Ensemble umgesetzt wurde.
Fast 150 Jahre nach der Erstaufführung geht von diesem getanzten Märchen immer noch eine Faszination aus, die Alt und Jung begeistern kann. Dies merkte man auch in Bad Kissingen , da jede Altersgruppe im Kurtheater vertreten war. Gründe dafür sind nicht nur die eingängige Musik beziehungsweise die Verwendung häufiger Motive vieler Märchen, sondern auch die anmutige Bewegungssprache und die schauspielerische Gestik der Akteure.
Verzauberte Prinzessin und ihr Abbild
In vier Akten erzählt das Ballett die Geschichte der als Schwan verzauberten Prinzessin Odette, in die sich der unbeschwerte Prinz Siegfried verliebt . Dieser schwört, sie durch seine Liebe aus den Mächten des Zauberers Rotbart zu befreien. Doch dann lässt er sich durch Odile, das negative Abbild von Odette täuschen und verführen. Als der Prinz seinen Irrtum erkennt, ist es bereits zu spät. Der letzte Akt lässt verschiedene Inszenierungen zu, wobei sich das Klassische russische Ballett für die gute Variante entschieden hat: Odette vergibt und beide leben glücklich bis an ihr Lebensende.
Ballettkomponist Peter I. Tschaikowsky lässt in Schwanensee drei bekannte Bühnenbilder entstehen: der Schlosspark als Rahmen für ein Fest, der mystische Schwanensee, wo die symbolträchtigen Schwäne das Gute darstellen und der Zauberer Rotbart den bösen Gegenpart übernimmt, ein Festsaal im Schloss mit dem Treffen von Gut und Böse sowie ein mögliches Happyend an mystischer Stelle.
Diese bekannten und überschaubaren Handlungsorte bilden den Rahmen für Ensemble und herausragende Akteure wie dem melancholischen Prinzen Siegfried (Dmytr Zasyliev), dem publikumswirksamen Hofnarren (Gabriele De Fazio), dem düsteren Baron von Rotbart (Myko Duhara) und der lieblichen Odille / Odette, die üblicherweise von ein und derselben Tänzerin dargestellt wird. Schwanenprinzessin und ihr Gegenstück sind eine der anspruchsvolleren Rollen des klassischen Balletts für jede Ballerina , weil sie nicht nur zwei unterschiedliche Charaktere vereint, sondern auch choreographisch höchste Ansprüche an die Tänzerin stellt – beides wurde bestens präsentiert durch Olia Sharkova.
Das Ballett ist reich an tänzerischen Höhepunkten – egal ob es das Pax de trois und das melancholische Solo des Prinzen im 1. Akt sind, das Duett der Verliebten am Schwanensee mit dramaturgischem Auftritt von Rotbart und dem bekannten Tanz der vier Schwäne (Pas de quatre) oder im 3. Akt mit den Nationentänzen der Bräute – mit ungarischen, spanischen oder neapolitanischen Elementen - und dem Pas de deux von Siegfried mit dem schwarzen Schwan Odile.
Balancen und Drehungen in verschiedenen Posen, exakte Hebefiguren und präzise Sprünge der Solisten wechselten sich ab mit Tänzen des Ensembles und zauberhaften Bildern der tanzenden Schwäne am See. Sowohl Ensemble als auch Solisten bewältigten ihren Part jeweils mit technischer Präzision auf der kleinen Kissinger Bühne, auch wenn so mancher Sprung, so manche Pirouette, so manche Szene mit 16 Schwänen unter den räumlichen Einengungen litt.
Nach anfänglich freundlichem Applaus, der auch schon mal in die musikalischen Übergänge hineingeriet, steigerte sich die Begeisterung des Kissinger Publikums mit jeder Szene – und diese wurden mit anschwellendem Beifall bis hin zum anerkennenden Schlussapplaus quittiert.
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