
Bayerns Schülerinnen und Schüler lesen und schreiben besser als Schüler aus anderen Bundesländern. Auch beim Zuhören und Rechnen schneiden sie vergleichsweise gut ab. Insgesamt verschlechtern sich die Leistungen der Viertklässler seit 2011 aber stetig - bundesweit und auch in Bayern. Das sind Ergebnisse des IQB-Bildungstrends, der vergangene Woche zum dritten Mal veröffentlicht wurde und von den Kultusministern der Länder in Auftrag gegeben wurde.
Schulleiterin der Grundschule Burkardroth bestätigt Ergebnisse der Studie
"Die Tendenz ist wirklich so", sagt Claudia Klaas, Schulleiterin der Grundschule Burkardroth . Sie beobachtet bei den Kindern einen Wandel: "Die Anstrengungsbereitschaft ist nicht mehr so hoch."
Und: "Wir haben manchmal das Gefühl, dass Schule nicht mehr den Stellenwert hat, den sie haben sollte." Die Kinder beschäftigten sich am Nachmittag mit Social Media, seien beim Sport oder im Musikunterricht. "Andere Sachen als Schule sind wichtiger."
Keine Hausaufgaben wegen des Geburtstags der Oma
Manche Kinder machten zum Beispiel keine Hausaufgaben , wenn sie beim Geburtstag der Oma seien. "Das hätte es vor 30 Jahren nicht gegeben, da wurden zuerst die Hausaufgaben gemacht und dann ging es auf den Geburtstag." Zuhause werde zudem tendenziell nicht mehr so viel gelesen.
Viertklässler sehr durch Corona betroffen
Die derzeitigen Viertklässler seien von den Corona-Auswirkungen besonders betroffen. "Sie waren in der Mitte der ersten Klasse, als es losging: Schulschließungen, Wechselunterricht, Onlineunterricht." In der zweiten und dritten Klasse habe es mal Präsenz-, mal Wechselunterricht gegeben.
Niveau beibehalten
Annette Michel unterrichtet in der vierten Klasse in Bad Bocklet die Hauptfächer Deutsch und Mathe. Sie und ihre Kollegin Birgit Warmuth stellen fest, dass die Anforderungen an die Kinder gleichgeblieben seien und sie diese für die Kinder nicht zurückschrauben mussten.
Die Pandemie sei aber ein Erschwernis gewesen. "Vor allem für die Kinder, die zuhause nicht so viel mitbekommen haben." Und im Unterricht hätten die Coronatests Zeit gekostet, die sonst wohl eher für das Lesen einer Geschichte genutzt worden wäre, bemerkt Annette Michel.
Insgesamt äußert sich die Lehrerin aber positiv: "Wir haben das Niveau beibehalten und den Lernstoff in den Büchern durchnehmen können."
Förderbedarf beim längeren Zuhören
Allerdings fällt ihr auf: Die Kinder seien durchs "Zappen" durch verschiedene Medien an kurze Videoclips gewöhnt und daran, "dass ständig etwas Neues kommt." Beim längeren Zuhören gebe es daher Förderbedarf.
Das Problem sei der Lehrermangel. "Wir haben kaum mobile Reserven, wenn man jemand ausfällt." Kinder würden nicht so gut gefördert, wenn Stunden ausfallen oder Klassen zusammengelegt werden müssen. Auch für ukrainische Schülerinnen und Schüler gebe es zu wenig Personal, um sie gut aufzufangen.
Kultusministerium nennt Corona als Grund
Das Bayerische Kultusministerium sieht in den pandemiebedingten schulischen Einschränkungen einen "wesentlicher Grund für den Rückgang der Werte." Kultusstaatssekretärin Anna Stolz hatte die Schulfamilien im November 2021 noch als "Garant für gute Bildung im Freistaat - auch in Pandemiezeiten" bezeichnet.
Forderung der GEW
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Bayern spricht angesichts der Studie von einem Bildungsnotstand und fordert ein Sonderbudget "Bildung" von 100 Milliarden Euro.