Wie kann Sterben würdevoll sein und warum ist es wichtig, das Würdeempfinden eines anderen Menschen zu erfragen? Diese und andere Fragen erforschten die Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen mit ihren Religions- und Ethiklehrkräften, den Mitarbeitenden des Hospizvereins sowie Vertreterinnen und Vertretern des Pflegenetzwerkes und des Landkreises Bad Kissingen. Dabei konnten sie praktisch erleben, was sie zuvor theoretisch im Unterricht gelernt haben, heißt es in einer Pressemitteilung des Landratsamtes.
Der Projekttag begann nach der Begrüßung durch Schulleiter Peter Rottmann mit einem Warm-up. Dabei stellten die Schüler nach, wie sich die Bevölkerungszusammensetzung in den kommenden Jahren verändern wird. So konnten sie sehen, was es bedeutet, wenn im Landkreis im Jahre 2041 auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter 96 Personen im nichterwerbsfähigen Alter kommen. Oder wenn der Anteil aller Menschen ab 65 Jahren um 22 Prozent zunimmt, während der Anteil der jungen Menschen unter 65 Jahren um fast den gleichen Prozentsatz abnimmt.
Damit zeigte die Referentin des Landkreises, Antje Rink, auch gleich eine Herausforderung auf, die der demografische Wandel mit sich bringt: Sorgestrukturen wie Familien, Freunde, Bekannte und Nachbarschaft müssen ebenso ausgebaut und gestärkt werden wie sekundäre Netzwerke (Vereine, Ehrenamt und Selbsthilfegruppen). Nur so können sie den Anforderungen an eine sorgende Gemeinschaft gerecht werden. Das zu gestalten sei nichts anderes, als sich die Besonderheit einer im christlichen Menschenbild verankerten Ethik bewusst zu machen und diese mit Leben zu erfüllen, so Rink.
Wenn Alltag beschwerlich wird
Dann folgte die Praxis: Die Schülerinnen und Schüler konnten zum einen den Alterssimulationsanzug ausprobieren. Er simuliert durch Gewichtsmanschetten und Bandagen an Knie und Ellenbogen die nachlassende Körperkraft. Spezielle Brillen ahmen verschiedene Augenerkrankungen nach, Kopfhörer den Verlust der Hörfähigkeit. „Krass, wie wenig ich nur noch sehen kann“, stellte eine Schülerin fest und humpelte mit künstlich beschwerten Füßen und Beinen aus der Aula. Auch beim Obstschälen zeigte sich, wie schwierig solche Handgriffe werden können, wenn Kraft und Gefühl in den Händen aufgrund von Krankheit oder Alter nachlassen. „Mit dem Alterssimulationsanzug gelingt es uns, den körperlichen Abbau im Alter lebendig, erlebnisreich und realitätsnah zu vermitteln. Insbesondere die verschiedenen Simulationsbrillen waren ein Aha-Erlebnis für viele Jugendliche“, so das Resümee von Anke Barthel vom Regionalmanagement des Landkreises.
Beim Ausprobieren der Hilfsmittel merkten viele, wie schwer es zum Beispiel ist, einen Rollstuhl selbst auf flachen Rampen aus eigener Kraft zu bewegen. „Es ist schon irgendwie komisch, wenn man auf die Hilfe der anderen angewiesen ist. Und auch, wenn der Körper nicht mehr so mitmacht wie sonst“, so das Fazit einer Schülerin .
Versorgung Sterbender
In einer zweiten Gruppe ging es um die Versorgung sterbender Menschen. Die Schülerinnen und Schüler kamen mit diesem Thema in Berührung, in dem sie zum Beispiel die Mundpflege bei sich und anderen ausprobierten. „Wie fühlt es sich an, wenn eine andere Person bei mir eine Mundpflege durchführt und somit in meinen eigenen Intimbereich eingreift? Das war eine sehr wichtige und emotionale Erfahrung für die Schülerinnen und Schüler “, stellte Tanja Büchs vom Pflegenetzwerk des Landkreises fest. Ein Kurzfilm über das Sterben rundete das Thema ab.
Rita Hillenbrand, Palliativ Care Fachkraft und leitende Koordinatorin Hospizarbeit beim Hospizverein Bad Kissingen, leitete die dritte Gruppe. Dabei ging es um die Wahrnehmung der Individualität des Einzelnen durch Selbsterfahrungsübungen, zum Beispiel durch Berührung haben die Jugendlichen eigene Grenzen erkennen und sich in die Situation von pflegebedürftigen Menschen hineinversetzen können. Zudem ging es um die Themen Abschied nehmen und Trauer .
Insgesamt war der Projekttag für alle ein voller Erfolg. Bei der anonymen Befragung gaben nahezu alle an, der Projekttag habe ihnen das Thema „Alter und Sterben“ näher gebracht.
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