
Wie beruhigend, dass sie auch ein paar Fältchen hat. Dr. Ulrike Waldhofen, 58 Jahre alt, entspricht nicht der Vorstellung, die man gemeinhin von einer Frau hat, die täglich anderen Menschen hilft, jünger oder schöner auszusehen. Sie ist auf natürliche Art eine sehr schöne Frau, der man nie zu Botox oder Skalpell raten würde. Ihre Profession: plastische und ästhetische Chirurgie. Sie glättet nicht nur Hälse, sie ist oft die letzte Rettung für Menschen mit Hauttumoren im Gesicht oder Patienten mit schweren Narben.
Resolut, menschlich und gnadenlos ehrlich
Seit nun 20 Jahren führt sie ihre Praxis für plastische und ästhetische Chirurgie im Helios-St. Elisabeth-Krankenhaus in Bad Kissingen. Da liftet sie hauptsächlich Lider, strafft Hälse, korrigiert auch mal Nasen, unterspritzt dort, wo das Alter Kerben hinterlassen hat, die der Besitzer der Falten unansehnlich findet. Sie ist resolut, klar, menschlich, nahbar – und gnadenlos ehrlich. „Bei mir muss der Patient meine Ehrlichkeit aushalten“, was heißt, dass sie manche Operationswünsche schlicht nicht erfüllt.
Neu im OP: Dr. André Barth
Zum Jubiläum ihrer Praxis erfüllte sich im September 2024 ein Wunsch, dessen Verwirklichung sie schon einige Zeit lang plant: Mit Dr. André Barth hat sie die Unterstützung gefunden, um dem immer größer werdenden Patientenstamm Rechnung zu tragen – und mit dem 33-Jährigen einen Kollegen, der in der Zukunft ihre Praxis übernehmen wird. „Bevor jetzt aber meine Patienten und Patientinnen Panik kriegen“, schränkt sie in ihrer direkten Art sofort ein, „es dauert noch lange, bis ich in den Ruhestand gehe“.
Manche Operationen macht sie nicht
Bis dahin wird ihr Partner André Barth – wie sie Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie – lernen, was auch sie erst lernen musste, nämlich: „Wie man eine Praxis führt“, da steht sie ihm noch lange zur Seite. Aber auch: „Was ich als Operationswunsch nicht nachvollziehen kann, wird in meiner Praxis auch nicht gemacht. Es gibt Frauen, die haben eine wunderschön geformte Brust und sie finden sie einen Tick zu klein. Diese Frauen darf und sollte ich darauf hinweisen, dass die Natur es sehr gut mit ihnen gemeint hat und würde dann eine solche Korrektur nicht durchführen.“
Oft werden Frauen von Partnern gedrängt
Oft, sagt sie, werden Frauen von ihren Partnern gedrängt. „Wenn der Wunsch nach Veränderung von anderen kommt, wird die Frau mit ihrer neuen Brust unglücklich“ – und damit ist diese Patientin keine Patientin für Waldhofen, denn: „Wir müssen zusammenpassen.“ Man wird also auch keine Frauen mit Schlauchbootlippen sehen, die ihre Praxis verlassen. „Es kommt doch immer auf die Dosis an, um Natürlichkeit zu erhalten.“
Operationskunst bei Krebspatienten
Genau diese ehrliche Haltung hat Ulrike Waldhofen einen Ruf eingebracht, der Männer und Frauen nicht nur aus der Region, sondern auch aus Erfurt, Fulda oder Würzburg zu ihr kommen lässt. Nicht nur zur Lidstraffung. „Wir werden für manche Menschen zur letzten Hoffnung“, sagt sie. Und dabei geht es eben nicht nur um die Entnahme tumorösen Gewebes, sondern vor allem um den kunstvollen Verschluss der Wunde - vor allem im Gesicht, unser aller Visitenkarte.
Hautkrebsfälle häufen sich in der Rhön
Immer mehr Patienten und Patientinnen mit Hautkrebs kommen – das beobachtet sie seit längerem – aus der Rhön, „dort, wo sich lange nicht herumgesprochen hat, dass man sich vor der UV-Strahlung schützen sollte“. Diese Menschen werden von Haus- oder Hautärzten geschickt, es geht um Tumorentfernung an den Ohrmuscheln oder um Nasenflügelrekonstruktionen. Was sie jetzt sehr freut: Durch die Unterstützung von André Barth „werden die Wartezeiten bei uns kürzer“.
Barth und Waldhofen sind die Spezialisten der Rekonstruktion, „diese Einsätze können die Kliniken kaum noch machen – die kümmern sich um die Notfälle und die Polytraumen“, fasst Waldhofen zusammen. Sie selbst hat durchschnittlich 1000 Operationen im Jahr, in denen sie sich um Tumorpatienten oder Menschen mit anderen Hautveränderungen kümmert. Dazu kommen die ästhetischen Eingriffe plus Operationen im handchirurgischen Bereich – als frühere Fachärztin in der Handchirurgie in Nürtingen behandelt sie beispielsweise auch Ganglien, schnellende Finger oder das Carpaltunnelsyndrom.
Feste Grenzen in der Intimchirurgie
Und dann ist da natürlich die Schönheitschirurgie : Beide helfen Männern mit Gynäkomastie – wenn ihnen Brüste wachsen –, sie vergrößern, verkleinern oder straffen Brüste, korrigieren Brustwarzen, saugen Fett ab, straffen Arme oder Oberschenkel – und korrigieren auch Schamlippen.
„Im Zeitalter der Rasur ist heute manchen Frauen unangenehm, dass die inneren Schamlippen größer als die äußeren sein können“, beschreibt Ulrike Waldhofen. Aber auch auf diesem Segment hat die 58-Jährige Grenzen, die sie nicht überschreiten würde. „Ich hatte hier einen Mann, der kam mit seiner Partnerin, die betrübt war, warum sie ,da unten‘ nicht wie eine professionelle Pornodarstellerin aussehen würde. Und er hatte schon mal eine Skizze angefertigt, welches OP-Ergebnis er sich wünschen würde.“ Klar: Aus dem Trio wurde kein Match.
Mehr Schönheits-Operationen, weil die Gesellschaft offener ist
Der Wunsch junger Menschen, ein gewisses Mode-Ideal auch im Gesicht zu erfüllen, sei ihrer Erfahrung nach häufiger geworden. „Weil die Erfüllung leichter erreichbar geworden ist“, sagt sie. Und auch, weil heutzutage offener mit Schönheits-OPs umgegangen werde, fügt André Barth an. Aber auch hier hat sich die selbstbewusste Frau Grenzen gesetzt. „16-Jährigen, die mit ihren Eltern hier sitzen und sich einen größeren Busen wünschen, sage ich: Warte bitte erst mal ab – deine Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen“ – auch wenn sie damit Gefahr läuft, dem Mädchen die Tränen in die Augen zu treiben.
Bei anderen ist die Körperwahrnehmung gestört. Sie fokussieren sich auf einen vermeintlichen Makel, der Außenstehenden überhaupt nicht auffällt. Diesen Menschen hilft sie nicht mit dem Skalpell. Sie hilft durch ihre gradlinige Art, ihnen begreifbar zu machen, dass eine Therapie der bessere Ansatz wäre. „Da gibt es andere Formen der Hilfe.“
Problemzonen der Männer: Lider, Hals und Haare
„Männer ziehen in Sachen Schönheits-OPs nach“, hat André Barth bemerkt. Gerade während der Pandemie, als sich der Gesichtsausschnitt wegen der Masken auf die Augen reduziert hat, stieg der männliche Wunsch nach Lid- und Halsstraffung. Er selbst würde sich auch unters Messer legen. „Und wenn mir die Haare ausgehen, dann würde ich die transplantieren lassen“, sagt er. Da zwei Mediziner mehr Arbeit schaffen als einer, wird in Kürze die Haartransplantation auch bei Waldhofen und Barth angeboten werden.
Hat sie selbst schon "was machen lassen"?
Die letzte Frage in dieser Recherche ist die persönlichste, vielleicht auch pikanteste. Eine, die man eigentlich nie einer Frau stellt. „Und Sie, Frau Dr. Waldhofen, haben Sie schon was machen lassen?“ Authentisch wie sie ist, antwortet sie sehr offen: „Ja. Botox, hier“, sie zeigt auf die Stelle zwischen den Augenbrauen. Kaum zu glauben, ist ihre Stirn doch alles andere als maskenhaft, die Augenbrauen bewegen sich, die Mimik ist normal. „Tja“, schmunzelt sie, „es kommt halt auf die Dosis an“.