29. September und 4. Oktober 2022. Diese beiden Tage wird Marco Lummel von der Hammelburger Wohnungsbaugenossenschaft so schnell nicht vergessen. Auch bei den Mieterinnen und Mietern eines Mehrparteienhauses in der Adolf-Kolping-Straße sitzt der Schock zwei Jahre später noch tief. „Es war Ende September, ungefähr 16.30 Uhr, als mich ein Kollege angerufen hat, dass es in einem unserer Häuser brennt“, erinnert sich Lummel.
In dem Gebäude habe es kurz nach 16 Uhr einen lauten Knall gegeben. Schnell war klar: Ein Teil des Kellerbereiches in dem 18 Parteien großen Wohnblock seht in Flammen. „Der Brand wurde schnell bemerkt und hat sich deshalb auch nicht groß ausgeweitet“, beschreibt Lummel.
Trotzdem waren die sechs Wohnungen über dem Gebäudeteil, der in Flammen gestanden hatte, nicht mehr bewohnbar. „Die komplette Elektrik war verschmort, die Heizungsanlage musste außer Betrieb gehen und es gab kein Warmwasser mehr.“
Fünf Tage später brennt es in der Adolf-Kolping-Straße erneut
Nur fünf Tage nach dem ersten Brand im Keller der Hausnummer sechs heulten dann am 4. Oktober in Hammelburg erneut die Sirenen: Wieder ging es für die Rettungskräfte zu dem Wohnblock in der Adolf-Kolping-Straße. „In Haus zwei kam es im Keller zu einem noch größeren Brand, der sich extrem schnell ausgebreitet hat. Der komplette Kellerbereich stand in Vollbrand“, erzählt das Vorstandsmitglied.
Fassungslos erinnert sich Lummel an diesen schrecklichen Tag im Oktober zurück. „Das ist einfach beängstigend, wenn man vor dem Gebäude steht und sieht, wie die Mieter an ihren Fenstern stehen und nach Luft ringen.“ Hilflos musste er mit ansehen, wie die Menschen in dem brennenden Haus auf ihre Rettung hofften.
„Es hätte noch viel schlimmer ausgehen können“, fasst Lummel zusammen. Die zwölf verbliebenen Wohnungen mussten nun aber ebenfalls geräumt werden. Der gesamte Wohnblock zwei bis sechs mit insgesamt 18 Wohnungen wurde unbewohnbar.
„Man macht sich natürlich sofort Gedanken, wie zu es zu solchen Bränden kommen konnte“, berichtet das Vorstandsmitglied. Bereits wenig später stellte sich allerdings heraus, dass mutmaßlich ein Nachbar die Brände gelegt habe. Kurz danach meldete auch die Staatsanwaltschaft Schweinfurt einen Fahndungserfolg: Ein Bewohner des Wohnblocks wurde festgenommen.
Mutmaßlicher Täter wieder aus Untersuchungshaft entlassen
„Unabhängig von einer gerichtlichen Verurteilung ist das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2022 einvernehmlich mit einem Auflösungsvertrag beendet worden.“ Der mutmaßliche Brandstifter saß mehr als ein halbes Jahr lang in Untersuchungshaft, seit April 2023 ist er allerdings wieder auf freiem Fuß.
Die damalige Begründung der Staatsanwaltschaft Schweinfurt : „Das Oberlandesgericht hat nach einer Haftbeschwerde den für die Untersuchungshaft erforderlichen Dringlichkeitsgrad des Tatverdachts verneint und den Haftbefehl daher aufgehoben.“ Und: „Der Fortgang des Verfahrens ist davon unberührt und dauert an.“
Schriftliches Betretungsverbot für die Gebäude der Wohnungsbaugenossenschaft
Zum Prozess gekommen ist es bis heute nicht. „Für uns gilt natürlich die Unschuldsvermutung. Solange kein Urteil gesprochen ist, ist auch niemand schuldig“, betont Lummel. Trotzdem sei die lange Zeitspanne irritierend, schließlich gehe es um Körperverletzung und eine Schadenssumme von mehr als 275.000 Euro. „Wir - und auch viele Mieter - möchten einfach irgendwann mal mit der Situation abschließen. Die Brände haben bei fast allen Nachwirkungen hinterlassen.“
Zusätzlich mache die Vermutung, dass sich der Tatverdächtige mutmaßlich noch im Landkreis aufhalten könnte, vielen Angst. „Wir haben dem Verdächtigen ein schriftliches Betretungsverbot sämtlicher Grundstücke der Wohnungsbaugenossenschaft zukommen lassen“, betont Lummel. Mehr Möglichkeiten habe die Hammelburger Genossenschaft allerdings nicht. „Wir haben vollstes Vertrauen in die Arbeit der Behörden, würden uns aber einfach wünschen, dass es nun endlich mal vorwärtsgeht.“
Anklage wurde zwischenzeitlich erhoben
Beim Landgericht Schweinfurt sei am 20. März 2023 Anklage erhoben worden. Der Tatvorwurf: schwere Brandstiftung , gefährliche Körperverletzung und Zerstörung von Bauwerken. „Der im Jahr 1999 geborene Angeklagte bestreitet sämtliche Vorwürfe“, teilt die Staatsanwaltschaft Schweinfurt mit. „Ein Verhandlungstermin steht allerdings noch nicht fest“, so das Landgericht.
Zumindest äußerlich sind die Geschehnisse dem Wohnblock in der Adolf-Kolping-Straße mittlerweile nicht mehr anzusehen. Obwohl die Wohnungen bereits wenige Wochen nach den Bränden wieder bewohnbar waren, zogen sich die Renovierungen im gesamten Gebäude über ein Dreivierteljahr. Den Betrag übernommen hat die Wohngebäudeversicherung. „Zusätzlich haben wir, um eine optische Ausgewogenheit herzustellen, nochmal mehrere 10.000 Euro in das Objekt investieren“, sagt der geschäftsführende Vorstand.
Zahlreiche Betroffene seien allerdings auch nach der Renovierung nicht mehr zurück in ihre alte Wohnung gezogen. „Durch so ein Ereignis zum Teil auch jahrzehntelange Mieterinnen und Mieter zu verlieren, ist nicht schön. Wir verstehen aber jeden, der gesagt hat, er kann nicht mehr zurück.“
So ging es den Betroffenen kurz nach dem Brand: