„Der Schmerz ist das, was wir als das uns Eigenste und als das uns Fremdeste empfinden“. Dieser Satz stammt von dem französischen Philosophen Paul Valéry. Den meisten Menschen ist angesichts von Schmerz aber nicht so recht nach Philosophieren. Schmerz, zumal, wenn er chronisch ist, macht Betroffenen das Leben schwer, schränkt ihre Beweglichkeit ein und kann sie an den Rand der Verzweiflung bringen.
„Schmerz ist immer etwas ganz Subjektives“, sagt Thomas Jansen, Orthopäde und Unfallchirurg am OrthoCentrum Saale Bad Neustadt/Bad Kissingen. „Andererseits ist es erstaunlich, dass die meisten Patienten ganz ähnliche ausstrahlende Schmerzen beschreiben, auch bei abweichenden klinischen Symptomen“, so der 45-jährige Mediziner.
Solche Beobachtungen waren für den aus Hannover stammenden Arzt der Anlass, sich mit der Fasziendistorsionsmethode (FDM) des Amerikaners Stephen Typaldos zu beschäftigen. Dabei handelt es sich um eine noch recht junge Form der Osteopathie (siehe Infobox). Durch diese manuelle Therapie können Therapieerfolge innerhalb von wenigen Minuten erreicht werden, die in der klassischen Schulmedizin nicht vorstellbar sind. „Die Wirksamkeit der FDM hat mich überzeugt“, sagt Jansen. Er machte Intensiv-Seminare an der medizinischen Weiterbildungsakademie für interdisziplinäre Medizin (AIM) in Hannover und hat seit 2012 das internationale Zertifikat der European FDM Association.
Veränderungen werden korrigiert
Faszien, erklärt Jansen, sind ein von Blutgefäßen und Nerven durchzogenes Gewebe, das alle Organe und Muskeln umschließt, sie miteinander verbindet, Schmerz leitet, aber auch empfindet. Und zwar dann, wenn Faszien zum Beispiel durch Verdrehungen (Distorsionen) in ihrer natürlichen Funktion beeinträchtigt sind. „Bei der Behandlung nach dem FDM werden die Veränderungen der Faszien durch entsprechende Griffe korrigiert“, so der Mediziner.
Wichtige Aufgabe des FDM-Therapeuten sei es zunächst, dem Patienten zuzuhören und ihn zu beobachten“, sagt Jansen. „Der Patient zeigt dem Arzt sozusagen den Schmerz, und es ist entscheidend, wie er das tut, welche Körpersprache er dabei hat.“ Erst dann legt Jansen im wahrsten Sinn des Wortes Hand an, sei es am Knie, Rücken oder an der Schulter. Das tut weh. Sehr sogar. Der 45-Jährige hat es selbst erfahren. „Um zu wissen, wie sich die FDM für meine Patienten anfühlt, habe ich mich selbst mit den Griffen behandeln lassen.“
Bevor Jansen einem Patienten die FDM möglicherweise anbietet, untersucht er ihn ganz konventionell nach den Regeln der Schulmedizin. „Doch gerade bei chronischen Fällen oder Schmerzpatienten, die keinen eindeutigen orthopädischen Befund als Ursache aufweisen, nutze ich die zusätzliche Möglichkeit der FDM.“
Aus dem Erfahrungsschatz, dem ihm die FDM gibt, schöpft Jansen auch für sich selbst. „Ärzte sind genauso Patienten wie alle anderen Menschen. Sie können genauso erkranken, arbeiten oft zu viel oder vernachlässigen ihre eigene Gesundheit.“ Ein verantwortungsvoller Arzt müsse zudem über den Tellerrand seines Fachgebietes hinausschauen und den Patienten ganzheitlich betrachten, ist Jansens Credo. „Und der Patient muss seinen Schmerz ernst nehmen und auf seinen Körper hören.“
Mit seinen Schmerzpatienten redet der 45-Jährige deshalb Klartext. Freundlich, aber bestimmt weist der Mediziner sie etwa darauf hin, wie wichtig gezielte Bewegung und bewusste Ernährung seien. Fehlten diese, sei der Organismus oft übersäuert.
Zusätzlich zu den Schmerzen am Bewegungsapparat kämen dann oft noch Magen-Darm-Probleme, so Jansens Erfahrung. „Nicht selten nehmen Patienten eine FDM-Behandlung zum Anlass, ihre Lebensweise grundlegend umzustellen.“
Mit dem Fasziendistorsionsmodell Schmerzen behandeln
Die spezielle Behandlung wurde von dem amerikanischen Arzt Stephen Typaldos entwickelt. Typaldos hatte bei seinen Patienten trotz unterschiedlicher Beschwerden sechs stets wiederkehrende Muster in der Art erkannt, wie sie ihre Symptome beschrieben.
Daraus entwickelte Typaldos eine visuelle Schmerzdiagnostik, die die Gestik und Mimik des Patienten bestimmten Störungen seines Bindegewebes zuordnet, die sich wiederum durch bestimmte Handgriffe therapieren lassen.
Das FDM wurde erstmals 1991 in den USA vorgestellt. Die gesetzlichen Kassen zahlen die Therapiekosten zwischen 45 und 120 Euro pro Sitzung bislang nicht.
Die Arbeitsgemeinschaft Interdisziplinäre Medizin der Medizinischen Hochschule Hannover führt Thomas Jansen vom OrthoCentrum Saale Bad Kissingen/Bad Neustadt als einen von zwei zertifizierten FDM-Therapeuten in der Region Main-Rhön.