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LKR Bad Kissingen
Schließen Ausländer die Lücken auf dem Arbeitsmarkt?
Der Fachkräftemangel schlägt sich im Landkreis Bad Kissingen besonders nieder. Das spüren auch große Arbeitgeber wie Reifen-Müller und die Carl-von-Heß-Stiftung aus Hammelburg. Bei der Mitarbeitergewinnung setzen sie auf unterschiedliche Modelle.
Ein Mitarbeiter von Reifen-Müller montiert einen Reifen. Wie viele Firmen sucht auch das mittelständische Unternehmen mit Hauptsitz in Hammelburg- Westheim neue Mitarbeiter. Foto: Christoph Wiedemann       -  Ein Mitarbeiter von Reifen-Müller montiert einen Reifen. Wie viele Firmen sucht auch das mittelständische Unternehmen mit Hauptsitz in Hammelburg- Westheim neue Mitarbeiter. Foto: Christoph Wiedemann
| Ein Mitarbeiter von Reifen-Müller montiert einen Reifen. Wie viele Firmen sucht auch das mittelständische Unternehmen mit Hauptsitz in Hammelburg- Westheim neue Mitarbeiter. Foto: Christoph Wiedemann
Steffen Standke
 |  aktualisiert: 06.11.2022 09:45 Uhr

Die Firma Reifen-Müller in Westheim - sie ist bei ihren Mitarbeitern international aufgestellt. Menschen aus Osteuropa und vom Balkan schaffen dort, aber auch aus Portugal, Russland, Syrien Tunesien und Marokko, sogar den USA, berichtet Thomas Hartung , Leiter Personal Logistik bei dem Reifenhandel mit Runderneuer-Service. "Wir haben mehr Mitarbeiter mit ausländischen Wurzeln als mit einheimischen", stellt Hartung fest. Gegenüber anderen Firmen, die Mitarbeiter suchen, sieht der 29-Jährige einen entscheidenden Vorteil.

46 Filialen betreibt Reifen-Müller, das in der Region fest verwurzelt geblieben ist, nach eigenen Angaben in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Thüringen und Nordrhein-Westfalen. 750 Menschen arbeiten direkt für das Unternehmen, vor allem in Lager und Service, aber auch in der Auslieferung. Dementsprechend werden für diese Bereiche immer Leute gesucht, wie die Homepage des Unternehmens zeigt.

Intensive Einarbeitung nötig

"Wir arbeiten viel mit Leih- und Zeitarbeitsfirmen zusammen", sagt Thomas Hartung . Wobei es gerade fürs Lager von Vorteil sei, dass dort wenig bis keine Deutschkenntnisse vonnöten sind. Auf etwa 40 Prozent der dortigen Mitarbeiter treffe das zu. Die Fahrer hingegen müssten die Sprache in Deutschland einigermaßen beherrschen, kommen sie doch mit Kunden in Kontakt.

Die Firma Reifen-Müller ist bestrebt, ihre Beschäftigten im Betrieb zu halten. "Die Einarbeitung ist manchmal sehr schwer und sie kostet uns auch viel. Die Sprache ist schon ein großes Hindernis." Manche Mitarbeiter seien für nur zwei bis drei Monate da; dann sehe man sie nie wieder.

Ohne Ausländer kein Wirtschaftswachstum

Ausländische Arbeitnehmer tragen einen großen Teil dazu bei, dass die Beschäftigung im Bäderlandkreis in den vergangenen zehn bis 15 Jahren angestiegen ist - genauer gesagt: die Hälfte. Das machte Thomas Stelzer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Schweinfurt, bei der 2. Integrationskonferenz des Landkreises im Staatsbad Brückenau klar.

Stelzer zufolge gibt die Statistik für Ende der 2000er-Jahre 29811 sozialversicherungspflichtige Stellen im Landkreis aus, 491 davon mit Ausländern besetzt. Für das vergangene Jahr nannte der Agenturchef 35353 sozialversicherungspflichtige Jobs; davon 2811 von Arbeitnehmern mit ausländischem Pass belegt (Spätaussiedler sind nicht abgebildet; sie gelten nicht als Ausländer).

Für Thomas Stelzer heißt das: "Hätten wir die ausländischen Mitmenschen nicht, hätten wir kein Wirtschaftswachstum." Sowie noch einen größeren Arbeits- und vor allem Fachkräftemangel . Davon ist der Bäderlandkreis nach Ansicht des Agenturchefs noch stärker als andere Regionen Deutschlands betroffen. Das liege am höheren Durchschnittsalter der Bewohner, aber auch an der Struktur mit viel Tourismus, Hotel- und Gaststättengewerbe. Branchen, die von jeher händeringend Mitarbeiter suchen. Zudem lieferten die allgemeinbildenden Schulen immer weniger Abgänger für den Ausbildungsmarkt; immer mehr wollten lieber studieren.

Philippinos entlasten Pflegebetrieb

Wie sich der Fachkräftemangel zumindest mildern lässt, zeigte bei der Integrationskonferenz Bernadette Vorndran. Seit 2018 bei der Carl-von-Heß-Stiftung beschäftigt, ist sie als Leiterin des Fachbereichs Ausbildung auch für ausländische Pflegekräfte zuständig. Seit Jahren holt sie Mitarbeiterinnen von den Philippinen in die Häuser der Sozialstiftung im Landkreis. "Sie sind meist Mitte bis Ende 20, hoch motiviert und wollen in Deutschland leben und arbeiten." Dadurch würden sie ihre Familien in der Heimat finanziell unterstützen.

Die Menschen von den Philippinen seien hauptsächlich an Hochschulen gut ausgebildet und brächten Berufserfahrung aus anderen Ländern mit. Allerdings müsse man relativ zügig ihr Deutschniveau heben und sie gut in den Betrieb einbinden. Denn die ausländischen Pflegekräfte bringen laut Vorndran Unterschiede in der Lebensart und - form mit, dazu welche in der Religion. Viele kämen aus Großstädten, müssten bereit sein, in einer ländlichen Region zu arbeiten. Gelingt das alles, bleiben die Pflegekräfte ihrem Betrieb auch treu - und holen manchmal sogar ihre Familien nach, hat Vorndran beobachtet.

 
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