
Bernd Lafrenz hatte an diesem Abend so einiges vor: Der Hammelburger Verein Kulturbunt ermöglichte es dem deutschen Theaterschauspieler , Autor und Komödianten in einem für ihn bis dato noch nie bespielten Raum zu wirken: In einem Zirkuszelt.
Im Zirkus Luna hatten sich Kulturinteressierte zusammengefunden, um einen Schauspieler zu sehen, der „Mit Shakespeare unterwegs“ ist und sozusagen das Kunststück vollführt, eine große klassische Tragödie im Alleingang darzubieten. Die Geschichte aller Geschichten, ein Aufrollen der Themen Kampf und Feindschaft, begleitet von modernen Beschimpfungen und der Hoffnung auf Frieden mit den wichtigsten vier Pfeilern im Visier: Liebe, Respekt, Treue und Verständnis.

Große Leidenschaft für Shakespeare
Lafrenz ist von seiner großen Leidenschaft für die Stücke des 1564 geboren William Shakespeare beseelt. Er hat die Gabe, dessen Tragödien und Komödien mit eigenen modernen Impulsen und viel schauspielerischem Können in ein abendfüllendes Stück der besonderen Art zu verwandeln. So haben die Zuschauer die Tragödie Romeo und Julia wohl noch nie erlebt. Der Abend wurde zu einem Erlebnis der besonderen Art.
Ins 21. Jahrhundert katapultiert
Lafrenz adaptierte den Inhalt dieses frühen Werkes Shakespeares, das einst im Zeitraum zwischen 1589 und 1597 entstand und katapultierte es ins 21. Jahrhundert. Dabei spielte er alle Rollen selbst und setzte sie frei nach William Shakespeare mit Ideen und Text aus seiner eigenen Feder um.
Kandidatensuche im Publikum: Wer hat die schönsten Waden?
Kurier Felix Ferdinand Balthasar alias Bernd Lafrenz ist in die Hammelburger Region gekommen, um neue Fahrradkuriere anzuwerben. Für dieses Vorhaben versucht er sogleich, geeignete Kandidaten im Publikum auszumachen. Hierfür benötigen mögliche Interessierte schlicht knackige Waden. Lafrenz, der immer wieder gerne mit dem Publikum interagiert, testet als Kurier Balthasar kurz einige Zuschauerwaden und ist zufrieden. Die Neugründung einer Filiale ist sein Bestreben, und so etwas muss professionell angegangen werden.

Kurier statt Diener
Balthasar, bei Shakespeares Romeo und Julia an sich Romeos Diener, findet bei der Lafrenz-Version die Möglichkeit, sich als Kurier Felix Ferdinand Balthasar zum Kommentator der Tragödie aufzuschwingen und das Publikum sozusagen über den dramatischen Verlauf der Liebesgeschichte auf dem Laufenden zu halten. In Renaissance-Weste streckenweise auch mit Fahrradhelm versteht sich – dem Beruf eines Kuriers alle Ehre machend. Dramatische Passagen wechseln gekonnt mit Komischen, und Bernd Lafrenz wechselt im Eilverfahren meisterlich die Charaktere, die allesamt sehr gut auszumachen sind.
Ständiger Maskenwechsel
Bei der Maskenball-Szene im Hause der Capulets wechselt Lafrenz die Masken, die ein Element der Commedia dell’arte sind, gekonnt. Man kann zweifelsohne sagen, dass ihm die vielen Gesichter, die er an diesem Abend im Zirkuszelt präsentierte, gut zu Gesicht stehen.

Aufgrund der ins Auge fallenden Mimik und der ureignen und sehr persönlichen Gesten jeder Rolle, wie etwa das Bohren im Ohr das Mercutio zu eigen ist, sind die einzelnen Akteure, die auch durch stimmliche Eigenarten auffallen, für die Zuschauer meist sofort wiederzuerkennen. Klassische Shakespeare-Zitate kombiniert Lafrenz originell gekonnt mit Alltagssprache. Mercutio parliert im italienischen Sprachsingsang.

Gitter in zweifacher Verwendung
Auch weitere Elemente dienen dem Wiedererkennen: Die verfeindeten Häuser der Familien Capulet und Montague werden durch zwei Gitter symbolisiert. Geschickt gibt Lafrenz diesen Gittern im Laufe seines rasanten Spiels die Möglichkeit, noch ein anderes und für das Schauspiel sehr wesentliches Symbol zu werden: Sie formen Julias Balkon, dort, wo die Lerche zur Nachtigall wird, und erst der krähende Hahn die Not der Zeitwirrnis beschreit.
Furios und gewiss einzigartig geht es weiter, und am Ende des Abends stirbt Romeo inmitten des Chaos um sich herum. Familienzusammenführung mit dem Preis des Todes der Kinder. Bernd Lafrenz meistert das in Bestform.

In Zürich, Konstanz, Stuttgart und vielen weiteren Städten wird man noch die Möglichkeit haben, Lafrenz in seiner großartigen Wandlungsfähigkeit in Stücken wie Richard III , Othello oder Hamlet zu bewundern. Darbietungen frei nach Shakespeare kombiniert mit der Kreativität von Lafrenz versteht sich!
Das haben wir noch über Kulturbunt berichtet: